Auktion: 387 / Post War/ Zeitgenössische Kunst am 10.12.2011 in München Lot 326

 
Stephan Balkenhol - Kopfsäule


326
Stephan Balkenhol
Kopfsäule, 2002.
Holzskulptur
Schätzung:
€ 30.000
Ergebnis:
€ 36.600

(inkl. Käuferaufgeld)
Holzskulptur. Wawaholz, teils farbig gefasst.
Mit Sockel: ca. 154,5 x 27,5 x 27 cm (60,8 x 10,8 x 10,6 in).

PROVENIENZ: Springer & Winckler, Berlin.
Galerie Löhrl, Mönchengladbach.
Galerie Rackey, Bad Honnef.

Archetypische Verhaltensmuster menschlicher Existenz und Empfindung beschwören die bildhauerischen Skulpturen des 1957 im hessischen Fritzlar geborenen Künstlers Stephan Balkenhol. Balkenhol studiert 1976-82 an der Hamburger Hochschule für bildende Künste in der Bildhauerklasse des streng minimalistisch arbeitenden Künstlers Ulrich Rückriem. Nach zwei Stipendien erhält Balkenhol 1988/89 einen Lehrauftrag an der Hamburger Kunsthochschule. Im Anschluss lehrt er bis 1991 an der Frankfurter Städelschule. Seit 1992 ist die Staatliche Kunstakademie in Karlsruhe sein Wirkungsort. Die Suche der deutschen Künstler ab den 1980er Jahren nach neuen Formulierungsmöglichkeiten und Sinngebungen alltäglichen Materials manifestiert sich deutlich auch im Werk von Balkenhol. Ab etwa 1982 bestimmen die unmittelbar aus dem Holzblock herausgeschlagene, meist überlebensgroße menschliche Figur und der Kopf sein Schaffen. Mit traditionellem Werkzeug bearbeitet Balkenhol das Holz, das er als lebendige Substanz empfindet. So bleiben Riefen, Schrunden, Splitter und Risse sichtbar und verweisen auf den bildhauerischen Arbeitsprozess. Die Figur, der Kopf, das Gesicht - in seinem körperlichen Volumen akzentuiert durch Farbmarkierungen - werden umschrieben, gelegentlich mit der Nähe zum Porträthaften und immer mit einer gewissen "Familienähnlichkeit", doch stets auch mit dem notwendigen Maß an Verallgemeinerung, das die große Form sucht. Ohne jegliches Kennzeichen von subjektiver Befindlichkeit und Emotion und frei von soziologischen und sozialkritischen Bezügen wirken die Figuren autonom und allein aus ihrer Präsenz, deren verallgemeinernde Unbestimmbarkeit ein existenzielles Lebensgefühl des postmodernen Menschen verdeutlicht.

So unbewegt und alltäglich die Skulpturen Stephan Balkenhols auf den ersten Blick auch sein mögen, so sind sie doch nie ausdrucks- oder bedeutungslos. Untergründig schwingt bei ihnen stets ein Ausdruck von Ruhe und In-sich-Gekehrtsein mit, ohne das definitive Emotionen an die Oberfläche treten. Gleichzeitig stehen sie ganz für sich und ihre reine Gegenständlichkeit, sie symbolisieren nichts, sie bilden keinen Typus und schon gar keine bestimmte Person ab. Sie sind Andeutungen der menschlichen Körperformen, stets roh und mit den Spuren des Gestaltungsprozesses belassen. Und gerade durch ihre Sprödigkeit und Zurückgenommenheit erzeugen sie eine erzählerische Spannung und spornen die Fantasie und das Beobachtungsvermögen des Betrachters an.

In einer großen Einzelausstellung in den Deichtorhallen Hamburg von November 2008 bis Februar 2009 werden Arbeiten ab 1982 gezeigt - neben Skulpturen auch plastische Bilder, Fotografien und Zeichnungen. Stephan Balkenhol ist in Karlsruhe, Meisenthal und Berlin tätig. [SM].




326
Stephan Balkenhol
Kopfsäule, 2002.
Holzskulptur
Schätzung:
€ 30.000
Ergebnis:
€ 36.600

(inkl. Käuferaufgeld)