Auktion: 375 / Kunst nach 45 / Zeitgenössische Kunst am 04.12.2010 in München Lot 106

 
Gotthard Graubner - Kissenbild


106
Gotthard Graubner
Kissenbild, 1968.
Acryl
Schätzung:
€ 35.000
Ergebnis:
€ 52.460

(inkl. Käuferaufgeld)
Verdünntes Acryl auf Perlon, über Schaumstoffkissen gespannt. Auf Leinwand montiert
Verso signiert, datiert und bezeichnet sowie mit einem Richtungspfeil. 110,5 x 95 cm (43,5 x 37,4 in)

Gotthard Graubner wird am 13. Juni 1930 in Erlbach im Vogtland geboren. 1947-48 studiert er an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin, danach bis 1952 an der Kunstakademie in Dresden. Nach der Übersiedlung in den Westen setzt Graubner ab 1954 sein Kunststudium an der Kunstakademie in Düsseldorf fort. In den Jahren 1955-57 löst sich die Bildsprache Graubners von bis dahin verwendeten geometrischen Farbformen. Zunächst in Aquarellen, dann auch auf der Leinwand erprobt er Formen des Farbauftrags, die der vielfach aufgetragenen Farbe eine Priorität gegenüber ihrer Begrenzung in Formen und Bildrändern sichert. Anfang der sechziger Jahre verlegt sich Graubner auf die sogenannten "Kissenbilder". Nach einjähriger Tätigkeit als Kunsterzieher erhält Graubner 1965 einen Lehrauftrag an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg, wo er ab 1969 eine Professur für Malerei innehat. 1968 ist Graubner zum ersten Mal auf der documenta in Kassel zu sehen.

Graubner montiert unterschiedlich große und verschieden geformte Schaumstoffkissen auf eine auf Keilrahmen gespannte Leinwand. Durch das vorherige Tränken und Bemalen der Stoffkissen mittels mehrerer Lagen verdünnter Acrylfarben schafft Graubner eine fluktuierende, atmende Verdichtung. Anschließend überspannt er diese Kissen mit einem Perlongewebe, das er ebenfalls mit verdünnter Acrylfarbe in breiten Pinselstrichen großflächig bemalt. Er strebt auf diese Weise eine "Verräumlichung und Verkörperlichung" der Farbe an. In der hier vorliegenden Arbeit verwendet er noch einen verhaltenen Umbraton, in den späteren Werken werden die Farbtöne immer kräftiger, intensiver.

Zwischen 1968 und 1972 entstehenden die sog. "Nebelräume". 1970 ersetzt Graubner die älteren Werkbezeichnungen "Farbleib" bzw. "Kissenbild" durch "Farbraumkörper". Als er 1971 die BRD auf der Biennale in São Paulo vertritt, nutzt er die Gelegenheit zur Weiterreise nach Kolumbien, Peru und Mexiko. Weitere Studienreisen nach Indien und Nepal folgen. 1973 wird Graubner Mitglied der Akademie der Bildenden Künste in Berlin, 1976 erhält er eine Professur für freie Malerei an der Kunstakademie in Düsseldorf. Eine unvergessliche Werkschau findet 1980 in der Staatlichen Kunsthalle in Baden-Baden statt. Im bundesrepublikanischen Pavillon der Kunstbiennale von Venedig ist Gotthard Graubner 1982 mit einem fünfteiligen Farbraumkörper-Ensemble zu sehen. 1987 erhält der Künstler den August-Macke-Preis der Stadt Meschede, 1988 den Norddeutschen Kunstpreis. Im selben Jahr schafft Graubner für den Amtssitz des Bundespräsidenten in Berlin, Schloss Bellevue, zwei große Bilder. 2001/02 sind die Arbeiten des Otto-Ritschl-Preisträgers im Museum Wiesbaden ausgestellt. Graubner scheint in seinem Œuvre unbeeinflusst zu sein von den Entwicklungen der Gegenwartskunst: Das Eigenleben der Farbe zu entwickeln - befreit von dem Anspruch etwas anderes darstellen zu müssen als sich selbst - ist das große Thema der Kunst Gotthard Graubners. Vielmehr hat er den einmal eingeschlagenen Weg konsequent eingehalten. [DB].




106
Gotthard Graubner
Kissenbild, 1968.
Acryl
Schätzung:
€ 35.000
Ergebnis:
€ 52.460

(inkl. Käuferaufgeld)