Auktion: 386 / Moderne Kunst am 10.12.2011 in München Lot 93

 
Karl Hofer - Mädchen mit Laute


93
Karl Hofer
Mädchen mit Laute, 1937.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 140.000
Ergebnis:
€ 250.100

(inkl. Käuferaufgeld)
Öl auf Leinwand.
Wohlert 1312. Rechts unten monogrammiert (ligiert) und datiert. 99 x 70,3 cm (38,9 x 27,6 in).
Auf dem Keilrahmen mit kleinem Aufkleber mit gestempelter Nummer sowie handschriftlich bezeichnet "Fille à la Guitarre".

PROVENIENZ: Nierendorf Gallery, New York (auf dem Keilrahmen mit dem Galerieetikett).
Mrs. Henry Potter Russell, Burlingame.
Privatbesitz Carmel/Californien (vor 1951).
Privatsammlung USA.

AUSSTELLUNG: Contemporary Art. Golden Gate International Exposition, San Francisco, 18.2.-2.12.1939, S. 8, Nr. 22 (mit Abb. S. 13).
Tenth Anniversary, San Francisco Museum of Art, 1945 (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
15th Anniversary. Modern Masterpieces, San Francisco Museum of Art, 1950 (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
Selected European Masters, San Francicso Museum of Art, 1950 (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).

LITERATUR: Cream of Contemporary Europe's Art. Exhibited at Golden Gate Fair, in: The Art Digest 13 1938/39, Nr. 12, S. 37 (mit Abb.).

Karl Hofer wird 1878 in Karlsruhe als Sohn eines Militärmusikers geboren. Nach einer kaufmännischen Lehre in der Hofbuchhandlung von C.F. Müller beginnt er 1897 ein Studium an der Großherzoglich Badischen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe. Bis 1901 ist Hofer Schüler von Robert Poetzelberger, Leo von Kalckreuth und Hans Thoma - Lehrer, von denen er wenig Anregung für sein ambitioniertes "Kunstwollen" erhält. Als Suchender gerät er unter den Einfluss Arnold Böcklins. Im Jahr 1900 bricht Hofer zu einer Studienreise nach Paris auf, wo er die naive Malerei Henri Rousseaus kennenlernt, die ihn besonders beeindruckt. Der Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe erschließt ihm nicht nur sehenswerte Pariser Privatsammlungen, sondern macht ihn auch auf Hans von Marées aufmerksam, sodass Hofer sich 1903 entschließt, für einige Jahre nach Rom zu gehen. Seine bis dahin vom Symbolismus in der Nachfolge Böcklins geprägte Malerei verändert sich nun zugunsten einer klassisch-arkadischen Auffassung im Stil Marées. 1904 präsentiert das Kunsthaus Zürich innerhalb der "Ausstellung moderner Kunstwerke" die erste Einzelausstellung Karl Hofers, die danach in erweiterter Form in der Karlsruher Kunsthalle, im Folkwang-Museum in Hagen und 1906 in Weimar gezeigt wird. Ab 1908 lebt Hofer zeitweise in Paris; der dortige Aufenthalt mit der Verarbeitung der Einflüsse Cézannes, der französischen Impressionisten und El Grecos verändern seinen Stil. 1913 übersiedelt der Künstler nach Berlin. Im folgenden Jahr wird Hofer in Frankreich interniert und kehrt erst 1917 nach Deutschland zurück. 1921 nimmt er eine Professur an der Kunstschule in Berlin-Charlottenburg an. Zum 50. Geburtstag findet 1928 eine große Retrospektive in der Kunsthalle Mannheim, der Berliner Secession und in der Berliner Galerie von Alfred Flechtheim statt. Während des Dritten Reiches wird Hofers Kunst als "entartet" diffamiert, 1933/34 ist er vom Dienst suspendiert und seine Arbeiten werden 1937 in der Münchner Ausstellung "Entartete Kunst" gezeigt.

Karl Hofer hat drei Fassungen dieses Sujets gemalt, die, obwohl von gleicher Komposition, unterschiedlicher nicht sein könnten. Eine vierte Version, ebenfalls von 1933, verändert das Thema durch seine Raumanordnung mit einem Fenster im Hintergrund (Wohlert 1014). Die beiden früheren motivgleichen Werke von 1932 und 1933 (Wohlert 981 und 1013) zeigen, dass Hofers Arbeiten in dieser Zeit einer formalen Struktur unterliegen, die in der späteren Fassung von 1937 kaum mehr verfolgt wird. Sie wird zugunsten einer verinnerlichten Sichtweise aufgegeben, die Hofer fortan verfolgen wird. Während die klar definierte Komposition in den beiden frühen Bildern vom Anfang der dreißiger Jahre das Bildgeschehen bestimmt, kann in dem späteren Werk ein Zug zum Lyrischen herausgelesen werden, der dem Thema zugute kommt. Die Präsentationshaltung der Laute ist geblieben, doch der träumerisch-versonnene Blick des Mädchens unterlegt der Komposition eine zusätzliche Stimmungsnote, die in den vorangegangen Werken kaum nachzuvollziehen ist. Die Formen sind weicher, die Gesamtauffassung malerischer. Exemplarisch hat Carl Hofer hier ein Thema variiert, das in seiner geschlossenen Gestaltung ganz dem Hoferschen Figurenkanon entspricht, dessen Vorbilder u.a. auch Bezüge zur Malerei der italienischen Renaissance aufweisen.

Bis zu seinem Tod im Jahr 1955 lebt Hofer in Berlin und bekleidet das Amt des Direktors an der Hochschule für Bildende Künste. [KD].




93
Karl Hofer
Mädchen mit Laute, 1937.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 140.000
Ergebnis:
€ 250.100

(inkl. Käuferaufgeld)