Auktion: 406 / Moderne Kunst am 08.06.2013 in München Lot 35

 

35
Ernst Barlach
Das Wiedersehen, 1926.
Bronze
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 113.460

(inkl. Käuferaufgeld)
Das Wiedersehen. 1926.
Bronze mit dunkelbrauner Patina.
Laur 391/1 (von 2). Schult 306. Links auf der Plinthe mit dem Namenszug "E. Barlach" und der Nummerierung "II", seitlich darunter mit dem Gießerstempel "H. Noack Berlin Friedenau". Eines von 11 unnummerierten Exemplaren der frühen Auflage, gegossen zwischen 1930 und dem 5.9.1938, aus einer Gesamtauflage von 36 Exemplaren. 48 x 19,7 x 12,5 cm (18,8 x 7,7 x 4,9 in).
Sehr schöner, reich differenzierter Guss der frühen Auflage.

Mit einer schriftlichen Bestätigung von Herrn Ernst Barlach, Lizenzverwaltung GmbH & Co. KG Ernst Barlach, Ratzeburg, vom 22. Mai 2013.

PROVENIENZ: Vom Vorbesitzer bei der Galerie Heseler, München, erworben.

Die Ausbildung des norddeutschen Bildhauers und Grafikers Ernst Barlach beginnt in Hamburg. Hier besucht er ab 1888 die Gewerbeschule. 1891 führt ihn sein Weg an die Dresdner Akademie, wo er seine Studien im Fach Bildhauerei fortsetzt und Meisterschüler von Robert Diez wird. Gefestigt wird Barlachs gründliche akademische Ausbildung durch zwei Studienaufenthalte in Paris 1895 und 1897. Eine 1906 unternommene Russlandreise beeinflusst sein künstlerisches Schaffen nachhaltig. Die Eindrücke des urwüchsigen Bauerntums und der russischen Volkskunst schlagen sich fortan in der kraftvollen und volksnahen Gestaltungsweise seiner Skulpturen nieder. Daneben entstehen in diesen Jahren grafische Illustrationszyklen zu eigenen Dramen. 1910 lässt Barlach sich in Güstrow (Mecklenburg) nieder. 1917 findet Barlachs erste Ausstellung bei Paul Cassirer in Berlin statt, 1919 wird er Ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Künste zu Berlin. In den folgenden Jahren entstehen zahlreiche Holzschnitte, u.a. zu Goethes "Walpurgisnacht".

Die Ausformung in Bronze basiert auf der Figurengruppe von 1926, die Ernst Barlach in Gips ausgeführt hatte. Ernst Barlach ist ein Meister der reduzierten Gesten und so gelingt es ihm, das Wiedersehen zwischen Christus und seinem Jünger Thomas als einen intimen Moment von äußerer Erstarrtheit bei tiefer innerer Bewegtheit erfahrbar zu machen. Anders als etwa bei dem Florentinischen Renaissancebildhauer Andrea del Verrocchio und dem Barockmaler Caravaggio wird Thomas von Barlach nicht mehr im Moment des Zweifelns wiedergegeben. Der Jünger wird nicht, der kunsthistorischen Tradition und der Schilderung des Johannesevangeliums entsprechend, beim Berühren der Wundmale gezeigt, sondern in jenem Moment, in welchem er bereits vom Zweifler zum Gläubigen geworden ist. Das Wunder der Auferstehung ist die Ursache für jene intime Szene von äußerster emotionaler Aufgeladenheit.

1928 erscheint Barlachs Autobiografie "Ein selbsterzähltes Leben". Eine umfangreiche Ausstellung seiner plastischen und grafischen Arbeiten ist 1930 in der Preußischen Akademie der Künste in Berlin zu sehen. 1933 wird dem Künstler der Orden Pour le Mérite verliehen. Noch 1935 vollendet Barlach den "Fries der Lauschenden" im Auftrag von Hermann F. Reemtsma und entwirft ein Grabmal für Theodor Däubler. In den kommenden Jahren wird er von den Nationalsozialisten verfemt. 1937 werden seine Werke aus Museen, Kirchen und von öffentlichen Plätzen systematisch entfernt. Heute gilt Ernst Barlach als einer der bedeutendsten Bildhauer der Klassischen Moderne. Hervorragende Beispiele seiner expressionistischen Holz- und Bronzefiguren sind im Güstrower Dom, in der Marburger Elisabethkirche und in der Nationalgalerie Berlin zu sehen. Sein Wohn- und Atelierhaus in Güstrow ist heute als Museum zugänglich. [KD/JS].




35
Ernst Barlach
Das Wiedersehen, 1926.
Bronze
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 113.460

(inkl. Käuferaufgeld)