Auktion: 419 / Klassische Moderne am 05.12.2014 in München Lot 364

 

364
Alexander Kanoldt
Kreuzgang I, 1913.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 20.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Kreuzgang I. 1913.
Öl auf Leinwand.
Links unten signiert und datiert. 51 x 61 cm (20 x 24 in).

Wichtiges Gemälde, das in der Tradition der formalen Architekturbilder steht.
Die Arbeit wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis von Dr. Michael Koch, München, aufgenommen.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland (direkt vom Künstler erworben).

AUSSTELLUNG: Neue religiöse Kunst, Galerie Ernst Arnold Dresden, 1918, Kat.-Nr. 34.
Neue religiöse Kunst. Städtische Kunsthalle, Mannheim, 1918, Kat.-Nr. 40.
Mythos Italien. Haus der Kunst, München Kat. Nr. 114, (auf dem Rahmen mit dem Ausstellungsetikett).
Alexander Kanoldt 1881-1939, Gemälde - Zeichnungen- Lithographien. Museum für Neue Kunst, Freiburg, 14. März - 26. April 1987/Von der Heydt-Museum, Wuppertal, 17. Mai - 5. Juli 1987, Kat.-Nr. 24 mit Abb. S. 110 .

LITERATUR: Brigitte Fischer-Hollweg, Alexander Kanoldt und die Kunstrichtungen seiner Zeit, Phil. Diss. Bochum 1971, S. 26f.

Alexander Kanoldt wird am 29. September 1881 als Sohn des spätklassizistischen Landschaftsmalers Edmund Friedrich Kanoldt in Karlsruhe geboren. Im Alter von achtzehn Jahren beginnt er zunächst eine Lehre als Dekorationsmaler an der dortigen Kunstgewerbeschule, wechselt jedoch 1901 an die Akademie der bildenden Künste. Bei Ernst Schurth eignet sich Kanoldt erste zeichnerische Grundlagen an und befreundet sich mit dem Kommilitonen Adolf Erbslöh. In dieser Zeit studiert er intensiv die Technik der Neoimpressionisten, die ihn zu drucktechnisch aufwendigen Farblithografien anregen. 1904 setzt Kanoldt sein Studium in der Malklasse von Friedrich Fehr fort, wird 1906-09 dessen Meisterschüler. 1908 siedelt der Künstler nach München über, wo er ein Jahr später u.a. mit Alexej von Jawlensky, Wassily Kandinsky und Gabriele Münter die "Neue Künstlervereinigung München" gründet, einem Vorreiter des "Blauen Reiter". An deren erster Ausstellung 1909 in der Münchner Modernen Galerie von Heinrich Thannhauser ist auch Kanoldt beteiligt. 1913 ist er neben Karl Caspar, Jawlensky und Paul Klee Mitglied der "Münchener Neuen Secession".

Unter dem Einfluss seiner engen Freundschaft mit Giorgio de Chirico erarbeitet sich Kanoldt dieses schwierige Bildthema, von dem es noch eine zweite Version gibt. De Chirico wendet sich nach zögerlichen Anfängen einer von ihm so benannten Pittura Metafisica zu und shafft in ihr eine sehr eigene Welt der Interpretation, die in ihrem Einfluss auf Alexander Kanoldt aber nur bedingt Wirkung zeigt. Er lässt sich von der Formenfestigkeit der Malerei seines Freundes, aber auch und vor allem von den französischen Kubisten inspirieren und schafft als Sinnbild einer malerischen und geistigen Askese einen Kreuzgang, dessen absichtliche Leere mit dem überhöhten Kreuz den Sinngehalt seiner Deutung unterstreicht. Es ist eine Kreuzigungsgruppe ohne Personen. Die eigentliche Handlung wird in die Imagination des Betrachters verlegt. Allein die drei Steine am Fuß des Kreuzes könnten in ihrer Dreieranordnung ein Hinweis auf die handelnden Personen: Christus, Maria und Maria Magdalena sein. Der berühmte Camposanto in Pisa könnte hier als Vorbild gedient haben, da Alexander Kanoldt nach eigenem Bekunden sich besonders von den tektonischen Formen der Architektur inspirieren lässt. Seine im gleichen Jahr entstandenen Gemälde von San Gimignano zeugen von diesem Bestreben, die Architektur maßgeblich in sein malerisches Schaffen einzubinden. Die italienischen Bergstädte San Gimignano und Olevano sind es, denen Alexander Kanoldt in einer eigenen malerischen Interpretation seine bedeutendsten Gemälde widmet.

Kanoldts künstlerische Laufbahn wird durch den Kriegsausbruch unterbrochen, in den Jahren 1914-18 leistet er als Offizier Kriegsdienst. Während eines längeren Italien-Aufenthaltes entstehen 1924 multiperspektivische Architekturlandschaften und kühle Raumdarstellungen. Diese Arbeiten stellen einen Neubeginn in Kanoldts Schaffen dar und lassen ihn 1925 an der Ausstellung "Neue Sachlichkeit" in der Kunsthalle Mannheim teilnehmen, wo er neben Max Beckmann mit dem größten Werkkonvolut vertreten ist. Im selben Jahr wird er von Oscar Moll an die Breslauer Kunstakademie berufen, die er jedoch 1931 wieder verlässt. Zusammen mit Karl Hofer ist Kanoldt 1927 Mitbegründer der "Badischen Secession" in Freiburg, 1931 eröffnet er in Garmisch-Partenkirchen eine private Malschule. 1932 wird er Mitglied der Münchner Künstlergruppe "Die Sieben" und nimmt an deren Ausstellungen teil. Kanoldt malt in dieser Zeit vorwiegend Stillleben und italienische Landschaften, die sich in ihrer nüchternen Darstellungsweise an der "Neuen Sachlichkeit" orientieren. Obwohl er noch 1933 als Professor an die Kunstakademie in Berlin berufen wird, gelten Kanoldts Werke unter dem NS-Regime als "entartet" und werden 1937 beschlagnahmt. Bereits ein Jahr zuvor musste er die Professur in Berlin aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Am 24. Januar 1939 erliegt Alexander Kanoldt einem Herzleiden.




364
Alexander Kanoldt
Kreuzgang I, 1913.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 20.000

(inkl. Käuferaufgeld)