Auktion: 420 / Kunst nach 45 / Zeitgenössische Kunst am 06.12.2014 in München Lot 802

 

802
Ernst Wilhelm Nay
Ohne Titel, 1954.
Gouache
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 61.250

(inkl. Käuferaufgeld)
Ohne Titel. 1954.
Gouache.
Rechts unten signiert und datiert. Auf genarbtem Papier. 42 x 60,5 cm (16,5 x 23,8 in), blattgroß. [SM].

Das Blatt wird in den in Vorbereitung befindlichen Band III des Œuvrekatalogs der Aquarelle, Gouachen und Zeichnungen Nays von Elisabeth Nay-Scheibler und Dr. Magdalene Claesges, Köln, aufgenommen.

PROVENIENZ: Sammlung Bernhard Sprengel, Hannover.
Hauswedell & Nolte, Hamburg, 283. Auktion, 9.6.1990, Los 261 (Abb. Tafel 21 unten).
Galerie Heseler, München.
Privatsammlung Baden-Württemberg.

Ernst Wilhelm Nay studiert 1925-1928 an der Berliner Hochschule für Bildende Künste bei Karl Hofer. In der Auseinandersetzung mit Ernst Ludwig Kirchner und Henri Matisse, aber auch mit Caspar David Friedrich und Nicolas Poussin vollzieht sich seine erste Orientierung; seine Stillleben, Porträts und Landschaften finden große Anerkennung. 1931 erhält Nay ein neunmonatiges Stipendium für die Villa Massimo in Rom, wo seine surrealistisch-abstrakten Bilder entstehen. Durch Vermittlung des Lübecker Museumsdirektors C.G. Heise erhält Nay ein von Edvard Munch finanziertes Arbeitsstipendium, das ihm 1937 einen Aufenthalt in Norwegen und auf den Lofoten ermöglicht. In den dort entstandenen "Fischer- und Lofotenbildern" erreicht sein Schaffen einen ersten Höhepunkt. Im gleichen Jahr werden in der Ausstellung "Entartete Kunst" zwei seiner Werke gezeigt und Nay mit Ausstellungsverbot belegt. 1940 zum Kriegsdienst einberufen, kommt Nay als Infanterist nach Frankreich, wo ihm ein französischer Bildhauer sein Atelier zur Verfügung stellt. Die künstlerische Verarbeitung der Kriegs- und Nachkriegszeit vollzieht sich 1945-1948 in den "Hekate-Bildern", in denen Motive aus Mythos, Legende und Dichtung anklingen. In den "Fugalen Bildern" aus den Jahren 1949-1951 kündigt sich in den glühenden Farben und verschlungenen Formen ein Neubeginn an. 1950 zeigt die Kestnergesellschaft Hannover Nays erste Retrospektive. Ein Jahr später übersiedelt der Künstler nach Köln. Hier vollzieht Nay den endgültigen Schritt zur völlig ungegenständlichen Malerei in seinen "Rhythmischen Bildern", in denen er die Farbe als reinen Gestaltwert einzusetzen beginnt.

Im Oktober 1951 verlässt Ernst Wilhelm Nay Hofheim im Taunus und siedelt nach Köln über. In der Umgebung einer nach dem Krieg im Aufbruch befindlichen Großstadt vollzieht Nay den endgültigen Schritt zur gegenstandslosen Malerei. Unsere Arbeit entsteht in der Übergangszeit der Werkgruppe der "Rhythmischen Bilder" zu den sogenannten "Scheibenbildern", die zu den bekanntesten Arbeiten des Künstlers gehören. Bestimmt ist die Arbeit noch von heftig bewegtem, rythmischem Gestus, der sich in einzelnen in Beziehung gesetzten Farbformen ausdrückt, begleitet vom Takt schwarzer Linienstrukturen und Punkten. Sofort wird Nays musikalische Inspirationsquelle deutlich, zum Beispiel von Strawinsky, Hindemith und Schönberg sowie von damals neuen progressiven Musikern wie Nono, Boulez und Stockhausen. In den nächsten Jahren werden sich die Farbflächen in Nays Arbeiten zu Scheiben formatieren und damit den Wandel zur flächigen Farbmalerei vollziehen.

Ab 1955 entstehen Nays "Scheibenbilder", in denen runde Farbflächen subtile Raum- und Farbmodulationen im Bild organisieren. Diese finden 1963/64 ihre Weiterentwicklung in den "Augenbildern". Mit der ersten amerikanischen Einzelausstellung in den Kleeman Galleries, New York 1955, seinem Beitrag für die Biennale in Venedig 1956 sowie seiner Beteiligung an der Documenta in Kassel (1955, 1959 und 1964) vollzieht sich sein internationaler Durchbruch. Ernst Wilhelm Nay erhält wichtige Preise und ist bei fast allen repräsentativen Ausstellungen deutscher Kunst im In- und Ausland vertreten.




802
Ernst Wilhelm Nay
Ohne Titel, 1954.
Gouache
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 61.250

(inkl. Käuferaufgeld)