Auktion: 406 / Moderne Kunst am 08.06.2013 in München Lot 64

 

64
Gabriele Münter
Kirche im Dorf, Murnau, 1930.
Öl
Schätzung:
€ 180.000
Ergebnis:
€ 219.600

(inkl. Käuferaufgeld)
Kirche im Dorf, Murnau. 1930/ 40er Jahre.
Öl auf leichtem Karton, auf Malpappe aufgezogen.
Rückseitig mit dem Nachlassstempel sowie maschinenschriftlich auf einem Aufkleber: "Kon. 5/14" sowie nochmals handschriftlich bezeichnet. 37,3 x 46,4 cm (14,6 x 18,2 in).

PROVENIENZ: Franz und Katharina Resch, Gauting.
Privatsammlung Süddeutschland.

AUSSTELLUNG: Gabriele Münter. Die Zeit nach Kandinsky in Murnau. Schlossmuseum Murnau, 26.7.-04.11. 2012, mit einer Farbabb. S. 146.

Den ersten Unterricht erhält Gabriele Münter 1897 an der Düsseldorfer Damen-Kunstschule, die weitere Ausbildung im Künstlerinnen-Verein als Schülerin von M. Dasio und A. Jank. Anschließend geht sie nach München und besucht dort die Privatkunstschule "Phalanx"; Leiter der Schule ist Wassily Kandinsky. Mit ihm unternimmt Gabriele Münter ab 1904 viele Reisen u.a. nach Holland, Italien und Frankreich, wo sie Rousseau und Matisse kennenlernen. Stilistisch distanziert sich Münter nun vom Impressionismus und lässt in ihrem Werk Einflüsse der Fauves und der Expressionisten erkennen. Ein ruhigeres Leben beginnt ab 1908 in der mit Kandinsky gemeinsamen Wohnung in München. Mit Klee, Marc, Macke, Jawlensky und Marianne von Werefkin pflegen die beiden regen Kontakt. Für eine produktive künstlerische Zusammenarbeit ist das von Münter gekaufte Landhaus in Murnau die richtige Umgebung. 1909 beginnt die Künstlerin mit Hinterglasbildern, ein Medium, das später auch Kandinsky, Marc, Macke und Campendonk aufgreifen. Zwei Jahre lang ist Münter Mitglied in der "Neuen Künstlervereinigung München". Im Jahr 1911 tritt sie der von Kandinsky und Marc gegründeten Redaktion "Blauer Reiter" bei. Mit Interesse verfolgt Gabriele Münter Kandinskys abstrakte Bilder, bleibt jedoch selbst bei der figurativen Malerei. Ihre Landschaften, Figurenszenen und Porträts zeigen eine Reduktion auf das Wesentliche mit Hang zur humorvollen Charakterisierung. Mit Kriegsausbruch gehen Münter und Kandinsky zunächst in die Schweiz, ein Jahr später (1915) entscheidet sich die Malerin für Stockholm, wo es zur Trennung von Kandinsky kommt. Im Spätherbst 1917 übersiedelt sie nach Kopenhagen. Die 1920er Jahre sind geprägt von vielen Reisen und Aufenthalten in München, Murnau, Köln und Berlin.

Nach der Rückkehr aus Skandinavien und der endgültigen Trennung von Kandinsky wird Murnau für Gabriele Münter zum festen Wohnsitz, den sie bis zu ihrem Lebensende beibehält. Die Wiederentdeckung der heimischen Vorgebirgslandschaft bereichert von nun an das malerische Werk der Künstlerin. Das Alpenvorland und die Gegend um Murnau stehen bei der Motivwahl an oberster Stelle und so ist der Blick auf die kleine Stadt, der sich von ihrem Haus bot, ein besonders beliebtes Sujet. Vor einem typisch bayerischen Himmel in Weiß-Blau hat Münter die Gruppierung der Häuser um die aufragende Kirche festgehalten, alles wohltuend eingebettet in das ländliche Grün der Umgebung. Gabriele Münter verwendet in diesen Jahren einen Malstil, der sich am Objekt orientiert und frei von besonderen Experimenten ist. Auf eine starke Konturierung, die Münter sonst bevorzugt, ist hier zugunsten einer lockeren Malweise völlig verzichtet worden. Die Landschaft wird in einer Schwerelosigkeit gezeigt, wie sie im malerischen Werk der Künstlerin nur selten anzutreffen ist. Das leicht skizzenhafte einiger Partien deutet darauf hin, dass Münter hier direkt vor der Natur gearbeitet hat, so wie sie es bei ihren Ausflügen, damals noch zusammen mit Kandinsky getan hatte. Die liebevolle Schilderung des ihr zur Heimat gewordenen Ortes Murnau bildet den Grundtenor dieses Werkes, das durch seine Frische der Farben besonders auf sich aufmerksam macht.

Im Jahr 1956 erhält Gabriele Münter den Kulturpreis der Stadt München, 1960 findet ihre erste Ausstellung in den USA statt, gefolgt 1961 von einer großen Ausstellung in der Mannheimer Kunsthalle. Die Künstlerin stirbt am 19. Mai 1962 in ihrem Haus in Murnau. [KD].




64
Gabriele Münter
Kirche im Dorf, Murnau, 1930.
Öl
Schätzung:
€ 180.000
Ergebnis:
€ 219.600

(inkl. Käuferaufgeld)