Auktion: 409 / Klassische Moderne und Seitenwege der dt.Avantgard am 06.12.2013 in München Lot 306

 

306
Ossip Zadkine
Tête de jeune fille, 1920.
Schätzung:
€ 25.000
Ergebnis:
€ 41.480

(inkl. Käuferaufgeld)
Tête de jeune fille. Um 1920.
Granulit-Skulptur.
Vgl. Lecombre Nr. 82. Links unten am Hals mit dem eingeritzten Monogramm. Auf der Unterseite der Standfläche mit einem fragmentarischen Zolletikett sowie einem nicht mehr lesbaren, handschriftlich bezeichneten Aufkleber. 23,2 x 14,8 x 17,3 cm (9,1 x 5,8 x 6,8 in).
Ossip Zadkine hat mehrfach Repliken nach seinen eigenen Werken, meist vor der Ausführung in Bronze, hergestellt. Auch bei der vorliegenden Skulptur handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um eine eigenhändige Replik der Originalversion in Marmor, welche sich seit 1921 in der Sammlung des Musée de Grenoble befindet. Der Granulit-Kopf muss bereits kurz nach Ausführung des Marmors entstanden sein und ist die einzige bekannte Granulit-Version dieser ausdrucksstarken kubistischen Arbeit.

Mit einem Foto-Dossier des Ossip Zadkine Research Centre, Brüssel, o.J., sowie einer Foto-Bestätigung des Ossip Zadkine Research Centre, Brüssel, vom 25. Oktober 2013.

PROVENIENZ: Galerie Heseler, München (dort in den 1960er Jahren vom heutigen Besitzer erworben).

Ossip Zadkine wird am 14. Juli 1890 in Vitebsk, Weißrussland, geboren. 1905 schicken ihn seine Eltern nach Nordengland, der Heimat seiner Mutter. Bis 1914 nennt er sich Joe Zadkine. Nach dem Besuch des Regent Street Polytechnikums und der Central School of Arts and Crafts in London geht der junge Künstler 1909 nach Paris. Hier schreibt Zadkine sich an der École des Beaux-Arts ein, die er jedoch bald wieder verlässt, um von nun an als freier Künstler zu arbeiten. 1911 beteiligt er sich erstmals am "Salon des Indépendants" und schließt sich ein Jahr darauf den Kubisten an. Der Erste Weltkrieg hinterlässt in seiner Person und seinem Werk tiefe Spuren. Die ersten Erfolge findet Zadkines Schaffen in Belgien und Holland, dann in Frankreich, England und Amerika. Schon in den 1920er Jahren wird Zadkins künstlerisches Werk in ersten Einzelausstellungen präsentiert.

Ganz dem Formgefühl des Kubismus folgend, hat Ossip Zadkine den Kopf eines jungen Mädchens gestaltet. Die Gesichtszüge sind abstrahiert und in ein Formengeflecht aus geometrischen Elementen eingebunden. In der leicht seitlichen Neigung des Kopfes ist der gestalterische Wille einer Dynamisierung zu erkennen, der dem Formgefühl entspricht und die Darstellung in eine Sphäre der Bewegung hebt, der auch die anderen Details des Gesichtes unterworfen sind. Nach einer langen Phase des Realismus, die bis in den Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts reicht, waren es die Kubisten, die einen radikal neuen Ansatz in der plastischen Gestaltung gesucht haben. Ossip Zadkine folgt hier den Vorgaben der Zeit, ohne sie jedoch voll in sein Werk zu integrieren. Bei ihm ist die formale Geschlossenheit Grundbestand seiner Arbeiten, deren plastische Dichte einen Gestaltungswillen zeigt, der weit über reine Formalismen hinausgeht.

1942 flieht Ossip Zadkine in die Vereinigten Staaten. Er arbeitet in New York, Arizona und North Carolina. Erst 1945 kehrt er in das befreite Paris zurück, wo er von 1946 bis 1958 an der Académie de la Grande Chaumière lehrt. 1950 wird ihm der erste Preis für Bildhauerei der Biennale von Venedig zugesprochen. 1960 erhält Zadkine den "Grand Prix de la Sculpture" der Stadt Paris. In den 1960er Jahren werden seine Arbeiten auf unzähligen internationalen Ausstellungen gezeigt, während Zadkine zuhause an Grafikfolgen, Monumentalskulpturen und Buchprojekten arbeitet. Am 25. November 1967 stirbt Ossip Zadkine in Paris. Das Frühwerk Zadkines ist entscheidend durch die Anregungen Auguste Rodins und der Kubisten geprägt, deren Prinzipien er in die Plastik überträgt. Ab etwa 1920 wendet er sich von der kubistischen Formensprache ab und findet zu einem weicheren Stil. In den 1940er Jahren kommt es zu den charakteristischen Aushöhlungen und Durchbrechungen seiner Skulpturen. [KD].




306
Ossip Zadkine
Tête de jeune fille, 1920.
Schätzung:
€ 25.000
Ergebnis:
€ 41.480

(inkl. Käuferaufgeld)