Weitere Abbildung
39
Ernst Ludwig Kirchner
Katze, 1920.
Holzskulptur
Schätzung:
€ 80.000 Ergebnis:
€ 201.300 (inkl. Käuferaufgeld)
Katze. 1920.
Holzskulptur.
Henze 1920/07. Höhe: 37 cm (14,5 in).
Laut Wolfgang Henze handelt es sich bei der vorliegenden Skulptur möglicherweise um einen der vorderen Füße des verschollenen Adam-und-Eva-Stuhls II (Henze 1920/04).
Diesen stellt Kirchner auf seinem Gemälde "Interieur mit Maler" von 1920 dar (vgl. Gordon 627).
Eine der extrem seltenen Skulpturen Kirchners. Es handelt sich vermutlich um seine Lieblingskatze Boby.
PROVENIENZ: Sammlung Erwin Friedrich Baumann, Davos/Bern
Privatsammlung Schweiz.
Nach dem Abschluss eines Architekturstudiums in Dresden, während dem Ernst Ludwig Kirchner Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff kennenlernt und mit diesen bereits künstlerisch zusammenarbeitet, entscheidet sich Ernst Ludwig Kirchner gegen den Wunsch seines Vaters ganz für die Malerei. Der intensive Austausch der vier Freunde führt 1905 zur Gründung der Künstlergemeinschaft "Die Brücke" - mit dem Ziel "alle revolutionären und gärenden Kräfte an sich zu ziehen" (Schmidt-Rottluff). Die Künstler beginnen mit den "Viertelstundenakten", den Zeichnungen nach Aktmodellen im Atelier oder in der Natur. Die Gruppe orientiert sich zunächst an Künstlern des Spätimpressionismus. Die Entdeckung der Fauves, der Südsee-Kunst und van Goghs führt die Maler zum Expressionismus. Infolge der Begegnung mit der Kunst der italienischen Futuristen verändert sich der Malstil der Gruppe um 1910, er wird "härter". Ernst Ludwig Kirchner studiert die Plastik im Dresdner Völkerkundemuseum. Unter diesem Eindruck haut und schneidet Kirchner Holzplastiken. 1911 übersiedelt Ernst Ludwig Kirchner nach Berlin. Die Großstadt bietet ihm eine Fülle neuer Motive, die Kirchner in vereinfachten, scharf konturierten Formen, expressiven Zügen und grellen Farbkontrasten umsetzt. Diese Großstadtbilder werden zu Inkunabeln des Expressionismus und machen Ernst Ludwig Kirchner zu einem der bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges und die folgenden Jahre bedeuten einen Wendepunkt in Kirchners Leben. Die Kriegsereignisse und der Militärdienst stürzen Kirchner in existenzielle Angst, führen letztlich zu Krankheit und langen Sanatoriumsaufenthalten. Um so bemerkenswerter ist seine künstlerische Produktion in dieser Zeit. Es entstehen Werke wie der Holzschnitt "Frauen am Potsdamer Platz", die "Bilder zu Chamissos Peter Schlemihl", die Selbstporträts und Holzschnittbildnisse aus den Sanatorien, die zu den Höhepunkten seines Œuvres zählen.
1917 lässt sich Ernst Ludwig Kirchner in Frauenkirch bei Davos nieder. Den Großstadtbildern folgen nun Gebirgslandschaften und Darstellungen ländlichen Lebens.
Die vorliegende Lärchenholzskulptur stammt aus der Sammlung des bedeutenden Schweizer Architekten und Bildhauers Erwin Friedrich Baumann, der bis zu Kirchners Tod eng mit diesem befreundet war. Laut Wolfgang Henze handelt es sich bei der Skulptur möglicherweise um einen der vorderen Füße des verschollenen Adam- und Eva- Stuhls II (Henze 1920/04), der mit seinen in Katzenköpfe mündenden Armlehnen auf dem Gemälde „Interieur mit Maler" von 1920 zu sehen ist (vgl. Gordon 627). Henze betont dabei den hohen künstlerischen Eigenwert unserer Plastik: „Obwohl „Katze“ für eine eindeutige Zweckbestimmung geschaffen wurde, wie aus der Einkerbung oben rechts an ihrem Kopf erkennbar, ist sie eine vollgültige Plastik Kirchners, ja die 'Bedeutungsproportion' vom bevorzugten Kopf zum Körper ist an ihr sogar exemplarisch sowohl bewältigt wie erkennbar“ (Henze, Wolfgang: Die Plastik Ernst Ludwig Kirchners. Monographie mit Werkverzeichnis, Bern 2002, S. 313). Tatsächlich ist unsere "Katze" ein geradezu prototypisches Beispiel für die expressionistische Plastik. Kirchner scheint die Skulptur buchstäblich aus dem Holzblock herauszuschälen und den Katzenkörper wie von selbst aus der Form des Holzes entstehen zu lassen. Durch die natürlich-derbe Oberflächenstruktur - Kirchner lässt die Spuren seines Schnitzmessers bewusst sichtbar - ist der Schaffensprozess nachvollziehbar. Dabei gelingt es dem Künstler, den Körper des Tieres trotz der groben Formen geschmeidig erscheinen zu lassen und das anmutige Wesen der Katze vollendet zum Ausdruck zu bringen.
Das plastische Werk ist für Kirchners Œuvre von außerordentlich großer Bedeutung. Zum einen dient ihm die Plastik als ein wichtiges Medium seiner künstlerischen Kreativität, zum anderen gestaltet er mit ihr seinen Lebensraum. Unter den Brücke-Künstlern schaffen vor allem er und Erich Heckel eine Vielzahl von geschnitzten Möbelstücken und kunstvollen Gebrauchsgegenständen. Diese waren jedoch fast ausschließlich für den privaten Gebrauch der Künstler intendiert, zierten Wohnungen und Ateliers und waren größtenteils auf Ausstellungen nicht zu sehen. Dies mag ein Grund dafür sein, dass die Plastik des Expressionismus von der kunstgeschichtlichen Forschung erst verhältnismäßig spät entdeckt wurde (die erste umfassende Monographie zur Plastik Ernst Ludwig Kirchners erschien 2002) und Werke wie die vorliegende Skulptur auf dem internationalen Auktionsmarkt bis heute von größtem Seltenheitswert sind.
Um 1920 beruhigt sich Kirchners expressive Malweise, die Bilder erhalten eine teppichhafte Flächigkeit. Daneben entsteht ein bedeutendes grafisches Werk in Form von Holzschnitten, Lithografien und Federzeichnungen. 1923 zieht Ernst Ludwig Kirchner in das "Haus auf dem Wildboden" am Eingang zum Sertigtal, wo Kirchner bis zu seinem Freitod im Jahr 1938 lebt und arbeitet. [KH].
Holzskulptur.
Henze 1920/07. Höhe: 37 cm (14,5 in).
Laut Wolfgang Henze handelt es sich bei der vorliegenden Skulptur möglicherweise um einen der vorderen Füße des verschollenen Adam-und-Eva-Stuhls II (Henze 1920/04).
Diesen stellt Kirchner auf seinem Gemälde "Interieur mit Maler" von 1920 dar (vgl. Gordon 627).
Eine der extrem seltenen Skulpturen Kirchners. Es handelt sich vermutlich um seine Lieblingskatze Boby.
PROVENIENZ: Sammlung Erwin Friedrich Baumann, Davos/Bern
Privatsammlung Schweiz.
Nach dem Abschluss eines Architekturstudiums in Dresden, während dem Ernst Ludwig Kirchner Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff kennenlernt und mit diesen bereits künstlerisch zusammenarbeitet, entscheidet sich Ernst Ludwig Kirchner gegen den Wunsch seines Vaters ganz für die Malerei. Der intensive Austausch der vier Freunde führt 1905 zur Gründung der Künstlergemeinschaft "Die Brücke" - mit dem Ziel "alle revolutionären und gärenden Kräfte an sich zu ziehen" (Schmidt-Rottluff). Die Künstler beginnen mit den "Viertelstundenakten", den Zeichnungen nach Aktmodellen im Atelier oder in der Natur. Die Gruppe orientiert sich zunächst an Künstlern des Spätimpressionismus. Die Entdeckung der Fauves, der Südsee-Kunst und van Goghs führt die Maler zum Expressionismus. Infolge der Begegnung mit der Kunst der italienischen Futuristen verändert sich der Malstil der Gruppe um 1910, er wird "härter". Ernst Ludwig Kirchner studiert die Plastik im Dresdner Völkerkundemuseum. Unter diesem Eindruck haut und schneidet Kirchner Holzplastiken. 1911 übersiedelt Ernst Ludwig Kirchner nach Berlin. Die Großstadt bietet ihm eine Fülle neuer Motive, die Kirchner in vereinfachten, scharf konturierten Formen, expressiven Zügen und grellen Farbkontrasten umsetzt. Diese Großstadtbilder werden zu Inkunabeln des Expressionismus und machen Ernst Ludwig Kirchner zu einem der bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges und die folgenden Jahre bedeuten einen Wendepunkt in Kirchners Leben. Die Kriegsereignisse und der Militärdienst stürzen Kirchner in existenzielle Angst, führen letztlich zu Krankheit und langen Sanatoriumsaufenthalten. Um so bemerkenswerter ist seine künstlerische Produktion in dieser Zeit. Es entstehen Werke wie der Holzschnitt "Frauen am Potsdamer Platz", die "Bilder zu Chamissos Peter Schlemihl", die Selbstporträts und Holzschnittbildnisse aus den Sanatorien, die zu den Höhepunkten seines Œuvres zählen.
1917 lässt sich Ernst Ludwig Kirchner in Frauenkirch bei Davos nieder. Den Großstadtbildern folgen nun Gebirgslandschaften und Darstellungen ländlichen Lebens.
Die vorliegende Lärchenholzskulptur stammt aus der Sammlung des bedeutenden Schweizer Architekten und Bildhauers Erwin Friedrich Baumann, der bis zu Kirchners Tod eng mit diesem befreundet war. Laut Wolfgang Henze handelt es sich bei der Skulptur möglicherweise um einen der vorderen Füße des verschollenen Adam- und Eva- Stuhls II (Henze 1920/04), der mit seinen in Katzenköpfe mündenden Armlehnen auf dem Gemälde „Interieur mit Maler" von 1920 zu sehen ist (vgl. Gordon 627). Henze betont dabei den hohen künstlerischen Eigenwert unserer Plastik: „Obwohl „Katze“ für eine eindeutige Zweckbestimmung geschaffen wurde, wie aus der Einkerbung oben rechts an ihrem Kopf erkennbar, ist sie eine vollgültige Plastik Kirchners, ja die 'Bedeutungsproportion' vom bevorzugten Kopf zum Körper ist an ihr sogar exemplarisch sowohl bewältigt wie erkennbar“ (Henze, Wolfgang: Die Plastik Ernst Ludwig Kirchners. Monographie mit Werkverzeichnis, Bern 2002, S. 313). Tatsächlich ist unsere "Katze" ein geradezu prototypisches Beispiel für die expressionistische Plastik. Kirchner scheint die Skulptur buchstäblich aus dem Holzblock herauszuschälen und den Katzenkörper wie von selbst aus der Form des Holzes entstehen zu lassen. Durch die natürlich-derbe Oberflächenstruktur - Kirchner lässt die Spuren seines Schnitzmessers bewusst sichtbar - ist der Schaffensprozess nachvollziehbar. Dabei gelingt es dem Künstler, den Körper des Tieres trotz der groben Formen geschmeidig erscheinen zu lassen und das anmutige Wesen der Katze vollendet zum Ausdruck zu bringen.
Das plastische Werk ist für Kirchners Œuvre von außerordentlich großer Bedeutung. Zum einen dient ihm die Plastik als ein wichtiges Medium seiner künstlerischen Kreativität, zum anderen gestaltet er mit ihr seinen Lebensraum. Unter den Brücke-Künstlern schaffen vor allem er und Erich Heckel eine Vielzahl von geschnitzten Möbelstücken und kunstvollen Gebrauchsgegenständen. Diese waren jedoch fast ausschließlich für den privaten Gebrauch der Künstler intendiert, zierten Wohnungen und Ateliers und waren größtenteils auf Ausstellungen nicht zu sehen. Dies mag ein Grund dafür sein, dass die Plastik des Expressionismus von der kunstgeschichtlichen Forschung erst verhältnismäßig spät entdeckt wurde (die erste umfassende Monographie zur Plastik Ernst Ludwig Kirchners erschien 2002) und Werke wie die vorliegende Skulptur auf dem internationalen Auktionsmarkt bis heute von größtem Seltenheitswert sind.
Um 1920 beruhigt sich Kirchners expressive Malweise, die Bilder erhalten eine teppichhafte Flächigkeit. Daneben entsteht ein bedeutendes grafisches Werk in Form von Holzschnitten, Lithografien und Federzeichnungen. 1923 zieht Ernst Ludwig Kirchner in das "Haus auf dem Wildboden" am Eingang zum Sertigtal, wo Kirchner bis zu seinem Freitod im Jahr 1938 lebt und arbeitet. [KH].
39
Ernst Ludwig Kirchner
Katze, 1920.
Holzskulptur
Schätzung:
€ 80.000 Ergebnis:
€ 201.300 (inkl. Käuferaufgeld)
Ihre Lieblingskünstler im Blick!
- Neue Angebote sofort per E-Mail erhalten
- Exklusive Informationen zu kommenden Auktionen und Veranstaltungen
- Kostenlos und unverbindlich