Auktion: 410 / Kunst nach 45 / Zeitgenössische Kunst am 07.12.2013 in München Lot 1234

 

1234
Günther Uecker
Poetische Reihe, Sylt, 1976.
Objekt
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 176.900

(inkl. Käuferaufgeld)
Poetische Reihe, Sylt. 1976.
Objekt. Holz, Nägel, Leinwand, Acryl und Bleistift. In Objektrahmen montiert.
Nicht bei Honisch. Verso signiert, datiert, betitelt, bezeichnet "haute", "oben" und "top" sowie mit dem dreifachen Richtungspfeil. Ohne Rahmen: 40,2 x 40,2 x 9,5 cm (15,8 x 15,8 x 3,7 in).

Mit einem bestätigten Foto von Professor Günther Uecker. Wir danken Herrn und Frau Prof. Günther Uecker, Düsseldorf, für die freundliche Auskunft.

PROVENIENZ: Privatsammlung Norddeutschland.

Günther Uecker wird am 13. März 1930 in Wendorf, Mecklenburg, geboren. Seine künstlerische Ausbildung beginnt Uecker 1949 mit dem Studium der Malerei in Wismar. Seine nächste Station ist die Kunstschule in Berlin-Weißensee, dann geht er 1955 nach Düsseldorf. Dort studiert Uecker bei Otto Pankok an der Kunstakademie, wo er ab 1974 bis heute als Lehrer tätig ist. Gegen Ende der 1950er Jahre entstehen dort auch die ersten Nagelbilder. Uecker kommt mit der von Heinz Mack und Otto Piene gegründeten Künstlergruppe "ZERO" in Berührung und wird 1961 Mitglied. "ZERO" plädiert für einen Neuanfang in der Kunst gegen das deutsche Informel. Uecker beschäftigt sich mit Lichtmedien, erforscht optische Phänomene, Strukturreihungen und Schwingungsbereiche, die den Betrachter aktiv miteinbeziehen und diesen den visuellen Prozess durch motorische oder manuelle Eingriffs- und Veränderungsmöglichkeiten selbst beeinflussen lassen. Mit Mack und Piene richtet Uecker 1962 im Amsterdamer Stedelijk Museum und im Palais des Beaux Arts in Paris einen "Salon de lumière" ein. Weitere Lichtsalons folgen in Krefeld und Frankfurt. Ab Anfang der 1960er Jahre, insbesondere aber ab 1966, nach der Auflösung von "ZERO" und einer letzten gemeinsamen Ausstellung, setzt Günther Uecker Nägel als sein Hauptgestaltungsmittel ein - ein Material, das bis heute im Zentrum seines Schaffens steht. Er beginnt mit der Übernagelung von Möbeln, Musikinstrumenten und Haushaltsgegenständen, kombiniert dann Nägel mit dem Lichtthema und entwickelt so Serien von Lichtnägeln und kinetischen Nägeln.

Als Günther Uecker Ende der 1950er Jahre die ersten Nägel in ein monochromes Bild schlägt, setzt er eine künstlerische Entwicklung in Gang, die trotz gleichbleibenden, schlichten Materials bis heute von einer erstaunlichen Vielseitigkeit und Individualität gekennzeichnet ist. Die Verwendung des Nagels als Aktionsinstrument bringt in erster Linie eine Befreiung der Leinwand aus der Zweidimensionalität in den Raum mit sich, was dem Kunstwerk einen haptischen, objekthaften Charakter verleiht. Uecker ästhetisiert hier einen alltäglichen Gebrauchsgegenstand und entmaterialisiert ihn durch eine aufgespritzte weiße Farbschicht. Uecker positioniert in seinem Werk Poetische Reihe, Sylt, die Nägel auf einer horizontalen mit Bleistift eingezeichneten Linien gerade und in einem exakt berechneten Abstand zueinander. Diese monotone Reihung wird jedoch durch die schiefen und zum Teil verbogenen Nägelköpfe unterbrochen und zu einer rhythmisch bewegten Oberfläche. Im Wechselspiel von Licht und Schatten scheinen die Nägel zusätzlich in Schwingung und es gelingt Uecker auf einzigartige Weise, dem starren Material die Illusion leichter Bewegtheit zu entlocken.

Günther Ueckers Gesamtwerk umfasst disziplinübergreifend Malerei, Objektkunst, Installationen, aber auch Bühnenbilder und Filme. Er interessiert sich für die osteuropäische Avantgarde der zwanziger und dreißiger Jahre, reist viel, auch mit seinen Studenten, und orientiert sich an asiatischen Kulturen und deren Gedankengut. Sein Werk ist in diversen deutschen Museen und Sammlungen vertreten. Einen Höhepunkt in Ueckers künstlerischem Schaffen bildet der 1998 bis 2000 von ihm gestaltete Andachtsraum im Berliner Reichstagsgebäude. Günther Uecker lebt und arbeitet in Düsseldorf. [EH/MS]




1234
Günther Uecker
Poetische Reihe, Sylt, 1976.
Objekt
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 176.900

(inkl. Käuferaufgeld)