Auktion: 409 / Klassische Moderne und Seitenwege der dt.Avantgard am 06.12.2013 in München Lot 332

 

332
Otto Mueller
Zwei Mädchen, 1920.
Kreide
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 25.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Zwei Mädchen. Um 1920/1925.
Blaue Kreide.
Von Lüttichau 382. Rechts unten signiert. Auf festem Velin. 49,3 x 34,5 cm (19,4 x 13,5 in), blattgroß.

PROVENIENZ: Gustav Stein.
Max Paul Meier.
Privatsammlung Norddeutschland.

Otto Mueller wird am 16. Oktober 1874 in Liebau im Riesengebirge geboren. Die ersten Jahre verbringt er zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern auf dem Gutshof der Großeltern in Liebau. 1882 zieht er zum Vater nach Görlitz, besucht dort die Volksschule und später das Gymnasium. 1890-92 absolviert er eine Lithografenlehre in Görlitz und Breslau. Mueller studiert von 1894 bis vermutlich 1897 an der Dresdner Kunstakademie bei Georg Hermann Freye und für kurze Zeit bei Carl Ludwig Noah Bantzer. 1898/99 geht Mueller mit seinem Freund Paul Kother zum Studieren nach München. Trotz der Intervention von Gerhard Hauptmann wird er von Franz von Stuck nicht für das Wintersemester angenommen, da der Kurs schon voll ist. Stuck gibt ihm den Rat, es zum Sommersemester erneut zu versuchen. Mueller möchte sich lieber autodidaktisch weiterbilden und zieht nach Wolfratshausen, in den Münchner Süden. Im Herbst 1899 bricht er mit dem Fahrrad nach Dresden auf, lebt und arbeitet überwiegend dort und in der Umgebung bis zum Jahre 1908, in dem er nach Berlin geht. Dort macht Mueller die Bekanntschaft von Wilhelm Lehmbruck und Erich Heckel, der Mitglied der Künstlergruppe "Brücke" ist. Er selbst wird 1910 Mitglied dieser Künstlervereinigung. Seine künstlerischen Anfänge liegen im Jugendstil. Daher rührt seine Betonung des Linearen und des Dekorativen. Wichtig wird dann der Einfluss von Wilhelm Lehmbruck, der Mueller zur Betonung der Silhouettenformen und einem klassischen, elegant-grazilen Figurenstil anregt. Durch die Hinwendung zum Expressionismus verändert sich Muellers Stil: vor allem im Figürlichen wird er großflächiger, die Konturen zeichnet er schärfer. Dazu schafft er nun in einer gedämpften erdigen Farbskala seine typischen Sujets - blasse, melancholische Mädchenakte in freier, stiller, stark vereinfacht dargestellter Landschaft. Obwohl Mueller als wichtiger Vertreter des Deutschen Expressionismus gilt, trennt ihn doch auch vieles von dieser Kunstauffassung. Denn statt Leidenschaft entwirft er eine große harmonische Vereinfachung von Form, Farbe und Konturenspiel. Nach zweijährigem Kriegsdienst von 1916 bis 1918 folgt Mueller 1919 einem Ruf an die Breslauer Akademie.

Bei dem vorliegenden Blatt handelt es sich um eine vorbereitende Zeichnung für eine der vielen Darstellungen von Badenden in freier Natur. Der sichere, hier fast kantige Strich umreißt die beiden weiblichen Akte, von denen der vordere eine für Otto Mueller typische Körperhaltung zeigt, die in vielen seiner Werke wiederkehrt. Weiche Schraffuren unterstützen in ihrem malerischen Duktus eine Aussage von ungebändigter Körperlichkeit, wie sie aus der Sicht von Otto Mueller in Konkurrenz mit der sie umgebenden Natur steht. Eine Konstante im malerischen Schaffen von Otto Mueller ist das bukolische Element, eine Lebensauffassung visualisierend, der sich Otto Mueller besonders verbunden fühlte.

In Breslau lehrt und lebt er bis zu seinem Tod im Jahr 1930. [KD].




332
Otto Mueller
Zwei Mädchen, 1920.
Kreide
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 25.000

(inkl. Käuferaufgeld)