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Hermann Max Pechstein
Boote am Dangaster Priel / Kühe, 1910.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 600.000 Ergebnis:
€ 660.000 (inkl. Käuferaufgeld)
Boote am Dangaster Priel / Kühe. 1910.
Öl auf Leinwand.
Soika 1910/14 und 13. Die Darstellung "Kühe" rechts unten monogrammiert und datiert. 82 x 71 cm (32,2 x 27,9 in).
Eines der ausgesprochen seltenen doppelseitigen Gemälde Pechsteins aus der "Brücke"-Zeit. Landschaftsdarstellungen aus dem Jahr 1910 befinden sich zum Großteil in öffentlichen Sammlungen, wie den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, München (Soika 1910/11), dem Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid (Soika (1910/18), der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien (Soika 1910/15) und dem Museum Buchheim, Bernried (Soika 1910/2)).
PROVENIENZ: Eugen Umrath, Berlin-Dahlem (um 1933 erworben, seitdem in Familienbesitz).
AUSSTELLUNG: Max Pechstein. Ein Expressionist aus Leidenschaft. Retrospektive, Kunsthalle Kiel 19.9.2010-9.1.2011/Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg 6.3.-26.6.2011/Kunstmuseum Ahlen 10.7.-30.10.2011, Kat.Nr. 54 und 55 (jeweils mit ganzseitiger Farbabb. S. 52 und S. 53).
Schon früh wird das künstlerische Talent Hermann Max Pechsteins erkannt und gefördert. Sein Werdegang, erst als Lehrling bei einem Zwickauer Malermeister, dann in der Dresdner Kunstgewerbeschule und schließlich an der dortigen Akademie bei dem Dekorationsmaler Otto Gußmann, verhilft Pechstein zu einem soliden handwerklichen Können. Als er 1906 für die Dresdner Kunstgewerbeausstellung ein Deckenbild in so unkonventioneller Farbigkeit malt, dass es der Auftraggeber durch graue Spritzer dämpfen lässt, wird Erich Heckel auf Pechstein aufmerksam und holt ihn schließlich in die ein Jahr zuvor gegründete Künstlervereinigung "Brücke", welche sich zum Ziel eine dem Impressionismus entgegengesetzte, aus der Kraft der Farbe kommende Malerei gesetzt hatte und "alle revolutionären und gärenden Kräfte an sich [..] ziehen wollte" (Schmidt-Rottluff). Im Umfeld der "Brücke"-Mitglieder entwickelt sich der expressionistische Stil Pechsteins nun weiter, wobei es sein Ziel ist, mit wohl dosiertem Einsatz malerischer Mittel den motivischen Kernpunkt herauszuarbeiten. 1908 lässt sich Pechstein in Berlin nieder und wird dort zum Mitbegründer der Neuen Sezession. Er schafft Figurenbilder, Stillleben und Landschaften in seinem leuchtenden expressionistischem Stil, der zu dem frühen und langanhaltenden Erfolg des Künstlers führt.
Das Meer mit seiner endlosen Weite, den vielfältigen Erscheinungen des Lichtes und der ewig sich wandelnden Oberfläche, war Sehnsuchtsort und Impulsgeber für die malerische Avantgarde der Moderne. Die französischen Fauves zogen ans Mittelmeer, um in Collioure dessen thematischer Vielgestaltigkeit nachzugehen, die deutschen Expressionisten fuhren an die Ostsee, um in sommerlicher Bleibe der Ungebundenheit in einer bis dahin ungewöhnlichen Form malerischen Ausdruck zu geben. Max Pechstein reist Anfang Juni 1910 zu Erich Heckel nach Dangast und in der zweiten Julihälfte nach Moritzburg. In Reminiszenz an die Aufenthalte könnte unsere doppelt bemalte Leinwand entstanden sein. Das ans Ufer gezogene Boot weist den Blick auf eine leicht bewegte See. Pechstein benutzt dieses Kompositionselement einer ins Bild weisenden Diagonale öfter. Sie ist in ihrer dynamischen Kraft vor allem in seinen Gemälden mit den ausfahrenden Fischern präsent. Die erhöhte Sicht auf die Uferlandschaft, die sich vor dem Betrachter gleichsam entwickelt, ist in Kombination mit dem schmalen Horizontstreifen ein Kompositionsmodell, das besonders im Jugendstil favorisiert wurde. Das erzählende Element der Landschaft wird in den Vordergrund gestellt, die Sicht aus der Perspektive ist nun nicht mehr bildwürdig. Eine zonale Aufteilung der Farbflächen unterstreicht diesen Effekt, der eine optisch-diffuse Differenzierung von Ferne vermeidet und so eine Nähe des Augenblicklichen schafft. Gleiches ließe sich von der Landschaft mit den weidenden Kühen sagen. Auch hier entwickelt sich die Landschaft in klar voneinander getrennten Stufen, die in breit gestrichenen Farbakkorden dem Gemälde seine suggestive Wirkung verleihen. Die Freude an der ungebrochenen Farbe ist die elementare Kraft aller Arbeiten des Expressionismus. Farbe wird zum Gestalter und ist nicht mehr nur die tonige Kolorierung des Geschehens. Max Pechstein hat in seinem malerischen Werk der Kraft der Farbe ein besonderes Augenmerk geschenkt, die in Kombination mit einer klaren Komposition hier ihre besondere Wirkung entfalten darf.
1937 wird Hermann Max Pechstein als "entarteter Künstler" diffamiert. Ab 1945 dann lehrt er an der Berliner Akademie der Künste. Neben der Malerei entsteht im Bereich der Grafik ein Werk mit mehr als 850 Holzschnitten, Lithografien und Radierungen.
Öl auf Leinwand.
Soika 1910/14 und 13. Die Darstellung "Kühe" rechts unten monogrammiert und datiert. 82 x 71 cm (32,2 x 27,9 in).
Eines der ausgesprochen seltenen doppelseitigen Gemälde Pechsteins aus der "Brücke"-Zeit. Landschaftsdarstellungen aus dem Jahr 1910 befinden sich zum Großteil in öffentlichen Sammlungen, wie den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, München (Soika 1910/11), dem Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid (Soika (1910/18), der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien (Soika 1910/15) und dem Museum Buchheim, Bernried (Soika 1910/2)).
PROVENIENZ: Eugen Umrath, Berlin-Dahlem (um 1933 erworben, seitdem in Familienbesitz).
AUSSTELLUNG: Max Pechstein. Ein Expressionist aus Leidenschaft. Retrospektive, Kunsthalle Kiel 19.9.2010-9.1.2011/Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg 6.3.-26.6.2011/Kunstmuseum Ahlen 10.7.-30.10.2011, Kat.Nr. 54 und 55 (jeweils mit ganzseitiger Farbabb. S. 52 und S. 53).
Schon früh wird das künstlerische Talent Hermann Max Pechsteins erkannt und gefördert. Sein Werdegang, erst als Lehrling bei einem Zwickauer Malermeister, dann in der Dresdner Kunstgewerbeschule und schließlich an der dortigen Akademie bei dem Dekorationsmaler Otto Gußmann, verhilft Pechstein zu einem soliden handwerklichen Können. Als er 1906 für die Dresdner Kunstgewerbeausstellung ein Deckenbild in so unkonventioneller Farbigkeit malt, dass es der Auftraggeber durch graue Spritzer dämpfen lässt, wird Erich Heckel auf Pechstein aufmerksam und holt ihn schließlich in die ein Jahr zuvor gegründete Künstlervereinigung "Brücke", welche sich zum Ziel eine dem Impressionismus entgegengesetzte, aus der Kraft der Farbe kommende Malerei gesetzt hatte und "alle revolutionären und gärenden Kräfte an sich [..] ziehen wollte" (Schmidt-Rottluff). Im Umfeld der "Brücke"-Mitglieder entwickelt sich der expressionistische Stil Pechsteins nun weiter, wobei es sein Ziel ist, mit wohl dosiertem Einsatz malerischer Mittel den motivischen Kernpunkt herauszuarbeiten. 1908 lässt sich Pechstein in Berlin nieder und wird dort zum Mitbegründer der Neuen Sezession. Er schafft Figurenbilder, Stillleben und Landschaften in seinem leuchtenden expressionistischem Stil, der zu dem frühen und langanhaltenden Erfolg des Künstlers führt.
Das Meer mit seiner endlosen Weite, den vielfältigen Erscheinungen des Lichtes und der ewig sich wandelnden Oberfläche, war Sehnsuchtsort und Impulsgeber für die malerische Avantgarde der Moderne. Die französischen Fauves zogen ans Mittelmeer, um in Collioure dessen thematischer Vielgestaltigkeit nachzugehen, die deutschen Expressionisten fuhren an die Ostsee, um in sommerlicher Bleibe der Ungebundenheit in einer bis dahin ungewöhnlichen Form malerischen Ausdruck zu geben. Max Pechstein reist Anfang Juni 1910 zu Erich Heckel nach Dangast und in der zweiten Julihälfte nach Moritzburg. In Reminiszenz an die Aufenthalte könnte unsere doppelt bemalte Leinwand entstanden sein. Das ans Ufer gezogene Boot weist den Blick auf eine leicht bewegte See. Pechstein benutzt dieses Kompositionselement einer ins Bild weisenden Diagonale öfter. Sie ist in ihrer dynamischen Kraft vor allem in seinen Gemälden mit den ausfahrenden Fischern präsent. Die erhöhte Sicht auf die Uferlandschaft, die sich vor dem Betrachter gleichsam entwickelt, ist in Kombination mit dem schmalen Horizontstreifen ein Kompositionsmodell, das besonders im Jugendstil favorisiert wurde. Das erzählende Element der Landschaft wird in den Vordergrund gestellt, die Sicht aus der Perspektive ist nun nicht mehr bildwürdig. Eine zonale Aufteilung der Farbflächen unterstreicht diesen Effekt, der eine optisch-diffuse Differenzierung von Ferne vermeidet und so eine Nähe des Augenblicklichen schafft. Gleiches ließe sich von der Landschaft mit den weidenden Kühen sagen. Auch hier entwickelt sich die Landschaft in klar voneinander getrennten Stufen, die in breit gestrichenen Farbakkorden dem Gemälde seine suggestive Wirkung verleihen. Die Freude an der ungebrochenen Farbe ist die elementare Kraft aller Arbeiten des Expressionismus. Farbe wird zum Gestalter und ist nicht mehr nur die tonige Kolorierung des Geschehens. Max Pechstein hat in seinem malerischen Werk der Kraft der Farbe ein besonderes Augenmerk geschenkt, die in Kombination mit einer klaren Komposition hier ihre besondere Wirkung entfalten darf.
1937 wird Hermann Max Pechstein als "entarteter Künstler" diffamiert. Ab 1945 dann lehrt er an der Berliner Akademie der Künste. Neben der Malerei entsteht im Bereich der Grafik ein Werk mit mehr als 850 Holzschnitten, Lithografien und Radierungen.
315
Hermann Max Pechstein
Boote am Dangaster Priel / Kühe, 1910.
Öl auf Leinwand
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