Auktion: 409 / Klassische Moderne und Seitenwege der dt.Avantgard am 06.12.2013 in München Lot 362

 

362
Kurt Weinhold
Selbstbildnis II (mit Jacke), 1931.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 18.000
Ergebnis:
€ 58.560

(inkl. Käuferaufgeld)
Selbstbildnis II (mit Jacke). 1931.
Öl auf Leinwand.
Golinski 251. Links unten signiert und datiert sowie bezeichnet "Calw". Verso signiert, datiert und bezeichnet "Selbstbildnis". 99,5 x 109,5 cm (39,1 x 43,1 in).
Im Künstlerrahmen.

PROVENIENZ: Nachlass Kurt Weinhold, Calw/Wuppertal.
Privatsammlung Nordrhein-Westfalen.

AUSSTELLUNG: Kunstausstellung Kampen, Sylt, o. J. (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).

Kurt Weinhold wird am 28. September 1896, als Sohn des Künstlers Carl Weinhold, in Berlin geboren. Seine Jugend, die er in Essen und Bonn verbringt, ist durch eine intensive Beschäftigungen mit bildender Kunst, Musik und Literatur geprägt. 1911 siedelt die Familie in die damalige Kunstmetropole nach München. Sein zeichnerisches und malerisches Können wird von seinem Vater gefördert, indem er ihm die Grundbegriffe der künstlerischen Techniken vermittelt. Trotz der Aufforderung durch Carl von Marr, seine Ausbildung an der Münchner Akademie zu vervollkommnen, zieht es Kurt Weinhold vor, sich weiterhin autodidaktisch fortzubilden. 1922 heiratet er die in Calw in Baden-Württemberg ansässige Margarete Schütz und lässt sich in ihrem Heimatort nieder. Dort widmet er sich nicht nur seinem Schwerpunkt, dem menschlichen Bildnis - immer in Auseinandersetzung von Geist und Materie -, sondern hat erstmals die Gelegenheit, sich dem Studium der Natur zu widmen. In dieser Zeit entstehen zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen. Zudem entwickeln sich freundschaftliche Beziehungen zu Künstlern wie Kurt Schlichter, Otto Dix und George Grosz. Ende der 1920er Jahre hat der Künstler erstmals Erfolg bei Kritikern und Publikum. Seine Arbeiten werden in ganz Deutschland gezeigt, bis 1933 lädt ihn die Preußische Akademie in Berlin regelmäßig zu den Ausstellungen ein. 1929 nimmt er an der 6. Ausstellung der Stuttgarter Sezession, 1931 an der 2. Ausstellung der Stuttgarter Neuen Sezession teil. Zudem kann er zahlreiche Ankäufe sowie Aufträge im In- und Ausland vorweisen.

Seinem Selbstbildnis von 1931 misst Kurt Weinhold wohl eine besondere Bedeutung bei. Er hat es mit nur geringen Veränderungen, die weder die Komposition noch den Ausdruck betreffen, noch einmal gemalt. Das Ungewöhnliche in dieser Drei-Personen-Komposition ist die aufsteigende Linie nach rechts. Der Maler sieht sich zentral in die Mitte gerückt von Tochter und Frau flankiert. Doch während die Tochter in ihrer braven Bürgerlichkeit in der linken Bildhälfte verharrt, scheint die Darstellung der halbnackten Frau in Unterwäsche etwas von dem erotischen Furor zu verraten, der Weinhold umtreibt. Assoziationen an Rudolf Schlichter werden wach, dessen räumliche und künstlerische Nähe im Werk von Kurt Weinhold Spuren hinterlassen hat. Dem ratlos-kritischen Blick des Malers ist eine Art von Zerrissenheit anzumerken, in der sich Weinhold möglicherweise befindet, als er an seinem Selbstbildnis arbeitet. Eine solide malerische Handschrift trägt jedoch zur Neutralisierung der Problematik bei. Im Gegensatz zu Schlichter findet Weinhold wesentlich unaufgeregter zur visuellen Thematisierung der eigenen Befindlichkeit.

1934 wird Weinhold mit dem Rompreis und einem anschließenden Studienaufenthalt in der deutschen Akademie in Rom ausgezeichnet. Dem nationalsozialistischen Regime tritt Kurt Weinhold mit offener Ablehnung entgegen und wird zum „entarteten Künstler“ ohne Malverbot erklärt. Der zuvor erlebte Erfolg kommt zum Erliegen und der Künstler zieht sich immer mehr in die innere Emigration zurück. Mit Kriegsbeginn wird er als Zeichner eingezogen, wobei er hauptsächlich Soldaten porträtiert. 1940 wird Kurt Weinhold gesundheitsbedingt aus dem Dienst für die Armee entlassen. Wegen seiner stetigen offen gezeigten Systemkritik erlässt das Regime einen Verhaftungsbefehl gegen ihn, welchem der Künstler durch Porträtreisen ins Ausland, immer wieder entgehen kann. Nach 1945 zieht Kurt Weinhold aus der im Umbruch befindlichen Kunstszene neue schöpferische Kraft für sein Werk. Er nimmt Formen der gegenstandslosen Malerei auf und bindet diese in seine stetige Auseinandersetzung von Geist und Materie ein. Sein guter Ruf als Porträtist verhilft dem Künstler nach Kriegsende zu vielen bedeutenden Aufträgen, wie Porträts von Willi Baumeister oder Theodor Heuss. Nach zahlreichen Studienreisen in den Süden Europas stirbt der Künstler 1965 in seiner Wahlheimat Calw. [KD].




362
Kurt Weinhold
Selbstbildnis II (mit Jacke), 1931.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 18.000
Ergebnis:
€ 58.560

(inkl. Käuferaufgeld)