Auktion: 406 / Moderne Kunst am 08.06.2013 in München Lot 67

 

67
Christian Schad
Probe im Schauspielhaus, 1929.
Tuschfederzeichnung
Schätzung:
€ 7.000
Ergebnis:
€ 8.750

(inkl. Käuferaufgeld)
Probe im Schauspielhaus. Um 1929.
Tuschfederzeichnung und Spritztechnik.
Rechts unten signiert. Verso handschriftlich bezeichnet "Probe". Auf chamoisfarbenem Velin. 26,8 x 20,5 cm (10,5 x 8 in), Blattgröße.

Mit einer Fotoexpertise von Günter A. Richter vom 30. Dezember 2010. Die Zeichnung wird in das Register des Christian Schad Archivs, Rottach-Egern, aufgenommen.

Christian Schad wird am 21. August 1894 in Miesbach, Oberbayern, geboren. Seine Leidenschaft für die Kunst schwankt in seiner Jugend noch zwischen der Musik - er spielt Geige - und der Malerei. 1912 verlässt er das Gymnasium und wählt die Malerei. In der Münchner Akademie ist er zunächst in der Malklasse von Heinrich von Zügel, wechselt dann ein Semester später in Becker-Gundahls Aktklasse. In dieser Zeit lernt er Georg Schrimpf und Ernst Moritz Engert kennen. Dem Kriegsdienst kann er entgehen, indem er einen Herzfehler vortäuscht und mit Hilfe eines Attestes nach Zürich gehen kann. Zuvor stellt er sein erstes Werk in der Ausstellung der Münchner Sezession im Frühjahr 1915 aus. In Zürich macht er bald die Bekanntschaft mit Walter Serner, der sein enger Freund und Weggefährte werden soll. Im Oktober 1915 publizieren die beiden die Zeitschrift "Sirius, eine Monatsschrift für Literatur und Kunst", die nach sieben Heften im kommenden Jahr eingestellt werden muss. Schad fertigt die Werbeplakate an und entwirft für jede Ausgabe des "Sirius" einen ganzseitigen Holzschnitt. 1915 hat er seine erste Ausstellung im Salon Wolfsberg und verlegt über den Sirius-Verlag die Grafik-Mappe "Christian Schad" mit 10 Holzschnitten. Seine Malerei ist geprägt durch die Auseinandersetzung mit dem Futurismus, Kubismus, der monochromen Malerei und später dem Expressionismus. Im November 1916 zieht er nach Genf. Neben der Grafik und der Malerei experimentiert Schad ab 1919 mit den sogenannten Schadografien (Fotografie ohne Kamera und Linse) und kommt über diese zweidimensionalen Arbeiten 1919/20 zu seinen ersten abstrakten dreidimensionalen Holzreliefs. Die endgültige Trennung von den Dadaisten vollzieht sich 1920 und es entstehen die ersten realistischen Bilder. 1923 heiratet Schad die Römerin Marcella Arcangeli, 1924 wird sein Sohn Niklaus geboren. In seinem Atelier in Neapel entstehen 1923 Schads erste Bilder der Neuen Sachlichkeit. Mit dem Umzug nach Wien geht auch die Vergrößerung des Ateliers einher. Nach der Trennung 1927 von seiner Frau hält er sich überwiegend in Berlin auf.

"Schad ist ein eminenter Zeichner. Der Maler verdeckt zu sehr den Graphiker. Seine Zeichnungen sind Protokolle, sorgfältig angefertigte Untersuchungsberichte. Die Methode seines Vorgehens ist fast wissenschaftlich. Keine Einmischung. Nie die Rolle des Anklägers oder Richters. Das unterscheidet ihn von Dix und Grosz. So verweigert er sich der Karikatur, der Verzerrung des Menschenbildes. Es ist eine kühle, sachliche Distanz, mit der er sich den Menschen nähert. [..] Die zwanziger Jahre ein Höhepunkt. Die Zeichnungen gehören zu den Bildern dieser Zeit. Übungen für Auge und Hand. Schärfung der Sinne, des Blicks für den Augenblick. Ein Hineinhorcher und Hineinseher in das Menschliche. Er zeichnet für den 'Führer durch das 'lasterhafte' Berlin'. Ein Fährtenbuch auch für geheime Plätze und Orte, die sich nach außen hin verbergen. Nicht das Ordinäre und Gemeine zerrt er hervor. Der Menschenbildner sucht den Menschen, das seltsame Wesen. " (Günter A. Richter, Die zwanziger Jahre, in: Christian Schad. Druckgraphiken und Schadographien in Einzelblättern und Mappenwerken 1913-1981, Rottach-Egern 1997, S. 62).

Zu Beginn der 1930er Jahre gerät Schad in finanzielle Schwierigkeiten und sieht sich zusehends isoliert. Mit der Machtergreifung 1933 wird ein freies Arbeiten für ihn immer schwieriger; die Vorahnung auf den Krieg wird in seinen Werken der späten 1930er Jahre zunehmend deutlicher. Um seine finanzielle Lage zu sichern, übernimmt er 1935 einen bayerischen Biervertrieb. Seit 1941 bekommt Schad wieder Porträtaufträge. 1942 zieht er nach Aschaffenburg und heiratet Bettina Mittelstädt. Er arbeitet als Kulturkritiker und am Theater. Ab 1954 kehrt er zur expressiven Malerei zurück, bestimmt wird sein Spätwerk jedoch durch die sogenannten "Schadographien". Zu Beginn der 1960er Jahre werden seine Werke der Neuen Sachlichkeit wieder entdeckt und er wendet sich dem Magischen Realismus zu. Christian Schad stirbt am 25. Februar 1982 in Stuttgart. [KD].




67
Christian Schad
Probe im Schauspielhaus, 1929.
Tuschfederzeichnung
Schätzung:
€ 7.000
Ergebnis:
€ 8.750

(inkl. Käuferaufgeld)