Auktion: 419 / Klassische Moderne am 05.12.2014 in München Lot 337.10

 

337.10
Conrad Felixmüller
Selbstbildnis, 1915.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 200.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Selbstbildnis. 1915.
Öl auf Leinwand.
Felixmüller 63. Rechts oben signiert und datiert. 51 x 35,5 cm (20 x 13,9 in). [SM].

PROVENIENZ: Sammlung Mühlberg, Loschwitz (1916-1945, verso mit Besitzvermerk)
Privatsammlung Norddeutschland.

AUSSTELLUNG: Conrad Felixmüller - Das frühe Werk. Galerie Nierendorf Berlin 1965, Kat. Nr. 15.
Conrad Felixmüller - Bilder der 20er Jahre, Haus Salve Hospes, Kunstverein Braunschweig 1966, Kat. Nr. 15.
Conrad Felixmüller - Gemälde - Zeichnungen - Graphik. Galerie Wolfgang Ketterer 1966, Kat. Nr. 1.
Galerie Brockstedt Hamburg, 1967, Kat. Nr. 15.
Conrad Felixmüller. Werke und Dokumente, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, 1981/1982, Kat. Nr. 16.
Conrad Felixmüller - Gemälde - Aquarelle - Zeichnungen. Galerie Brockstedt Hamburg, 1984, Kat. Nr. 4.
Between politics and Studio - Conrad Felixmüller. Leicester Museums, 1994, Kat. Nr. 4.
Conrad Felixmüller: His Dresden Years, Tel Aviv Museum of art, 1995, Kat. Nr. 6.
Conrad Felixmüller. Die Dresdener Jahre 1910-1934, Gemäldegalerie Neuer Meister Dresden 13. Juli - 7. Sept. 1997, Sprengel Museum Hannover 14. Sept. - 30 Nov. 1997, Kat. Nr. 4 (mit Abb).
Conrad Felixmüller - Peter August Böckstiegel. Arbeitswelten, Städtische Galerie Dresden 8. Sept. 2006 - 7. Jan. 2007, Kunsthalle Bielefeld 4. Feb. 2007 - 6. Mai 2007, Kat. S. 188 (mit Abb. S. 49).

Nach dem Besuch der Dresdner Kunstgewerbeschule, an der Felixmüller ein Jahr lang Zeichenunterricht nimmt, tritt er 1912 zuerst in die Privatschule des Künstlers Ferdinand Dorsch und noch im selben Jahr in die Klasse von Professor Carl Bantzer an der Kgl. Kunstakademie in Dresden ein, um seine Ausbildung als Maler zu beginnen. Als Felixmüller 1915 die Akademie verlässt, ist er als freischaffender Künstler in Dresden tätig, hält sich aber öfter in Berlin auf, wo er im Atelier von Ludwig Meidner malt und außerdem an der von Herwarth Walden herausgegebenen Zeitschrift "Der Sturm" mitarbeitet.

Das Jahr 1915 bedeutet für Conrad Felixmüller einen entscheidenden Einschnitt. Nun wird der erst 18jährige Maler freischaffender Künstler, löst sich von der Akademie und ihren Zwängen. In dieser Situation sucht er nach einer Neupositionierung: Sein Stil wird nun zunehmend expressiver, kubistischer. Unser Selbstbildnis von 1915 kann dies beispielhaft verbildlichen: Mit dem herben, schmalen Jünglingsgesicht aus kantig konturierten, orangenen Formsplittern, im expressiven Komplementärkontrast auf graublauen Fond gesetzt, schafft Felixmüller ein Stück Avantgardemalerei von besonderer Güte. Selbstbewusst präsentiert sich der junge Maler mit energischem Blick und reifen Zügen. Die Sinnesorgane hebt er dabei besonders hervor: Die roten, wie zum Empfang einer Botschaft bereiteten Ohren, den sinnlichen, kirschroten Mund und vor allem, wie es für Künstlerselbstbildnisse typisch ist, die Augen. An dieser Stelle gelingt Felixmüller ein wahrer Kunstgriff: Hinter den bläulichen Brillengläsern leuchtet das Augenweiß in den Kontrastfarben Rot und Grün - Innovationskraft und Leidenschaft des Malers Felixmüller werden in diesem Bilddetail im Wortsinne "augenscheinlich".

Mit dem Buchhändler Felix Stiemer zusammen gründet Felixmüller 1917 die Kunst- und Literaturzeitschrift "MENSCHEN", bei der er, ebenso wie beim "Sturm", als grafischer Gestalter tätig ist. Daneben finden Ausstellungen bei Hans Goltz in München und zusammen mit Heckel, Kirchner und Schmidt-Rottluff in der Galerie Arnold in Dresden statt. Dorthin übersiedelt Felixmüller 1918. Er wird Gründer und Vorsitzender der Dresdner Sezession und Mitglied der "Novembergruppe". Nebenbei arbeitet er an verschiedenen Zeitschriften mit (z.B. "Die Sichel", Regensburg; "Rote Erde", Hamburg) und veröffentlicht eigene literarische Texte wie etwa die Autobiografie "Mein Werden" (Kunstblatt) oder Gedanken über "Künstlerische Gestaltung" (Kestnerbuch, Hannover). Felixmüllers bildnerisches Schaffen ist in der Frühphase von starken Einflüssen des Expressionismus bestimmt, den er im sozialkritischen Sinn versteht und bald zu einem expressiven Realismus von individueller Prägung transformiert. In den kraftvollen Linien der Holzschnitte hält er Szenen des alltäglichen Lebens fest. Um 1930 zeigen sich Tendenzen zu einem Wandel, der sich thematisch in einer zunehmend genrehaften, erzählerischen Entwicklung, formal in dem Streben nach einer ruhigeren Bildsprache äußert. 1933 ist Felixmüller mit 40 Arbeiten in der Dresdner Ausstellung "Entartete Kunst" zu sehen. In der Hoffnung auf freiere Arbeitsmöglichkeiten übersiedelt er 1934 nach Berlin-Charlottenburg. 1937 werden 151 Werke des Künstlers aus öffentlichem Besitz beschlagnahmt. Als 1941 das Berliner Domizil durch Bomben zerstört wird, findet Felixmüller Asyl in Damsdorf in der Mark. 1944 zieht er nach Tautenhain, wird aber noch im selben Jahr zum Kriegsdienst einberufen. Nach kurzer sowjetischer Kriegsgefangenschaft kehrt er 1945 nach Tautenhain zurück. 1949 erfolgt die Berufung zum Professor an die Martin-Luther-Universität in Halle mit einem Lehrauftrag für Zeichnen und Malen innerhalb der Pädagogischen Fakultät. Nach seiner Emeritierung 1961 geht Felixmüller zurück nach Berlin. Nach Kriegsende bis zu seinem Tod im Jahr 1977 finden zahlreiche Ausstellungen in beiden Teilen Deutschlands sowie in Paris, Rom, Bologna und Florenz statt.




337.10
Conrad Felixmüller
Selbstbildnis, 1915.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 200.000

(inkl. Käuferaufgeld)