Auktion: 410 / Kunst nach 45 / Zeitgenössische Kunst am 07.12.2013 in München Lot 1246

 

1246
Georg Baselitz
Der Abgarkopf, 1984.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 250.000
Ergebnis:
€ 451.400

(inkl. Käuferaufgeld)
Der Abgarkopf. 1984.
Öl auf Leinwand.
Rechts unten monogrammiert und datiert. Verso signiert, datiert, betitelt und bezeichnet sowie mit Richtungspfeil. 124,5 x 100 cm (49 x 39,3 in).

Die vorliegende Arbeit ist im Archiv Georg Baselitz, München, verzeichnet. Wir danken dem Archiv für die freundliche Auskunft.

PROVENIENZ: Galerie Michael Werner, Märkisch Wilmersdorf/Köln (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
Waddington Gallery, London.
Barrie Morrison, New York.
Galerie Rudolf Zwirner, Köln.
Galerie Michael Haas, Berlin.
Privatsammlung Süddeutschland.

Baselitz wird als Hans-Georg Kern geboren und entleiht sich seinen Künstlernamen vom Heimatort. Nachdem er aufgrund von "gesellschaftspolitischer Unreife" von der Ost-Berliner Kunsthochschule verwiesen wird, wechselt er 1956 auf die Hochschule der Bildenden Künste in Berlin-Weißensee. 1957-1962 setzt Baselitz seine Ausbildung an der Hochschule der Bildenden Künste in Berlin-Charlottenburg fort. Einer seiner Lehrer wird Hann Trier. In den frühen 1960er Jahren verfasst Baselitz mehrere künstlerische Manifeste und etabliert zusammen mit Künstlern wie Eugen Schönebeck oder Markus Lüpertz eine neue figurative Kunst mit expressiven Zügen. Mit seinen Arbeiten will Baselitz gegen festgelegte Kategorien und Regelmäßigkeiten verstoßen, seine unprätentiöse Malerei richtet sich gegen das gängige Ideal. 1963 werden in der Galerie Werner & Katz in Berlin die beiden Gemälde "Die große Nacht im Eimer" und "Der nackte Mann", die einen Skandal auslösen, von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Ein anhängiges Verfahren wegen Pornografie wird 1965 eingestellt und die Werke werden zurückgegeben. 1969 entsteht das erste der für Baselitz typischen Bilder, in denen das Motiv auf dem Kopf steht. Neben der Malerei gewinnen auch Zeichnung, Druckgrafik und Holzskulptur an Bedeutung. Anfang der 1970er Jahre erreicht der Künstler durch zahlreiche Ausstellungen einen hohen Bekanntheitsgrad in Deutschland. Baselitz wird 1977 an die Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe berufen, 1983 bis 1988 führt er seine Professur an der Hochschule der Bildenden Künste in Berlin fort.

Das Motiv des "Abgarkopf" zählt zu einer Serie ähnlicher, ebenfalls 1984 entstandener Abgarbilder. In dieser Zeit wählt Baselitz eine Reihe christlicher Motive. Wobei ihm die frühchristliche Kunst wichtige Impulse liefert, weniger wegen ikonografischen Inhalten, sondern wegen ihrer Auseinandersetzung mit dem Ursprung des Bilds an sich - mit christlichen Bilderfindungen wie "Kreuzigung" oder "Die heilige Veronika mit dem Schweißtuch". Wie das Sudarium der heiligen Veronika ist auch das Abgarbild ein "Vera Ikon" - ein wahres Abbild Christi. Die Abgarlegende handelt von der Heilung Abgars V. von Edessa durch ein Tuch mit dem Abdruck des Antlitzes Christi . Das Abbild ist ein "Acheiropoieton“, ein nicht von Menschenhand geschaffenes Bild. In der Auseinandersetzung mit christlichen Bildtraditionen vollzieht Baselitz eine wichtige Entwicklung hin zum Bild als Typus. Dabei gibt er die grundlegende Funktion der Figur auf und arbeitet mit der gesamten Fläche des Bildes. Wie auch in der vorliegenden Arbeit ist der Kopf an sich nur durch Augen, Nase und Mund definiert, sie geben nur Markierungspunkte in einem Farbrelief aus Grün, Blau und Ocker.

1980 gestaltet Baselitz den deutschen Pavillon der Biennale in Venedig, nimmt an der Documenta VII teil und hat unzählige Ausstellungen und Retrospektiven in den größten internationalen Kunstforen, wie 1995 im Guggenheim Museum in New York. Im Jahr 2004 wird Baselitz der "Nobelpreis der Künste", der Praemium Imperiale der Japan Art Association, zuerkannt. Das Gremium begründet die Verleihung des weltweit renommierten Preises für zeitgenössische Kunst damit, dass Georg Baselitz mit seiner energievollen Malerei die internationale Kunstszene Jahrzehnte lang geprägt habe. Seit 2006 lebt Baselitz am Ammersee in Oberbayern. [SM].




1246
Georg Baselitz
Der Abgarkopf, 1984.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 250.000
Ergebnis:
€ 451.400

(inkl. Käuferaufgeld)