Auktion: 407 / Post War/ Zeitgenössische Kunst am 08.06.2013 in München Lot 292

 

292
Christo
The Umbrellas. Project for Japan and Western USA, 1986.
Kreidezeichnung
Schätzung:
€ 38.000
Ergebnis:
€ 46.360

(inkl. Käuferaufgeld)
The Umbrellas. Project for Japan and Western USA. 1986.
Farbige Kreidezeichnung, Bleistift und Gouache mit Textilcollage. Auf dünnem Karton, Original auf Keilrahmen aufgezogen und in Plexiglasobjektkasten montiert.
Links unten signiert und datiert. Mehrfach bezeichnet. 66,5 x 77 x 2 cm (26,1 x 30,3 x 0,7 in).

PROVENIENZ: Obelisk Gallery, Boston/Massachusetts (verso mit dem Etikett).

Christo und Jeanne-Claude, beide 1935 am gleichen Tag geboren, lernen sich 1958 in Paris kennen. Christo, geboren und aufgewachsen in Bulgarien, studiert zunächst 1952-1956 in Sofia Malerei, Bildhauerei und Bühnenbildgestaltung. Über einen kurzen Aufenthalt in Wien kommt er 1958 nach Paris, wo seine ersten Verpackungen und verschnürten Objekte entstehen. Jeanne-Claude wird in Casablanca geboren und lebt seit 1945 in Paris, unterbrochen von einigen Jahren in Tunesien. Beide treffen aufeinander, als Christo einen Porträtauftrag der Mutter Jeanne-Claudes erhält, müssen ihre Beziehung zunächst jedoch vor den Eltern verheimlichen. Nachdem Christo seine frühen verhüllten Objekte mit Leim und Sand oder Farbe behandelt, geht er um 1960 dazu über, den Stoff unbehandelt und sichtbar zu lassen. 1961 realisiert er anlässlich seiner ersten Einzelausstellung das Großprojekt "Stacked Oil Drums", mit Planen zugedeckte und verschnürte Ölfässer im Kölner Hafen. Es folgt der "Rideau de fer" in Paris, ein "Eiserner Vorhang" aus leeren, bemalten Ölfässern, mit denen Christo eine Straße verstellt. In den kommenden Jahren entstehen weitere zahlreiche sogenannte Environments, beispielsweise ein 5.600-Kubikmeter-Paket, das Christo 1968 auf der Documenta 4 installiert. Nach dieser "Luftverpackung" und dem "Wrapped Tree" 1966 werden ab 1968/69 öffentliche Gebäude wie die Kunsthalle Bern oder das Museum of Contemporary Art in Philadelphia, teils auch im Inneren, verhüllt. Diese Verhüllungsprojekte prägen von nun an das künstlerische Schaffen Christos und reichen von Denkmälern über Gehwege bis hin zu verpackten Küstenstreifen und ganzen Inseln. Der Schriftsteller David Bourdon fasst Christos künstlerische Intention zusammen unter dem Begriff der „Offenbarung durch Verbergen“, wodurch alltägliche Stadtansichten und Landschaften wieder neu und ganz bewusst durch einen neuen Kontext wahrgenommen werden können.

Im Oktober 1991 werden bei Sonnenaufgang mehr als 3000 überdimensionale Schirme zeitgleich in Kalifornien und Japan aufgespannt. Für die karge, trockene Landschaft in Kalifornien wählt Christo gelben, für die wasserreiche und intensiv landwirtschaftlich genutzte Natur in Japan blauen Stoff. Christo möchte mit diesem interkulturellen Großprojekt die Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Lebensweise, in der jahreszeitlichen Färbung und im Licht der Landschaft dieser beiden Täler widerspiegeln. Die zahlreichen Zeichnungen, die in der Vorbereitung des Projektes entstehen, zeugen von Christos Reflexion der asiatischen Kunst. Deutlich sichtbar verwendet er typische Elemente wie „kühne Aufsichten, ungewöhnliche Bildausschnitte und Formverdichtungen in ausgewählten, wenigen Details“ ganz im Sinne der dekorativen japanischen Landschaftsmalerei. (Hansdieter Erbsmehl, in: Ausst.Kat. Christo. Christo und Jeanne-Claude, Galerie Pels-Leusden, Berlin 1995, S. 52).

1994 erfolgt nach 23jähriger Planungszeit die Zustimmung des Deutschen Bundestags zur Verhüllung des Reichstags, die schließlich im Sommer 1995 stattfinden kann. Die Entstehungszeit der Projekte, die sich zum Teil über Jahrzehnte hinzieht, ist für Christo und Jeanne-Claude Bestandteil ihrer Arbeit. Ästhetische Gesichtspunkte sind ihnen dabei wichtiger als die technische Realisierbarkeit. Im Jahr 2009 verstirbt Jeanne-Claude in New York. [CB].




292
Christo
The Umbrellas. Project for Japan and Western USA, 1986.
Kreidezeichnung
Schätzung:
€ 38.000
Ergebnis:
€ 46.360

(inkl. Käuferaufgeld)