55
Anita Rée
Weiblicher Halbakt, 1930.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 30.000 Ergebnis:
€ 31.250 (inkl. Käuferaufgeld)
Öl auf Leinwand
84 x 56 cm (33 x 22 in)
Wir danken Frau Dr. Maike Bruhns, Hamburg, für die wissenschaftliche Beratung. Die Arbeit ist in dem von ihr geführten Werkverzeichnis unter der Nummer 132 a gelistet.
PROVENIENZ: Privatsammlung USA.
Geboren 1885 in Hamburg wächst Anita Clara Rée in der kultivierten Atmosphäre großbürgerlichen, liberalen Judentums auf. Sie wird aber protestantisch erzogen und genießt eine gute Ausbildung. 1903 entsteht ein Skizzenbuch mit 46, hauptsächlich figürlichen Studien, bei denen ein deutlicher Einfluss von Munch und Liebermann ersichtlich ist. 1905 wird sie Schülerin bei Arthur Siebelist, einem Autodidakten des Kreises der Hamburger Freilichtmaler, und arbeitet weiter an der Entwicklung ihres individuellen Stils. Im Januar 1906 trifft sich Rée mit Liebermann in Berlin; es gelingt ihrem großen Vorbild, ihre Selbstzweifel und Sorgen über ihr künstlerisches Talent zu zerstreuen. Sie will mehr als eine dilettierende höhere Tochter werden, sie will eine professionelle Ausbildung und gerät zeit- und milieubedingt immer wieder in Konflikt mit ihrer Umwelt. Rée bemüht sich um Privatunterricht bei Wilhelm Trübner, Karlsruhe, und Leo von König, Berlin, schließt sich dann aber Franz Nölken an, mit dem sie sich 1910 und 1911 ein Atelier in Hamburg teilt. Im Winter 1912/13 hält sich Anita Rée in Paris auf und nimmt Unterricht bei Fernand Léger. 1913 nimmt sie an einer Ausstellung bei der Galerie Commeter in Hamburg teil und gehört von da an der Hamburger Avantgarde an. Anita Rée verkehrt in den besten Hamburger Kreisen und erlangt in den folgenden Jahren immer mehr Anerkennung durch ihre Porträts. Während der Kriegszeit 1914-18 beschäftigt sich die Künstlerin erstmalig mit biblischen Themen. 1919 ist Rée Gründungsmitglied der Hamburgischen Sezession, gehört zur Leitung und Jury der ersten Ausstellung im Dezember 1919 und nimmt auch an weiteren Ausstellungen teil. Die Kritiken an Rées Werken sind durchweg positiv. 1922-25 lebt Rée hauptsächlich in Positano an der italienischen Amalfiküste und kehrt nur für Ausstellungen nach Hamburg zurück. Es entwickelt sich eine frühe Form der Neuen Sachlichkeit in ihren Werken. Dies ist auch für ihre späteren Bilder und Zeichnungen maßgeblich. Ab 1926 lebt Rée wieder in Hamburg, es folgt eine rege Ausstellungsbeteiligung, aber auch schlechtere Kritiken und die Zurückweisung eines Gemäldes zur Ausstellung "Hamburger Kunst" im August 1927. Anita Rée sondert sich immer mehr von den Künstlern der Sezession ab.
"Sie wurde eine Malerin der Frauen- und Mädchenschönheiten, deren Bilder, Zeugnisse eines unablässigen Schaffens von hoher Qualität, individuell auf die jeweils abgebildete Persönlichkeit abgestimmt waren und einen hohen Grad von Einfühlungsvermögen, Zuneigung oder sogar Zärtlichkeit für das Modell zeigen. Menschenkenntnis, ästhetische Ansprüche und emotionale Identifikation kamen hier nicht selten zu einem glücklichen Konsens." (Maike Bruhns, Anita Rée. Leben und Werk einer Hamburger Malerin 1885 - 1933, Hamburg 1986, S. 123). In ihren Frauenporträts zeigt Anita Rée das Weibliche in den unterschiedlichsten Facetten, vom schüchteren Mädchen bis hin zur modernen Frau des frühen 20. Jahrhunderts. Ihre Frauenfiguren sind vielschichtige Persönlichkeiten. So posiert unsere Dargestellte auf der einen Seite recht selbstbewusst in ihrer Nacktheit, hat gleichzeitig aber die Augen niedergeschlagen und spielt scheinbar verlegen mit ihrem Haar. Die von der Künstlerin in dieser Zeit gerne verwendeten Blumenattribute treten hier in den Hintergrund und sind eher Kulisse. In ihrer sinnlichen Natürlichkeit und der üppigen Vegetation, die sie umrankt, ruft sie beim Betrachter Assoziationen an Eva und das Paradies hervor.
1929 und 1931 führt sie Wandbilder in zwei Schulen aus, von denen nur das Wandbild "Orpheus mit den Tieren" in der heutigen Schule des Hamburg Balletts erhalten ist. Im Jahr 1930 bekommt Rée den Auftrag zur Erstellung des Ansgar-Triptychons für den Neubau der St. Ansgar-Kirche in Hamburg-Langenhorn. Die Gemeinde ist jedoch nicht mit ihren Entwürfen einverstanden, 1932 wird der Auftrag aus "kultischen Bedenken" endgültig zurückgezogen. Daraufhin verlässt Anita Rée Hamburg und zieht nach Sylt. 1933 wird sie von der Hamburgischen Künstlerschaft als "artfremdes Mitglied" diffamiert und ausgeschlossen. Die Künstlerin wählt vereinsamt und schockiert über die herrschenden politischen Verhältnisse am 12. Dezember 1933 den Freitod. [SM].
84 x 56 cm (33 x 22 in)
Wir danken Frau Dr. Maike Bruhns, Hamburg, für die wissenschaftliche Beratung. Die Arbeit ist in dem von ihr geführten Werkverzeichnis unter der Nummer 132 a gelistet.
PROVENIENZ: Privatsammlung USA.
Geboren 1885 in Hamburg wächst Anita Clara Rée in der kultivierten Atmosphäre großbürgerlichen, liberalen Judentums auf. Sie wird aber protestantisch erzogen und genießt eine gute Ausbildung. 1903 entsteht ein Skizzenbuch mit 46, hauptsächlich figürlichen Studien, bei denen ein deutlicher Einfluss von Munch und Liebermann ersichtlich ist. 1905 wird sie Schülerin bei Arthur Siebelist, einem Autodidakten des Kreises der Hamburger Freilichtmaler, und arbeitet weiter an der Entwicklung ihres individuellen Stils. Im Januar 1906 trifft sich Rée mit Liebermann in Berlin; es gelingt ihrem großen Vorbild, ihre Selbstzweifel und Sorgen über ihr künstlerisches Talent zu zerstreuen. Sie will mehr als eine dilettierende höhere Tochter werden, sie will eine professionelle Ausbildung und gerät zeit- und milieubedingt immer wieder in Konflikt mit ihrer Umwelt. Rée bemüht sich um Privatunterricht bei Wilhelm Trübner, Karlsruhe, und Leo von König, Berlin, schließt sich dann aber Franz Nölken an, mit dem sie sich 1910 und 1911 ein Atelier in Hamburg teilt. Im Winter 1912/13 hält sich Anita Rée in Paris auf und nimmt Unterricht bei Fernand Léger. 1913 nimmt sie an einer Ausstellung bei der Galerie Commeter in Hamburg teil und gehört von da an der Hamburger Avantgarde an. Anita Rée verkehrt in den besten Hamburger Kreisen und erlangt in den folgenden Jahren immer mehr Anerkennung durch ihre Porträts. Während der Kriegszeit 1914-18 beschäftigt sich die Künstlerin erstmalig mit biblischen Themen. 1919 ist Rée Gründungsmitglied der Hamburgischen Sezession, gehört zur Leitung und Jury der ersten Ausstellung im Dezember 1919 und nimmt auch an weiteren Ausstellungen teil. Die Kritiken an Rées Werken sind durchweg positiv. 1922-25 lebt Rée hauptsächlich in Positano an der italienischen Amalfiküste und kehrt nur für Ausstellungen nach Hamburg zurück. Es entwickelt sich eine frühe Form der Neuen Sachlichkeit in ihren Werken. Dies ist auch für ihre späteren Bilder und Zeichnungen maßgeblich. Ab 1926 lebt Rée wieder in Hamburg, es folgt eine rege Ausstellungsbeteiligung, aber auch schlechtere Kritiken und die Zurückweisung eines Gemäldes zur Ausstellung "Hamburger Kunst" im August 1927. Anita Rée sondert sich immer mehr von den Künstlern der Sezession ab.
"Sie wurde eine Malerin der Frauen- und Mädchenschönheiten, deren Bilder, Zeugnisse eines unablässigen Schaffens von hoher Qualität, individuell auf die jeweils abgebildete Persönlichkeit abgestimmt waren und einen hohen Grad von Einfühlungsvermögen, Zuneigung oder sogar Zärtlichkeit für das Modell zeigen. Menschenkenntnis, ästhetische Ansprüche und emotionale Identifikation kamen hier nicht selten zu einem glücklichen Konsens." (Maike Bruhns, Anita Rée. Leben und Werk einer Hamburger Malerin 1885 - 1933, Hamburg 1986, S. 123). In ihren Frauenporträts zeigt Anita Rée das Weibliche in den unterschiedlichsten Facetten, vom schüchteren Mädchen bis hin zur modernen Frau des frühen 20. Jahrhunderts. Ihre Frauenfiguren sind vielschichtige Persönlichkeiten. So posiert unsere Dargestellte auf der einen Seite recht selbstbewusst in ihrer Nacktheit, hat gleichzeitig aber die Augen niedergeschlagen und spielt scheinbar verlegen mit ihrem Haar. Die von der Künstlerin in dieser Zeit gerne verwendeten Blumenattribute treten hier in den Hintergrund und sind eher Kulisse. In ihrer sinnlichen Natürlichkeit und der üppigen Vegetation, die sie umrankt, ruft sie beim Betrachter Assoziationen an Eva und das Paradies hervor.
1929 und 1931 führt sie Wandbilder in zwei Schulen aus, von denen nur das Wandbild "Orpheus mit den Tieren" in der heutigen Schule des Hamburg Balletts erhalten ist. Im Jahr 1930 bekommt Rée den Auftrag zur Erstellung des Ansgar-Triptychons für den Neubau der St. Ansgar-Kirche in Hamburg-Langenhorn. Die Gemeinde ist jedoch nicht mit ihren Entwürfen einverstanden, 1932 wird der Auftrag aus "kultischen Bedenken" endgültig zurückgezogen. Daraufhin verlässt Anita Rée Hamburg und zieht nach Sylt. 1933 wird sie von der Hamburgischen Künstlerschaft als "artfremdes Mitglied" diffamiert und ausgeschlossen. Die Künstlerin wählt vereinsamt und schockiert über die herrschenden politischen Verhältnisse am 12. Dezember 1933 den Freitod. [SM].
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Weiblicher Halbakt, 1930.
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