Auktion: 409 / Klassische Moderne und Seitenwege der dt.Avantgard am 06.12.2013 in München Lot 376.10

 

376.10
Yves Tanguy
Titre inconnu, 1938.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 305.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Titre inconnu. 1938.
Öl auf Leinwand.
Matisse 222. Rechts unten signiert und datiert. Verso nochmals signiert und datiert. 16 x 27 cm (6,2 x 10,6 in).

PROVENIENZ: Privatsammlung Baden-Württemberg.

AUSSTELLUNG: Pierre Matisse Gallery, New York (Nr. St-4513 auf dem Keilrahmen mit Galerieetikett).
Galerie Krugier & Cie, Genf (Nr. 6788, auf dem Keilrahmen mit Galerieetikett).

Raymond Georges Yves Tanguy wird im Jahre 1900 in Paris geboren. 1918 geht er zur Handelsmarine und bereist Brasilien, Argentinien, Afrika, Portugal und England. Nach seiner Rückkehr 1922 verdient er sich mit Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt. Als Schlüsselerlebnis für seine künstlerische Laufbahn gilt Tanguys Begegnung mit zwei Werken von Giorgio De Chirico, die er im Schaufenster einer Kunsthandlung sieht und dadurch zu eigenen Arbeiten angeregt wird. 1924 entstehen seine ersten Ölgemälde und über die Begegnung mit André Breton knüpft er erste Kontakte zu den Künstlern des Surrealismus, wie Aragon, Masson, Magritte, Dalí und Max Ernst. Bereits 1927 bestreitet Tanguy seine erste Einzelausstellung in der Galerie Surréaliste in Paris. Die Bildsprache, die er in den 1920er Jahren entwickelt, behält er über sein gesamtes Schaffen bei. Tanguy verbindet in seiner Kunst das surrealistische "Prinzip des gelenkten Zufalls" mit der altmeisterlichen Technik der Lasurmalerei. 1932 beginnt die intensive Zusammenarbeit mit Stanley William Hayter in dessen Pariser Druckwerkstatt. Tanguy setzt hier mit grafisch-struktureller Sicherheit sein immaterielles Kunstanliegen in oftmals unbetitelten Radierungen um, die in kleinsten Auflagen herausgebracht werden. In den folgenden Jahren werden seine Werke auf zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen in Brüssel, Paris und in den USA gezeigt.

Eine Reise nach Afrika Anfang der 1930er Jahre beeindruckt den Künstler nachhaltig. Dabei ist es nicht die Tradition des Orientalismus mit seinen bunten Farben und Ornamenten, sondern viel mehr die Klarheit des afrikanischen Sonnenlichts und die sonderbaren Felsformationen, die ihn überraschen und faszinieren. Die Gemälde der folgenden Jahre spiegeln eben dieses klare und durchscheinende Licht wider, nichts erinnert mehr an die Dunkelheit Tanguys früher Werke. Besonders charakteristisch für diese Arbeiten ist die Auflösung des definierten Horizonts, Land und Himmel scheinen zu verschmelzen und sich in einen einzigen fließenden kontinuierlichen Raum zu verwandeln. Diese Ungewissheit wird intensiviert durch verschiedenste Gesteinsformen, die in jenem Raum verteilt sind. Mit teils deckend, teils transluzent oder gar durchsichtig gemalten Oberflächen ist nicht eindeutig auszumachen, ob sie auf dem Boden liegen oder darüber schweben. Tanguy findet so zu einer wunderbar poetischen Bildsprache, die ihren besonderen Reiz in der feinen Indifferenz des surrealen Raumes hat.

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges emigriert Tanguy 1939 in die USA. Ein Jahr später heiratet er die amerikanische Malerin Kay Sage und lässt sich mit ihr in Connecticut nieder. Sie pflegen regelmäßige Kontakte zu Alexander Calder, André Masson, Max Ernst und Marcel Duchamp. 1944 stellt Tanguy seine Werke gemeinsam mit Pollock und Rothko in Peggy Guggenheims Galerie Art of the Century aus. Sein künstlerischer Erfolg wächst stetig, 1950 wird seine Teilnahme an der Ausstellung "American Painting" mit einer Medaille geehrt. Am 15. Januar 1955 stirbt Yves Tanguy in Woodbury. Noch im selben Jahr veranstaltet das Museum of Modern Art in New York eine Retrospektive. [CB].




376.10
Yves Tanguy
Titre inconnu, 1938.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 305.000

(inkl. Käuferaufgeld)