25
Hermann Max Pechstein
Weib mit Inder auf Teppich (Vorderseite), Früchte II (Rückseite), 1910.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 800.000 Ergebnis:
€ 3.480.000 (inkl. Käuferaufgeld)
Öl auf Leinwand, beidseitig bemalt.
Soika 1910/3 und 1910/54. Verso das Stillleben "Früchte II" rechts unten monogrammiert (ligiert) und datiert. 71,5 x 82,5 cm (28,1 x 32,4 in).
Im Werkverzeichnis von Aya Soika sind die beiden Gemäldeseiten betitelt als "Früchte" und "Inder und Frauenakt". Frau Soika bezeichnete unsere Arbeit als die beste Qualität Pechsteins und verweist darauf, dass das Stillleben wohl unter dem unmittelbaren Eindruck der Cézanne-Ausstellung in der Galerie Paul Cassirer, Berlin 1909, entstanden sein dürfte, die Pechstein gemeinsam mit Kirchner und Schmidt-Rottluff besucht hat.
Das Gemälde stammt aus einer Serie von "Inder"-Darstellungen, insgesamt wohl 5: das vorliegende, 2 sind verschollen und 2 sind im St. Louis Art Museum in den USA aus dem Besitz Dr. Karl Lilienfeld, der ca 40 Pechstein-Gemälde nach seiner Emigration in die USA mitgenommen hat.
Bei dem weiblichen Akt handelt es sich um Charlotte Kaprolat, die spätere Frau Max Pechsteins. Der Inder ist leider unbekannt, er wurde zu der Zeit für die Serie ins Atelier in die Durlacher Strasse, Berlin Friedenau eingeladen.
Die handgeschnitzte und bemalte Fruchtschale links unten taucht auf den Gemälden "Orangen" (Soika 1909/5) und "Inder, hockend" (Soika 1910/55) auf.
Pechstein hat sehr viele Gemälde übermalt, bzw. beidseitig bemalt.
1910 war seine finanzielle Situation äußerst schlecht und man kann davon ausgehen, dass er aus Leinwandnot auch das vorliegende Werk beidseitig bemalt hat. So war auch auf der Seite mit der Arbeit "Weib mit Inder auf Teppich" ursprünglich in der Mitte ein weißes Feld aufgetragen, mit der Adresse Max Pechsteins und einem Preisvermerk. [KD/EH].
PROVENIENZ: 1920er Jahre bis 1986 Privatsammlung Bayern.
Privatsammlung Süddeutschland.
AUSSTELLUNG: Max Pechstein. Sonderausstellung der Galerie Ernst Arnold, November - Dezember 1919, wohl Nr. 8, dort unter dem Titel "Äpfel und Spiegel", o. Abb.
August-Ausstellung der Expressionisten, Gesellschaft für bildende Künste, Amsterdam, Städtisches Ausstellungsgebäude, Scheveningen, August 1920, wohl Nr. 31, dort unter dem Titel "Tisch am Spiegel, 1910", o. Abb.
Max Pechstein. Eine Ausstellung des Kreises Unna, Schloß Cappenberg 1989, unnummeriert. Verzeichnis der ausgestellten Werke S. 191 (mit Farbabb. S. 53 und 69).
Figures du moderne. L’Expressionisme en Allemagne 1905 – 1914, Dresden, Munich, Berlin, Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris 18.11.1992–14.3.1993, Nr. 100, Farbabb. S. 134.
Max Pechstein. Sein malerisches Werk, Brücke Museum Berlin, 22.9.1996-1.1.1997 / Kunsthalle Tübingen, 11.1.-6.4.1997 / Kunsthalle zu Kiel, 20.4.-15.6.1997, Kat.Nr. 47 (mit Farbabb.).
Brücke. Die Geburt des deutschen Expressionismus, Museo Thyssen-Bornemisza, Fundación Caja Madrid, 1.2.2005-15.5.2005, Kat.Nr. 125 (mit Farbabb. S. 223) und Brücke-Museum, Berlin, 1.10.2005-15.1.2006, Kat.Nr. 134 (mit Farbabb. S. 259).
LITERATUR: Expressionisme Allemand, Musées Beaux-Arts, Paris hors serie, 1993, Abb. S. 6.
Barbara Lülf, Die Suche nach dem Ursprünglichen, Max Pechstein und Palau, in: Magdalena M. Moeller (Hrsg), Max Pechstein, Sein malerisches Werk, Ausst.Kat. München 1996, S. 83.
Janina Dahlmanns, Primitivismus, in: Magdalena M. Moeller und Javier Arnaldo (Hrsg.), Brücke. Die Geburt des deutschen Expressionismus, Ausst.Kat. Brücke-Museum Berlin, München 2005, S. 253.
Die Künstler der "Brücke" sehen in der Kunst der „Primitiven“ - der Begriff steht hier für eine Kunst der Naturvölker außerhalb des westeuropäischen Kulturkreises - eine reine und von einer "Hochkultur" unbeeinflusste Kunstäußerung. Sie empfinden das Fremde, das durch die zunehmende Kolonialisierung näher gerückt ist, als Befreiung von den Zwängen einer tradierten Kultur. Die unverkrampfte Sicht der Dinge, die den „Brücke“-Künstlern zu eigen ist, ist ein heilsamer Schock, der die Kunst am Beginn der Moderne beflügeln wird. Der nackte Körper, bis dahin immer in eine erzählende Umgebung eingebettet, wird nun in einer Direktheit geschildert, die das Unharmonische mit einschließt. Dem kraftvoll selbstbewussten Inder in unserer Darstellung wird ein weich gelagerter weiblicher Akt zugesellt, dessen gelb-grünliches Inkarnat einen bewussten Gegensatz zu der rotbraunen Haut des sitzenden Mannes bildet. Eine ursinnliche Erotik bestimmt die an sich zwanglose Gestaltung des Zueinanders. Die Gestalt des Inders ist in einer Tuschpinselzeichung aus dem Jahre 1910 skizziert (heute Nationalgalerie, Berlin), deren zeitliche Einordnung wohl anhand des Gemäldes erfolgte. Hier erfasst Pechstein in kraftvoller Linearität bereits das Wesentliche der Gestalt: Ein markanter Kopf in selbstbewusster Haltung zeugt von einer gewandelten Einstellung gegenüber dem Fremdländischen, das sich in unserer Komposition als das signalgebend entscheidende Element erweist. Das Gemälde entsteht in einer Zeit elementarer Schaffenskraft, die als die beste im Gesamtschaffen des Künstlers angesehen wird. Selbst der dem Werk von Max Pechstein kritisch gegenüberstehende Lothar-Günther Buchheim schreibt über das Jahr, in dem "Weib mit Inder auf Teppich" entstanden ist: "Das Jahr 1910 bildet einen Höhepunkt in Pechsteins Schaffen. Es entstehen Bilder, die deshalb vollkommen wirken, weil Absicht, Temperament und aufgewendete Mittel in rechtem Verhältnis zueinander stehen. Sinnlichkeit und ein überschäumendes Lebensgefühl drücken sich in ihnen auf verständliche Weise aus. [..]" (Lothar-Günther Buchheim, Die Künstlergemeinschaft Brücke, Feldafing 1956, S. 296). Auch unser Stillleben zeigt die bahnbrechende Entwicklung zur Straffung der Komposition und einer stringenten Farbaussage, die Pechstein gerade im Jahr der Entstehung unseres Bildes durchlebt. Max Pechstein zeigt 1909 auf der Frühlingsausstellung der Berliner Sezession drei Gemälde, von denen zwei verkauft werden: ein Stillleben und eine Landschaft. Wohl aus diesem Grund wendet er sich weiterhin diesen Sujets zu. Dies erklärt wohl auch, warum in unserer beidseitig bemalten Leinwand Pechstein dem Stillleben den Vorzug gibt, indem er es signiert und datiert. [KD].
Soika 1910/3 und 1910/54. Verso das Stillleben "Früchte II" rechts unten monogrammiert (ligiert) und datiert. 71,5 x 82,5 cm (28,1 x 32,4 in).
Im Werkverzeichnis von Aya Soika sind die beiden Gemäldeseiten betitelt als "Früchte" und "Inder und Frauenakt". Frau Soika bezeichnete unsere Arbeit als die beste Qualität Pechsteins und verweist darauf, dass das Stillleben wohl unter dem unmittelbaren Eindruck der Cézanne-Ausstellung in der Galerie Paul Cassirer, Berlin 1909, entstanden sein dürfte, die Pechstein gemeinsam mit Kirchner und Schmidt-Rottluff besucht hat.
Das Gemälde stammt aus einer Serie von "Inder"-Darstellungen, insgesamt wohl 5: das vorliegende, 2 sind verschollen und 2 sind im St. Louis Art Museum in den USA aus dem Besitz Dr. Karl Lilienfeld, der ca 40 Pechstein-Gemälde nach seiner Emigration in die USA mitgenommen hat.
Bei dem weiblichen Akt handelt es sich um Charlotte Kaprolat, die spätere Frau Max Pechsteins. Der Inder ist leider unbekannt, er wurde zu der Zeit für die Serie ins Atelier in die Durlacher Strasse, Berlin Friedenau eingeladen.
Die handgeschnitzte und bemalte Fruchtschale links unten taucht auf den Gemälden "Orangen" (Soika 1909/5) und "Inder, hockend" (Soika 1910/55) auf.
Pechstein hat sehr viele Gemälde übermalt, bzw. beidseitig bemalt.
1910 war seine finanzielle Situation äußerst schlecht und man kann davon ausgehen, dass er aus Leinwandnot auch das vorliegende Werk beidseitig bemalt hat. So war auch auf der Seite mit der Arbeit "Weib mit Inder auf Teppich" ursprünglich in der Mitte ein weißes Feld aufgetragen, mit der Adresse Max Pechsteins und einem Preisvermerk. [KD/EH].
PROVENIENZ: 1920er Jahre bis 1986 Privatsammlung Bayern.
Privatsammlung Süddeutschland.
AUSSTELLUNG: Max Pechstein. Sonderausstellung der Galerie Ernst Arnold, November - Dezember 1919, wohl Nr. 8, dort unter dem Titel "Äpfel und Spiegel", o. Abb.
August-Ausstellung der Expressionisten, Gesellschaft für bildende Künste, Amsterdam, Städtisches Ausstellungsgebäude, Scheveningen, August 1920, wohl Nr. 31, dort unter dem Titel "Tisch am Spiegel, 1910", o. Abb.
Max Pechstein. Eine Ausstellung des Kreises Unna, Schloß Cappenberg 1989, unnummeriert. Verzeichnis der ausgestellten Werke S. 191 (mit Farbabb. S. 53 und 69).
Figures du moderne. L’Expressionisme en Allemagne 1905 – 1914, Dresden, Munich, Berlin, Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris 18.11.1992–14.3.1993, Nr. 100, Farbabb. S. 134.
Max Pechstein. Sein malerisches Werk, Brücke Museum Berlin, 22.9.1996-1.1.1997 / Kunsthalle Tübingen, 11.1.-6.4.1997 / Kunsthalle zu Kiel, 20.4.-15.6.1997, Kat.Nr. 47 (mit Farbabb.).
Brücke. Die Geburt des deutschen Expressionismus, Museo Thyssen-Bornemisza, Fundación Caja Madrid, 1.2.2005-15.5.2005, Kat.Nr. 125 (mit Farbabb. S. 223) und Brücke-Museum, Berlin, 1.10.2005-15.1.2006, Kat.Nr. 134 (mit Farbabb. S. 259).
LITERATUR: Expressionisme Allemand, Musées Beaux-Arts, Paris hors serie, 1993, Abb. S. 6.
Barbara Lülf, Die Suche nach dem Ursprünglichen, Max Pechstein und Palau, in: Magdalena M. Moeller (Hrsg), Max Pechstein, Sein malerisches Werk, Ausst.Kat. München 1996, S. 83.
Janina Dahlmanns, Primitivismus, in: Magdalena M. Moeller und Javier Arnaldo (Hrsg.), Brücke. Die Geburt des deutschen Expressionismus, Ausst.Kat. Brücke-Museum Berlin, München 2005, S. 253.
Die Künstler der "Brücke" sehen in der Kunst der „Primitiven“ - der Begriff steht hier für eine Kunst der Naturvölker außerhalb des westeuropäischen Kulturkreises - eine reine und von einer "Hochkultur" unbeeinflusste Kunstäußerung. Sie empfinden das Fremde, das durch die zunehmende Kolonialisierung näher gerückt ist, als Befreiung von den Zwängen einer tradierten Kultur. Die unverkrampfte Sicht der Dinge, die den „Brücke“-Künstlern zu eigen ist, ist ein heilsamer Schock, der die Kunst am Beginn der Moderne beflügeln wird. Der nackte Körper, bis dahin immer in eine erzählende Umgebung eingebettet, wird nun in einer Direktheit geschildert, die das Unharmonische mit einschließt. Dem kraftvoll selbstbewussten Inder in unserer Darstellung wird ein weich gelagerter weiblicher Akt zugesellt, dessen gelb-grünliches Inkarnat einen bewussten Gegensatz zu der rotbraunen Haut des sitzenden Mannes bildet. Eine ursinnliche Erotik bestimmt die an sich zwanglose Gestaltung des Zueinanders. Die Gestalt des Inders ist in einer Tuschpinselzeichung aus dem Jahre 1910 skizziert (heute Nationalgalerie, Berlin), deren zeitliche Einordnung wohl anhand des Gemäldes erfolgte. Hier erfasst Pechstein in kraftvoller Linearität bereits das Wesentliche der Gestalt: Ein markanter Kopf in selbstbewusster Haltung zeugt von einer gewandelten Einstellung gegenüber dem Fremdländischen, das sich in unserer Komposition als das signalgebend entscheidende Element erweist. Das Gemälde entsteht in einer Zeit elementarer Schaffenskraft, die als die beste im Gesamtschaffen des Künstlers angesehen wird. Selbst der dem Werk von Max Pechstein kritisch gegenüberstehende Lothar-Günther Buchheim schreibt über das Jahr, in dem "Weib mit Inder auf Teppich" entstanden ist: "Das Jahr 1910 bildet einen Höhepunkt in Pechsteins Schaffen. Es entstehen Bilder, die deshalb vollkommen wirken, weil Absicht, Temperament und aufgewendete Mittel in rechtem Verhältnis zueinander stehen. Sinnlichkeit und ein überschäumendes Lebensgefühl drücken sich in ihnen auf verständliche Weise aus. [..]" (Lothar-Günther Buchheim, Die Künstlergemeinschaft Brücke, Feldafing 1956, S. 296). Auch unser Stillleben zeigt die bahnbrechende Entwicklung zur Straffung der Komposition und einer stringenten Farbaussage, die Pechstein gerade im Jahr der Entstehung unseres Bildes durchlebt. Max Pechstein zeigt 1909 auf der Frühlingsausstellung der Berliner Sezession drei Gemälde, von denen zwei verkauft werden: ein Stillleben und eine Landschaft. Wohl aus diesem Grund wendet er sich weiterhin diesen Sujets zu. Dies erklärt wohl auch, warum in unserer beidseitig bemalten Leinwand Pechstein dem Stillleben den Vorzug gibt, indem er es signiert und datiert. [KD].
25
Hermann Max Pechstein
Weib mit Inder auf Teppich (Vorderseite), Früchte II (Rückseite), 1910.
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