Auktion: 403 / Moderne Kunst am 19.04.2013 in München Lot 478

 

478
Hermann Max Pechstein
Mann und Weib, 1909.
Farblithografie
Schätzung:
€ 30.000
Ergebnis:
€ 117.120

(inkl. Käuferaufgeld)
Mann und Weib. 1909.
Farblithografie, monotypieartig gedruckt und koloriert.
Krüger L 80. Flechter L 73. Signiert und datiert sowie handschriftlich zweifach bezeichnet "1". Im Stein monogrammiert und nochmals datiert. Auf bräunlichem Velin. 51,3 x 42 cm (20,1 x 16,5 in). Papier: 59,5 x 44,4 cm (23,4 x 17,4 in).
Ausgesprochen seltene farbige Grafik der "Brücke"-Zeit.

PROVENIENZ: Sammlung Gustav Schiefler.

Schon früh wird das künstlerische Talent Hermann Max Pechsteins erkannt und gefördert. Sein Werdegang, erst als Lehrling bei einem Zwickauer Malermeister, dann in der Dresdner Kunstgewerbeschule und schließlich an der dortigen Akademie bei dem Dekorationsmaler Otto Gußmann, verhilft Pechstein zu einem soliden handwerklichen Können. Als er 1906 für die Dresdner Kunstgewerbeausstellung ein Deckenbild in so unkonventioneller Farbigkeit malt, dass es der Auftraggeber durch graue Spritzer dämpfen lässt, wird Erich Heckel auf Pechstein aufmerksam und holt ihn schließlich in die ein Jahr zuvor gegründete Künstlervereinigung "Brücke", welche sich zum Ziel eine dem Impressionismus entgegengesetzte, aus der Kraft der Farbe kommende Malerei gesetzt hatte und "alle revolutionären und gärenden Kräfte an sich [..] ziehen wollte" (Schmidt-Rottluff). Im Umfeld der "Brücke"-Mitglieder entwickelt sich der expressionistische Stil Pechsteins nun weiter, wobei es sein Ziel ist, mit wohl dosiertem Einsatz malerischer Mittel den motivischen Kernpunkt herauszuarbeiten. 1908 lässt sich Pechstein in Berlin nieder.

Die Künstler der "Brücke" sehen in der Kunst der „Primitiven“ - der Begriff steht hier für eine Kunst der Naturvölker außerhalb des westeuropäischen Kulturkreises - eine reine und von einer "Hochkultur" unbeeinflusste Kunstäußerung. Sie empfinden das Fremde, das durch die zunehmende Kolonialisierung näher gerückt ist, als Befreiung von den Zwängen einer tradierten Kultur. Die unverkrampfte Sicht der Dinge, die den "Brücke"-Künstlern zu eigen ist, ist ein heilsamer Schock, der die Kunst am Beginn der Moderne beflügeln wird. Der nackte Körper, bis dahin immer in eine erzählende Umgebung eingebettet, wird nun in einer Direktheit geschildert, welche wie in der vorliegenden Arbeit das Unharmonische mit einschließt.

1937 wird Hermann Max Pechstein als "entarteter Künstler" diffamiert. Ab 1945 dann lehrt er an der Berliner Akademie der Künste. Neben der Malerei entsteht im Bereich der Grafik ein Werk mit mehr als 850 Holzschnitten, Lithografien und Radierungen. [KP/JS]:




478
Hermann Max Pechstein
Mann und Weib, 1909.
Farblithografie
Schätzung:
€ 30.000
Ergebnis:
€ 117.120

(inkl. Käuferaufgeld)