Auktion: 386 / Moderne Kunst am 10.12.2011 in München Lot 34

 
Hanns Bolz - Männlicher Kopf


34
Hanns Bolz
Männlicher Kopf, 1916.
Gips
Schätzung:
€ 14.000
Ergebnis:
€ 37.820

(inkl. Käuferaufgeld)
Gips.
54 x 20,7 x 40,5 cm (21,2 x 8,1 x 15,9 in).

PROVENIENZ: Egidius Ludwig Ronig, Köln-Rath/Heumar.
Josef Pock, Köln.
Privatsammlung Rheinland.

AUSSTELLUNG: Vom Dadamax zum Grüngürtel. Köln in den 20er Jahren, Kölnischer Kunstverein, Köln, 15.3. - 11.5.1975, S. 73 (mit Abb.).
Hanns Bolz 1885 - 1918. Ein Künstler zwischen Expressionismus und Kubismus, Suermondt-Ludwig-Museum, Aachen und Museumsverein Aachen, 20.1. - 17.3.1985, S. 30, Kat.Nr. 48 (mit Abb.).

LITERATUR: Joachim Heusinger von Waldegg, In memoriam Hanns Bolz (1885-1918), aus: Aachener Kunstblätter Bd. 47, 1976/77, S. 296 (mit Abb.).
Matthias Forschelen, Hanns Bolz. "Bruder der Besten seiner Zeit". Eine Dokumentation zu Leben und Werk. Teil II des Ausstellungskataloges Hanns Bolz, Suermondt-Ludwig-Museum, Aachen 1985, S. 42/43.

Hanns Bolz absolviert wohl um 1905/08 ein Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie. Im Anschluss daran geht er nach Paris, wo er bis Kriegsbeginn die meiste Zeit verbringt. Er mietet sich ein Atelier auf dem Montmartre, rue Gabrielle 49, das zuvor von Pablo Picasso genutzt wurde. Im Café du Dôme ist er ständiger Gast und gehört bald zu der kleinen deutschen Künstlerkolonie, die sich um Purrmann und Levy etabliert hatte. Spätestens hier lernt er den Kunsthändler Alfred Flechtheim kennen, der den illustren und in seinen Stilrichtungen ganz heterogenen Kreis der "Dômiers" 1914 erstmals in seiner Galerie zeigt. Bolz unternimmt von Paris aus zahlreiche kürzere Reisen und findet in München eine "zweite Heimat". 1911/12 ist er in den Kreis der Schwabinger Bohème integriert und macht sich u.a. als satirischer Illustrator für den "Komet" einen Namen. Bolz ist auf allen wichtigen Ausstellungen seiner Zeit vertreten. Er nimmt an der Sonderbundausstellung 1912 in Köln, der Armory Show in New York und Chicago und an Herwarth Waldens "Erstem Deutschen Herbstsalon" 1913 in Berlin teil. Gemeinsam mit Wassily Kandinsky stellt er 1913 im Aachener Reiff-Museum aus. Für Herwarth Waldens "Sturm" gestaltet er 1912/13 mehrfach das Titelblatt. Bolz' Œuvre umfasst neben der Malerei auch Grafiken (insbesondere Karikaturen) und Plastiken, die Modigliani oder Lehmbruck verwandt erscheinen. In seinem malerischen Werk zeigt sich deutlich seine Auseinandersetzung mit dem französischen Kubismus und Fauvismus, und bereits 1912 experimentiert er mit abstrakten Bildgestaltungen. 1914 wird der Künstler zum Militärdienst eingezogen und an die Front geschickt. Dort erleidet er eine schwere Gasvergiftung, die ihn teilweise erblinden lässt. Er wird vorzeitig aus dem Militärdienst entlassen.

Mit der Hinwendung zum plastischen Schaffen in den letzten Jahren seines Wirkens betritt Hanns Bolz Neuland. Bisher für seine Karikaturen und dynamisch expressiven Ölbilder bekannt, wird er nun zum Formgestalter in ganz eigenem Sinn. Der schlanke und doch massige männliche Kopf, eine Arbeit, die wohl in seinen letzten Lebensjahren entstand, verarbeitet Eindrücke, die Hanns Bolz im Paris der Jahre vor dem Ersten Weltkrieg gesammelt hat. Die große Materialmasse des zylindrisch geformten Kopfes wird nur durch wenige, fast grafisch anmutende Gesichtsmerkmale strukturiert. Der Gesamteindruck ist statisch gefestigt und trotz einer zylindrischen Verschlankung in der Kraft der eingesetzten Massen erdverbunden. Das Idolhafte des Kopfes wird betont. Die formale Strenge des Gipses lässt in seinem Aufbau und seiner auf minimale Ausdrucksformen reduzierten individualisierenden Formensprache an archaische Plastiken denken, aber auch an Gestaltungen, die seine Zeitgenossen anstreben und wie sie etwa der frühe Brancusi, Archipenko oder auch Modigliani auf dem Gebiet der Malerei verwirklichen.

1918 verstirbt Hanns Bolz an den Folgen seiner Vergiftung. Otto Freundlich schreibt in der Zeitschrift "Die Aktion" einen erschütternden Nachruf auf den Freund und langjährigen Weggefährten. 1922 zeigt Flechtheim eine große Gedächtnisausstellung in Düsseldorf und Berlin. Der "rheinische Expressionist" Hanns Bolz, dessen künstlerisches Œuvre nur bruchstückhaft erhalten ist, zählt zu den bedeutenden Künstlern seiner Zeit. Sein avantgardistisches, vielfältiges und frühvollendetes Werk gilt es zu entdecken und als wichtigen Bestandteil der Kunst der Klassischen Moderne zu würdigen. [KD].




34
Hanns Bolz
Männlicher Kopf, 1916.
Gips
Schätzung:
€ 14.000
Ergebnis:
€ 37.820

(inkl. Käuferaufgeld)