Auktion: 380 / Moderne Kunst am 04.06.2011 in München Lot 20

 
Hermann Max Pechstein - Zwei Mädchen in der Hängematte VIII (mit sitzendem männlichen Akt)


20
Hermann Max Pechstein
Zwei Mädchen in der Hängematte VIII (mit sitzendem männlichen Akt), 1910.
Aquarell
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 164.700

(inkl. Käuferaufgeld)
Aquarell, Fettkreide und Tuschpinsel
Rechts unten monogrammiert und datiert. Verso auf dem beiliegenden Unterlagekarton signiert und betitelt "Die Hängematte". Auf festem Velin. 35 x 45 cm (13,7 x 17,7 in), blattgroß

Wir danken Herrn Alexander Pechstein für die freundliche Beratung.

PROVENIENZ: Galerie Gerda Bassenge, Berlin, Auktion 49, Mai 1987, Kat.Nr. 5872.
Privatsammlung.

LITERATUR: Vgl. die sehr ähnlichen Motive aus dem gleichen Jahr bei Jürgen Schilling, Max Pechstein, Ausst.Kat. Schloss Cappenberg, Unna 1989, "Zwei Mädchen in der Hängematte" und "Zwei Mädchen in der Hängematte mit stehendem Akt" (mit Abb. S. 116).

Schon früh wird das künstlerische Talent Max Pechsteins erkannt und gefördert. Sein Werdegang, erst als Lehrling bei einem Zwickauer Malermeister, dann in der Dresdner Kunstgewerbeschule und schließlich an der dortigen Akademie bei dem Dekorationsmaler Otto Gußmann, verhilft Pechstein zu einem soliden handwerklichen Können. Als er 1906 für die Dresdner Kunstgewerbeausstellung ein Deckenbild in so unkonventioneller Farbigkeit malt, dass es der Auftraggeber durch graue Spritzer dämpfen lässt, wird Erich Heckel auf Pechstein aufmerksam und holt ihn schließlich in die ein Jahr zuvor gegründete Künstlervereinigung "Die Brücke", welche sich zum Ziel eine dem Impressionismus entgegengesetzte, aus der Kraft der Farbe kommende Malerei gesetzt hatte und "alle revolutionären und gärenden Kräfte an sich [..] ziehen wollte" (Schmidt-Rottluff). Im Umfeld der "Brücke"-Mitglieder entwickelt sich der expressionistische Stil Pechsteins nun weiter, wobei es sein Ziel ist, mit wohldosiertem Einsatz malerischer Mittel den motivischen Kernpunkt herauszuarbeiten. 1908 lässt sich Pechstein in Berlin nieder und wird dort zum Mitbegründer der Neuen Sezession.

In der stillen Abgeschiedenheit der Moritzburger Seen bei Dresden schaffen Max Pechstein und seine Malerfreunde Erich Heckel und Ernst Ludwig Kirchner Mitte Juli bis Mitte August 1910 eindringliche Werke, die in ihrer direkten Dichte von der Verbundenheit der Maler mit dem Leben in der freien Natur zeugen. Die ungezwungene Nacktheit ist Ausdruck einer Befreiung von inneren Zwängen, die auch sichtbar in die gestalterische Arbeit einfließt. Natur und Mensch bilden eine gesuchte Einheit, die sich dem Betrachter eindringlich vermittelt. Anders als im neunzehnten Jahrhundert, als die Natur in der Malerei ein romantisches Eigenleben führte, wird sie nun einem Gestaltungswillen unterworfen, der spontan Gedachtes in reduziert-expressive Formen bindet. Die Komposition in ihrer Ausgewogenheit und Formenstrenge ist geradezu ein Musterbeispiel für dieses Ringen um größtmögliche Konzentration der malerischen Mittel im Sinne einer Bildwirkung, die jeden Affekt vermeidet.

Pechstein schafft Figurenbilder, Stillleben und Landschaften in einem gemäßigt expressionistischen Stil, der zu dem frühen und langanhaltenden Erfolg des Künstlers führt. 1937 wird Hermann Max Pechstein als "entarteter Künstler" diffamiert. Ab 1945 dann lehrt er an der Berliner Akademie der Künste. Neben der Malerei entsteht im Bereich der Grafik ein Werk mit mehr als 850 Holzschnitten, Lithografien und Radierungen. [KD].




20
Hermann Max Pechstein
Zwei Mädchen in der Hängematte VIII (mit sitzendem männlichen Akt), 1910.
Aquarell
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 164.700

(inkl. Käuferaufgeld)