Auktion: 393 / Post War/Zeitgenössische Kunst am 09.06.2012 in München Lot 266

 
Eberhard Havekost - Zelte 1


266
Eberhard Havekost
Zelte 1, 1997.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 61.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Zelte 1. 1997.
Öl auf Leinwand.
Verso signiert, datiert "DD 97" und betitelt. 160 x 130 cm (62,9 x 51,1 in).
Die nahezu gleichformatige Arbeit mit dem Titel "Zelte II" (1998) wurde im Jahr 2006 bei Christie`s, London versteigert und zählt bis heute zu den teuersten Arbeiten des Künstlers auf dem internationalen Auktionsmarkt.

Wir danken Herrn Ralf Lehmann, Galerie Gebr. Lehmann, Dresden, für die freundliche mündliche Auskunft.

PROVENIENZ: Anton Kern Gallery, New York (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
Privatsammlung (seit 2002).

Im Anschluss an eine Ausbildung als Steinmetz ist Eberhard Havekost von dem Wunsch getrieben Malerei zu studieren. Die Bewerbung des 28-Jährigen an der Kunsthochschule in Düsseldorf scheitert. So beginnt er 1991 in seiner Heimatstadt Dresden an der Hochschule für Bildende Künste ein Studium der Malerei und wird 1997 Meisterschüler unter Ralf Kerbach. Schnell wird der medienscheue Künstler in einem Atemzug mit Daniel Richer, Jonathan Meese und Neo Rauch genannt und zählt heute zu den international gefragtesten deutschen Zeitgenossen. Meist steigt Havekost über Zeitungsfotos, Videos oder eigene Fotografien, die er in einem digitalen Archiv nach bestimmten thematischen Kriterien ordnet, in den malerischen Prozess ein. Seine fertigen Leinwände überzeugen durch eine Materialität von kalter Sachlichkeit, welcher stets etwas Rätselhaftes innewohnt. Meist sind die ungewöhnliche Wahl des Bildausschnittes, eine zoomartige Vergrößerung bzw. Dekontextualisierung oder aber auch eine farbliche oder maltechnische Verfremdung für die charakteristische Wirkung von Havekosts Bildfindungen verantwortlich zu machen und scheinen dem Betrachter eine weitere Wirklichkeitsebene zu erschließen.

Havekosts international gefeiertes malerisches Werk schafft Interpretationsraum, seine Gemälde setzen Gedanken in Bewegung und zwingen das Gehirn zu einem Abgleich mit gespeicherten Form- und Farbwahrnehmungen. Mit "Zelte I" ist dem Dresdner Maler durch die ausschnitthafte Monumentalisierung unserer Alltagswelt eine malerische Verfremdung von rätselhafter Strahlkraft gelungen. Die streng lineare Anordnung der leuchtenden, nahezu monochromen Farbflächen und die tonale Reduktion auf die Grundfarben Gelb, Blau und Rot fördert eine abstrakte Wahrnehmung des Dargestellten. Erst durch die Räumlichkeit suggerierenden Schattenpartien und die unterschiedliche Positionierung der Markisen erschließt sich dem Auge der eigentliche Bildgegenstand, zu dessen Klärung jedoch auch der Titel keine wirkliche Hilfestellung leistet. Havekost lässt unsere Wahrnehmung hemmungslos zwischen Abstraktion und Figuration oszellieren und eröffnet uns auf diese Weise eine rätselhafte Bildwelt, welche den bekannten Wahrnehmungskriterien trotzt und uns eine unwirkliche, eigentümlich distanzierte Wirklichkeit gegenüberstellt.

Im Jahr 2010 widmet die Schirn Kunsthalle in Frankfurt Eberhard Havekost eine Einzelausstellung, welche eine neue Werkphase in Havekosts Schaffen dokumentiert. In seinen jüngeren Arbeiten rückt er deutlich näher an das Objekt heran, radikalisiert seine Malerei, bis die Strukturen knorriger Baumrinden oder etwa die Falten eines Sofas uns auf den ersten Blick als abstrakte Landschaften entgegentreten. Havekosts Gemälde sind in zahlreichen internationalen Sammlungen in Paris, London, Amsterdam, Zürich, Wolfsburg oder Luzern vetreten. [JS].




266
Eberhard Havekost
Zelte 1, 1997.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 61.000

(inkl. Käuferaufgeld)