Rahmenbild
312
Gabriele Münter
Der blaue Berg, 1908.
Öl
Schätzung:
€ 250.000 Ergebnis:
€ 817.000 (inkl. Käuferaufgeld)
Der blaue Berg. 1908.
Öl auf Malpappe.
Unten links signiert und datiert. Verso handschriftlich bezeichnet "Spätsommer 08. Landschaft mit Berg". 25,7 x 34,7 cm (10,1 x 13,6 in).
[ATh].
Ein herausragendes Werk in der künstlerischen Entwicklung Gabriele Münters und in der Vorgeschichte des "Blauen Reiters".
PROVENIENZ: Privatsammlung Dr. Belz, Berleburg i.W. (vor 1957).
Christie's London, Sale 6.12.1983, lot 370.
Privatsammlung Georgia/USA.
AUSSTELLUNG: Gabriele Münter 1908-1933, Wanderausstellung Bremen/Barmen/Bochum 1933, Jena/Eisenach 1934, Altenburg/Stuttgart 1935, Nr. 1 (verso mit dem Etikett).
Gabriele Münter. Werke aus fünf Jahrzehnten, Wanderausstellung 1950-1953, Stationen u.a. Braunschweig/Witten/Aachen/Krefeld/ Frankfurt/Bochum/München/Gießen/ Bielefeld/Hagen/Münster/Wuppertal, Nr. 9.
Gabriele Münter - Paula Modersohn Becker, Ausst. in der Kestnergesellschaft Hannover, Hannover 1951, Nr. 74.
Kandinsky. Marc. Münter. Unbekannte Werke, Ausst. Moderne Galerie Otto Stangl, München 1954, Nr. 9 (mit Abb.) (verso mit einem teils handschriftlichen Etikett).
LITERATUR: J. Eichner, Kandinsky und Gabriele Münter - Von den Ursprüngen moderner Kunst, München 1957, S. 94, 220 (mit Abb.).
A. Hoberg/H. Friedel (Hrsg.), Gabriele Münter 1877 - 1962. Retrospektive, Ausst.-Kat. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 1992, S. 33 (m. Abb., hier: Verbleib unbekannt).
A. Hoberg (Hrsg.), Wassily Kandinsky und Gabriele Münter in Murnau und Kochel, 1902 - 1914. Briefe und Erinnerungen, München 1994, S. 53f.
A. Hoberg, Gabriele Münter. Mit einem Beitrag von Helmut Friedel, München u.a. 2004, S. 16 (mit Abb. 19).
B. Salmen (Hrsg.), 1908 - 2008. Vor 100 Jahren - Kandinsky, Münter, Jawlensky, Werefkin in Murnau. Ausst.-Kat. Schloßmuseum Murnau 11.07.- 09.11.2008, S. 26.
Den ersten Unterricht erhält Gabriele Münter 1897 an der Düsseldorfer Damen-Kunstschule, die weitere Ausbildung im Künstlerinnen-Verein bei M. Dasio und A. Jank. Anschließend geht sie nach München und besucht dort die Privatkunstschule "Phalanx"; Leiter der Schule ist Wassily Kandinsky. Mit ihm unternimmt Gabriele Münter ab 1904 viele Reisen u.a. nach Holland, Italien und Frankreich, wo sie Rousseau und Matisse kennenlernen. Stilistisch distanziert sich Münter vom Impressionismus und lässt in ihrem Werk Einflüsse der "Fauves" und der Expressionisten erkennen. Ein ruhigeres Leben beginnt ab 1908 in der gemeinsamen Wohnung mit Kandinsky in München.
Gemeinsam mit Jawlensky, Werefkin und Kandinsky entdeckt Gabriele Münter im Spätsommer des Jahres 1908 die Murnauer Landschaft für sich. Sie mieten sich im noch heute bestehenden Gasthof Griesbräu ein, erkunden die Umgebung und halten sie in rasch hingeworfenen Gemälden fest. Diese Wochen in Murnau werden zur Keimzelle des späteren Blauen Reiters und markieren den großen Wendepunkt im Schaffen von Gabriele Münter: Hier findet sie zu ihrem ganz eigenen Stil. Das eigentümliche Licht und die starken, glühenden Farben der Voralpenlandschaft, die großen, massiven Formen der Berge wirken als Katalysatoren für ihre temporeiche Entwicklung vom Postimpressionismus zum Expressionismus. Nun komponiert die Malerin mit einem Mal ganz befreit, wirft dunkel eingefasste, leuchtende Farbflächen auf ungrundierte Pappen, sagt sich los von der Gängelung durch die Gebote von Perspektive und Realismus. In ihrem Tagebuch schreibt sie selbst: "Ich habe da nach kurzer Zeit der Qual einen großen Sprung gemacht - vom Naturabmalen - mehr od. weniger impressionistisch - zum Fühlen eines Inhaltes - zum abstrahieren - zum Geben eines Extraktes."
Unser Gemälde, der verschollen geglaubte "Blaue Berg" aus dem Spätsommer 1908, ist eine bedeutende Schöpfung aus dieser epochemachenden Aufbruchszeit. In diesem Bild sieht auch Gabriele Münter selbst ihr ganzes künstlerisches Wollen verwirklicht. Diese Komposition ist ihr so wichtig, dass sie diese später mehrmals wiederholt. Die ganze Frische der ersten Idee liegt jedoch in unserem Bild, der mit schnellen, treffenden Pinselzügen auf rohe Pappe geworfenen Urfassung. Noch 1957 erinnert sich die Künstlerin an dieses programmatische Gemälde: "An das kl. Bild 'der blaue Berg' habe ich eine Erinnerung als sei es ein ganz besonderes Erlebnis. Ich war einmal (vielleicht nicht öfter) mit Jawlensky [allein] zusammen ausgegangen, um Landschaft zu malen. J. war auf der Kohlgruber Landstraße zurückgeblieben u. malte - ich war noch weitergegangen […]. Da sah ich von oben das Gasthaus Berggeist liegen u. wie der Weg aufsteigt u. dahinter den blauen Berg u. rote Abendwölkchen am Himmel. Ich schrieb das Bild das sich mir bot, schnell hin. Dann war es mir wie ein Erwachen u. ich hatte das Gefühl, als wenn ich ein Vogel wär, der sein Lied gesungen hat. Ich habe nicht von dieser Empfindung gesprochen, wie ich überhaupt nicht viel schwatze. Aber die Erinnerung behielt ich für mich. [..]" (alle Zitate nach A. Hoberg (Hrsg.), Wassily Kandinsky und Gabriele Münter in Murnau und Kochel, 1902-1914. Briefe und Erinnerungen, München 1994, S. 45f., 53f.)
Im Sommer 1909 kauft die Malerin in Murnau schließlich ein Landhaus, die richtige Umgebung für eine produktive künstlerische Zusammenarbeit mit ihren Freunden. 1909 beginnt die Künstlerin mit Hinterglasbildern, ein Medium, das später auch Kandinsky, Marc, Macke und Campendonk aufgreifen. Zwei Jahre lang ist Münter Mitglied in der "Neuen Künstlervereinigung München". Im Jahr 1911 tritt sie der von Kandinsky und Marc gegründeten Redaktion "Blauer Reiter" bei. Sie greift die Entwicklung zur Abstraktion nicht auf und bleibt selbst bei der figurativen Malerei. Mit Kriegsausbruch gehen Münter und Kandinsky zunächst in die Schweiz, ein Jahr später (1915) entscheidet sich die Malerin für Stockholm, wo es zur Trennung von Kandinsky kommt. Die 1920er Jahre sind geprägt von vielen Reisen und Aufenthalten in München, Murnau, Köln und Berlin. Durch den Bruch mit Kandinsky in eine tiefe Schaffenskrise geworfen, lebt ihre Malerei erst in den 1930er Jahren neu auf. Ab 1931 lebt Münter ständig in München und Murnau. Im Jahr 1956 erhält sie den Kulturpreis der Stadt München, 1960 findet die erste Ausstellung Münters in den USA statt, gefolgt 1961 von einer großen Ausstellung in der Mannheimer Kunsthalle. Die Künstlerin stirbt am 19. Mai 1962 in ihrem Haus in Murnau.
Öl auf Malpappe.
Unten links signiert und datiert. Verso handschriftlich bezeichnet "Spätsommer 08. Landschaft mit Berg". 25,7 x 34,7 cm (10,1 x 13,6 in).
[ATh].
Ein herausragendes Werk in der künstlerischen Entwicklung Gabriele Münters und in der Vorgeschichte des "Blauen Reiters".
PROVENIENZ: Privatsammlung Dr. Belz, Berleburg i.W. (vor 1957).
Christie's London, Sale 6.12.1983, lot 370.
Privatsammlung Georgia/USA.
AUSSTELLUNG: Gabriele Münter 1908-1933, Wanderausstellung Bremen/Barmen/Bochum 1933, Jena/Eisenach 1934, Altenburg/Stuttgart 1935, Nr. 1 (verso mit dem Etikett).
Gabriele Münter. Werke aus fünf Jahrzehnten, Wanderausstellung 1950-1953, Stationen u.a. Braunschweig/Witten/Aachen/Krefeld/ Frankfurt/Bochum/München/Gießen/ Bielefeld/Hagen/Münster/Wuppertal, Nr. 9.
Gabriele Münter - Paula Modersohn Becker, Ausst. in der Kestnergesellschaft Hannover, Hannover 1951, Nr. 74.
Kandinsky. Marc. Münter. Unbekannte Werke, Ausst. Moderne Galerie Otto Stangl, München 1954, Nr. 9 (mit Abb.) (verso mit einem teils handschriftlichen Etikett).
LITERATUR: J. Eichner, Kandinsky und Gabriele Münter - Von den Ursprüngen moderner Kunst, München 1957, S. 94, 220 (mit Abb.).
A. Hoberg/H. Friedel (Hrsg.), Gabriele Münter 1877 - 1962. Retrospektive, Ausst.-Kat. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 1992, S. 33 (m. Abb., hier: Verbleib unbekannt).
A. Hoberg (Hrsg.), Wassily Kandinsky und Gabriele Münter in Murnau und Kochel, 1902 - 1914. Briefe und Erinnerungen, München 1994, S. 53f.
A. Hoberg, Gabriele Münter. Mit einem Beitrag von Helmut Friedel, München u.a. 2004, S. 16 (mit Abb. 19).
B. Salmen (Hrsg.), 1908 - 2008. Vor 100 Jahren - Kandinsky, Münter, Jawlensky, Werefkin in Murnau. Ausst.-Kat. Schloßmuseum Murnau 11.07.- 09.11.2008, S. 26.
Den ersten Unterricht erhält Gabriele Münter 1897 an der Düsseldorfer Damen-Kunstschule, die weitere Ausbildung im Künstlerinnen-Verein bei M. Dasio und A. Jank. Anschließend geht sie nach München und besucht dort die Privatkunstschule "Phalanx"; Leiter der Schule ist Wassily Kandinsky. Mit ihm unternimmt Gabriele Münter ab 1904 viele Reisen u.a. nach Holland, Italien und Frankreich, wo sie Rousseau und Matisse kennenlernen. Stilistisch distanziert sich Münter vom Impressionismus und lässt in ihrem Werk Einflüsse der "Fauves" und der Expressionisten erkennen. Ein ruhigeres Leben beginnt ab 1908 in der gemeinsamen Wohnung mit Kandinsky in München.
Gemeinsam mit Jawlensky, Werefkin und Kandinsky entdeckt Gabriele Münter im Spätsommer des Jahres 1908 die Murnauer Landschaft für sich. Sie mieten sich im noch heute bestehenden Gasthof Griesbräu ein, erkunden die Umgebung und halten sie in rasch hingeworfenen Gemälden fest. Diese Wochen in Murnau werden zur Keimzelle des späteren Blauen Reiters und markieren den großen Wendepunkt im Schaffen von Gabriele Münter: Hier findet sie zu ihrem ganz eigenen Stil. Das eigentümliche Licht und die starken, glühenden Farben der Voralpenlandschaft, die großen, massiven Formen der Berge wirken als Katalysatoren für ihre temporeiche Entwicklung vom Postimpressionismus zum Expressionismus. Nun komponiert die Malerin mit einem Mal ganz befreit, wirft dunkel eingefasste, leuchtende Farbflächen auf ungrundierte Pappen, sagt sich los von der Gängelung durch die Gebote von Perspektive und Realismus. In ihrem Tagebuch schreibt sie selbst: "Ich habe da nach kurzer Zeit der Qual einen großen Sprung gemacht - vom Naturabmalen - mehr od. weniger impressionistisch - zum Fühlen eines Inhaltes - zum abstrahieren - zum Geben eines Extraktes."
Unser Gemälde, der verschollen geglaubte "Blaue Berg" aus dem Spätsommer 1908, ist eine bedeutende Schöpfung aus dieser epochemachenden Aufbruchszeit. In diesem Bild sieht auch Gabriele Münter selbst ihr ganzes künstlerisches Wollen verwirklicht. Diese Komposition ist ihr so wichtig, dass sie diese später mehrmals wiederholt. Die ganze Frische der ersten Idee liegt jedoch in unserem Bild, der mit schnellen, treffenden Pinselzügen auf rohe Pappe geworfenen Urfassung. Noch 1957 erinnert sich die Künstlerin an dieses programmatische Gemälde: "An das kl. Bild 'der blaue Berg' habe ich eine Erinnerung als sei es ein ganz besonderes Erlebnis. Ich war einmal (vielleicht nicht öfter) mit Jawlensky [allein] zusammen ausgegangen, um Landschaft zu malen. J. war auf der Kohlgruber Landstraße zurückgeblieben u. malte - ich war noch weitergegangen […]. Da sah ich von oben das Gasthaus Berggeist liegen u. wie der Weg aufsteigt u. dahinter den blauen Berg u. rote Abendwölkchen am Himmel. Ich schrieb das Bild das sich mir bot, schnell hin. Dann war es mir wie ein Erwachen u. ich hatte das Gefühl, als wenn ich ein Vogel wär, der sein Lied gesungen hat. Ich habe nicht von dieser Empfindung gesprochen, wie ich überhaupt nicht viel schwatze. Aber die Erinnerung behielt ich für mich. [..]" (alle Zitate nach A. Hoberg (Hrsg.), Wassily Kandinsky und Gabriele Münter in Murnau und Kochel, 1902-1914. Briefe und Erinnerungen, München 1994, S. 45f., 53f.)
Im Sommer 1909 kauft die Malerin in Murnau schließlich ein Landhaus, die richtige Umgebung für eine produktive künstlerische Zusammenarbeit mit ihren Freunden. 1909 beginnt die Künstlerin mit Hinterglasbildern, ein Medium, das später auch Kandinsky, Marc, Macke und Campendonk aufgreifen. Zwei Jahre lang ist Münter Mitglied in der "Neuen Künstlervereinigung München". Im Jahr 1911 tritt sie der von Kandinsky und Marc gegründeten Redaktion "Blauer Reiter" bei. Sie greift die Entwicklung zur Abstraktion nicht auf und bleibt selbst bei der figurativen Malerei. Mit Kriegsausbruch gehen Münter und Kandinsky zunächst in die Schweiz, ein Jahr später (1915) entscheidet sich die Malerin für Stockholm, wo es zur Trennung von Kandinsky kommt. Die 1920er Jahre sind geprägt von vielen Reisen und Aufenthalten in München, Murnau, Köln und Berlin. Durch den Bruch mit Kandinsky in eine tiefe Schaffenskrise geworfen, lebt ihre Malerei erst in den 1930er Jahren neu auf. Ab 1931 lebt Münter ständig in München und Murnau. Im Jahr 1956 erhält sie den Kulturpreis der Stadt München, 1960 findet die erste Ausstellung Münters in den USA statt, gefolgt 1961 von einer großen Ausstellung in der Mannheimer Kunsthalle. Die Künstlerin stirbt am 19. Mai 1962 in ihrem Haus in Murnau.
312
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Der blaue Berg, 1908.
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