55
Emil Nolde
Marschlandschaft, 1920.
Aquarell
Schätzung:
€ 100.000 Ergebnis:
€ 170.800 (inkl. Käuferaufgeld)
Aquarell.
Links unten signiert. Auf Japan. 35,1 x 47,9 cm (13,8 x 18,8 in), blattgroß.
Mit einer Fotoexpertise von Dr. Manfred Reuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, vom 15. August 2005.
PROVENIENZ: Privatsammlung Berlin.
AUSSTELLUNG: Emil Nolde. Weltsicht, Farbe, Phantasie, Stadthalle Balingen, 19.7.-7.9.2008, Abb. S. 127.
Am 7. August 1867 wird Emil Hansen im deutsch-dänischen Grenzland geboren. Den Namen seines Heimatortes Nolde nimmt er später als Künstlernamen an. Nach einer Lehre als Möbelzeichner und Holzschnitzer 1884-88 in Flensburg arbeitet er für verschiedene Möbelfabriken in München, Karlsruhe und Berlin. 1892 erhält Emil Nolde am Gewerbemuseum in St. Gallen eine Stellung als Lehrer für gewerbliches Zeichnen, die er bis 1898 innehat. Dort, wo zunächst vor allem Landschaftsaquarelle und Zeichnungen der Bergbauern entstehen, wird Nolde durch kleine farbige Zeichnungen der Schweizer Berge bekannt. Mit dem Entschluss, Maler zu werden, geht Nolde schließlich nach München, doch die Akademie unter Franz von Stuck lehnt ihn ab. Es folgt ein Studium an der privaten Malschule von Adolf Hölzel in Dachau und ab 1899 an der Académie Julian in Paris. 1900 mietet er ein Atelier in Kopenhagen und zieht 1903 auf die Insel Alsen. Durch die Auseinandersetzung mit den Neoimpressionisten Vincent van Gogh, Edvard Munch und James Ensor gelangt Nolde ab 1905 von seinem anfänglich romantischen Naturalismus zu einem eigenständigen Stil, in dem die Farbe eine wesentliche Rolle spielt; es entstehen farbintensive, leuchtende Blumenbilder. 1906 lernt Nolde während eines Aufenthaltes in Alsen die "Brücke"-Maler kennen, deren Gruppe er sich vorübergehend anschließt. In einer Reihe von Porträtstudien beginnt die Hinwendung zum Aquarell. Als Nolde 1909 in dieser Technik erstmalige Versuche auf nicht saugfähigem Papier unternimmt, dabei das Blattweiß in großen Teilen stehen lässt und auf eine Konturierung in der Gegenstandserfassung verzichtet, sind diese Neuerungen zukunftsweisend. 1910 wird Emil Nolde nach einer Kontroverse mit Max Liebermann aus der Berliner Sezession ausgeschlossen und gründet mit anderen zurückgewiesenen Künstlern die Neue Sezession, an deren Ausstellungen er bis 1912 teilnimmt. Weniger vom Berliner Großstadtleben, das er in einigen expressiven Bildern festhält, als vom Primitivismus fasziniert, malt Nolde Stillleben mit exotischen Figuren und Maskenbilder. Von einer Expedition nach Neu-Guinea 1913 bringt er reiches Studienmaterial mit, das er in zahlreichen Werken noch bis 1915 verarbeitet. Ab 1916 verbringt er den Sommer auf der Insel Föhr.
Mit seinen Marschlandschaften betritt Emil Nolde Neuland. Die Verwurzelung in der nordfriesischen Heimat bewegt ihn dazu, dort sesshaft zu werden und seine eigene Bildsprache zu verwirklichen. Die Weite der Marschlandschaft, die Noldes Wohnsitz umgibt, wird Ziel seiner Erkundungen und bleibt in ihrer kargen Strenge, allein beflügelt durch wetterbedingte Ereignisse, ein sprödes Sujet, das Nolde mit der ihm eigenen Emphase ausdeutet. Das Ergebnis sind überbordende Farbwelten, wie sie der Künstler empfindet und in seiner unnachahmlichen Aquarelltechnik zu Papier bringt. Nolde gibt damit einer Landschaft, die bar jeglicher optischer Exzesse einfach flach und graugrün ist, eine noch nie gekannte Farbigkeit. Es sind die wechselhaften Lichtstimmungen eines weiten Himmels, der keine Begrenzung kennt, die Nolde einfängt, um sie zu einer Symbiose von gesehener Naturnähe und gewollter Abstraktion zu vereinen. Nicht Realität ist gefragt, sondern Empfindung von Realität.
1928 lässt sich Nolde in Seebüll nieder. Der dort angelegte Garten wird zur unerschöpflichen Inspirationsquelle seiner Malerei, auch Küstenlandschaften und religiöse Szenen werden zu tragenden Sujets. Von den Nationalsozialisten als Künstler verfemt, dazu seit 1941 mit Arbeitsverbot belegt, malt Nolde ab 1938 in Seebüll seine "Ungemalten Bilder", viele hundert kleine Aquarelle, die er nach 1945 als Ölbilder wieder aufgreift. In den letzten Lebensjahren entstehen vor allem Aquarelle mit Blumen- und Landschaftsmotiven aus der näheren Umgebung seines Hauses in Seebüll, wo Nolde 1956 stirbt. [KD].
Links unten signiert. Auf Japan. 35,1 x 47,9 cm (13,8 x 18,8 in), blattgroß.
Mit einer Fotoexpertise von Dr. Manfred Reuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, vom 15. August 2005.
PROVENIENZ: Privatsammlung Berlin.
AUSSTELLUNG: Emil Nolde. Weltsicht, Farbe, Phantasie, Stadthalle Balingen, 19.7.-7.9.2008, Abb. S. 127.
Am 7. August 1867 wird Emil Hansen im deutsch-dänischen Grenzland geboren. Den Namen seines Heimatortes Nolde nimmt er später als Künstlernamen an. Nach einer Lehre als Möbelzeichner und Holzschnitzer 1884-88 in Flensburg arbeitet er für verschiedene Möbelfabriken in München, Karlsruhe und Berlin. 1892 erhält Emil Nolde am Gewerbemuseum in St. Gallen eine Stellung als Lehrer für gewerbliches Zeichnen, die er bis 1898 innehat. Dort, wo zunächst vor allem Landschaftsaquarelle und Zeichnungen der Bergbauern entstehen, wird Nolde durch kleine farbige Zeichnungen der Schweizer Berge bekannt. Mit dem Entschluss, Maler zu werden, geht Nolde schließlich nach München, doch die Akademie unter Franz von Stuck lehnt ihn ab. Es folgt ein Studium an der privaten Malschule von Adolf Hölzel in Dachau und ab 1899 an der Académie Julian in Paris. 1900 mietet er ein Atelier in Kopenhagen und zieht 1903 auf die Insel Alsen. Durch die Auseinandersetzung mit den Neoimpressionisten Vincent van Gogh, Edvard Munch und James Ensor gelangt Nolde ab 1905 von seinem anfänglich romantischen Naturalismus zu einem eigenständigen Stil, in dem die Farbe eine wesentliche Rolle spielt; es entstehen farbintensive, leuchtende Blumenbilder. 1906 lernt Nolde während eines Aufenthaltes in Alsen die "Brücke"-Maler kennen, deren Gruppe er sich vorübergehend anschließt. In einer Reihe von Porträtstudien beginnt die Hinwendung zum Aquarell. Als Nolde 1909 in dieser Technik erstmalige Versuche auf nicht saugfähigem Papier unternimmt, dabei das Blattweiß in großen Teilen stehen lässt und auf eine Konturierung in der Gegenstandserfassung verzichtet, sind diese Neuerungen zukunftsweisend. 1910 wird Emil Nolde nach einer Kontroverse mit Max Liebermann aus der Berliner Sezession ausgeschlossen und gründet mit anderen zurückgewiesenen Künstlern die Neue Sezession, an deren Ausstellungen er bis 1912 teilnimmt. Weniger vom Berliner Großstadtleben, das er in einigen expressiven Bildern festhält, als vom Primitivismus fasziniert, malt Nolde Stillleben mit exotischen Figuren und Maskenbilder. Von einer Expedition nach Neu-Guinea 1913 bringt er reiches Studienmaterial mit, das er in zahlreichen Werken noch bis 1915 verarbeitet. Ab 1916 verbringt er den Sommer auf der Insel Föhr.
Mit seinen Marschlandschaften betritt Emil Nolde Neuland. Die Verwurzelung in der nordfriesischen Heimat bewegt ihn dazu, dort sesshaft zu werden und seine eigene Bildsprache zu verwirklichen. Die Weite der Marschlandschaft, die Noldes Wohnsitz umgibt, wird Ziel seiner Erkundungen und bleibt in ihrer kargen Strenge, allein beflügelt durch wetterbedingte Ereignisse, ein sprödes Sujet, das Nolde mit der ihm eigenen Emphase ausdeutet. Das Ergebnis sind überbordende Farbwelten, wie sie der Künstler empfindet und in seiner unnachahmlichen Aquarelltechnik zu Papier bringt. Nolde gibt damit einer Landschaft, die bar jeglicher optischer Exzesse einfach flach und graugrün ist, eine noch nie gekannte Farbigkeit. Es sind die wechselhaften Lichtstimmungen eines weiten Himmels, der keine Begrenzung kennt, die Nolde einfängt, um sie zu einer Symbiose von gesehener Naturnähe und gewollter Abstraktion zu vereinen. Nicht Realität ist gefragt, sondern Empfindung von Realität.
1928 lässt sich Nolde in Seebüll nieder. Der dort angelegte Garten wird zur unerschöpflichen Inspirationsquelle seiner Malerei, auch Küstenlandschaften und religiöse Szenen werden zu tragenden Sujets. Von den Nationalsozialisten als Künstler verfemt, dazu seit 1941 mit Arbeitsverbot belegt, malt Nolde ab 1938 in Seebüll seine "Ungemalten Bilder", viele hundert kleine Aquarelle, die er nach 1945 als Ölbilder wieder aufgreift. In den letzten Lebensjahren entstehen vor allem Aquarelle mit Blumen- und Landschaftsmotiven aus der näheren Umgebung seines Hauses in Seebüll, wo Nolde 1956 stirbt. [KD].
55
Emil Nolde
Marschlandschaft, 1920.
Aquarell
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