15
Lea Grundig
In den Abgrund, 1943.
Tuschfederzeichnung
Schätzung:
€ 15.000 Ergebnis:
€ 34.160 (inkl. Käuferaufgeld)
Tuschfederzeichnung und Tuschpinselzeichnung
Rechts unten signiert und datiert. Rechts mittig schwer leserlich bezeichnet. Auf leichtem Karton. 45,3 x 60 cm (17,8 x 23,6 in), Blattgröße
Blatt 12 des Zyklus "Im Tal des Todes". Der Zyklus von 17 Handzeichnungen entstand zwischen 1942 und 1944 in Palästina als Reaktion auf die Judenverfolgung und deren Vernichtung, zunächst mit dem Titel "Deutschland - Ein Schlachthaus".
PROVENIENZ: Privatsammlung John Phillips, USA (Photojournalist für das Life Magazin, u.a. in den 1940er Jahren Kriegsberichterstattung aus Palästina).
Galerie St. Etienne, New York.
LITERATUR: In the Valley of Slaughter. Drawings by Leah Grundig, mit Versen von Schin Shalon, Tel Aviv 1944 (mit Abb.).
Im Tal des Todes. Zeichnungen von Lea Grundig, mit einer Einleitung und Texten von Kurt Liebmann, Dresden 1947.
Lea Langer wird am 23. März 1906 in Dresden als Tochter jüdischer Kaufleute geboren. Sie wächst in gutbürgerlichen Verhältnissen unter den strengen orthodox-religiösen Ansichten ihres Vaters auf. Gegen den Willen der Eltern studiert sie in Dresden an der Kunstgewerbeschule, an der von Edmund Kesting gegründeten privaten Kunstschule "Der Weg - Kunstschule für Gestaltung" und wird 1923 an der Dresdner Kunstakademie aufgenommen. Anschließend setzt Lea Langer ihr Studium in der Meisterklasse von Otto Gussmann fort, der auch Otto Griebel, Wilhelm Lachnit und ihr späterer Ehemann Hans Grundig angehören. Während ihres Studiums sieht sie im Kunstsalon von Emil Richter den 50-teiligen Radierzyklus "Der Krieg" von Otto Dix, der ein entscheidender Impuls in ihrem künstlerischen Schaffen wird. 1926 tritt sie zusammen mit Hans Grundig der KPD bei. Die Beziehung der beiden Künstler stößt auf großen familiären Widerstand und so führt die Eheschließung 1928 zum Bruch mit der Familie Langer. Für die jüdischstämmige Künstlerin mit kommunistischen Ansichten folgt 1935 das Arbeits- und Ausstellungsverbot. In den folgenden Jahren werden sie und ihr Mann mehrfach wegen Hochverrats verhaftet. Lea Grundig wird 1938 zu sechs Monaten Haft verurteilt. Später wird sie in ein Lager bei Bratislava in der Slowakei interniert, durch die Zahlung eines Lösegelds kommt sie frei und kann über Tulcea nach mehrmonatiger Irrfahrt nach Palästina fliehen. Wesentliche Arbeiten ihres bisherigen Werkes kann sie bei Freunden verstecken oder ins Ausland bringen lassen. In Palästina ist Lea Grundig im Lager Atlit interniert, wird aber 1942 als "staatenlos" entlassen und lebt bei ihrer Schwester in Haifa oder bei ihrem Vater in Tel Aviv. In Palästina entstehen die Zeichenzyklen "Im Tal des Todes" (bis 1944) und "Niemals wieder" (bis 1950).
Lea Grundigs künstlerische Arbeit ist stets geprägt von zeitgeschichtlichen Geschehnissen: Beschäftigt sie sich zunächst mit der sozialen Brisanz des Arbeiterlebens, dokumentiert sie etwas später die Schrecken der Judenverfolgung. Sie füllt ihre Figuren mit der Leidenschaft des Gefühls und der Unmittelbarkeit der emotionalen Aussage, sie prägt sie mit der Schärfe ihrer politischen Einsichten. Die Künstlerin nutzt jedes Blatt, um den Faschismus zu attackieren, um den Wahnsinn, die Dummheit und die Verblendung anzuprangern. "Ich wollte die Menschen so darstellen, daß man ihr Elend, ihre Leiden erkannte und zugleich Zorn darüber empfand." (Lea Grundig, Gesichte und Geschichte, Berlin 1958, S. 93). In ihren Werken verarbeitet sie die dramatischen Eindrücke ihrer Flucht und die entsetzlichen Bedingungen auf dem Schiff. Auf den wenig seetauglichen sogenannten Totenschiffen, wie der "Pacific", wurden die dem Holocaust entronnenen Juden unter Lebensgefahr nach Palästina gebracht. Auch unsere Arbeit ist wohl in diesem Zusammenhang entstanden. Eindringlich beschreibt sie uns die Enge und Panik der Menschen in einem undefinierten düsteren Raum. Lea Grundigs Lebenswerk gilt dem Menschen mit dem Ziel eines besseren Lebens. Sie steht gleichberechtigt neben der sozial engagierten und gestalterisch innovativen deutschen Künstlerin Käthe Kollwitz. Erstmalig wird eine Papierarbeit aus dieser Zeit und in dieser Qualität auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist eine Rückkehr nach Deutschland zunächst nicht möglich. Nach der Gründung Israels und der Vermittlung einflussreicher Freunde erhält Lea Grundig einen Pass und kann unter einigen Schwierigkeiten 1949 nach Dresden zurückkehren. Hans Grundig vermittelt ihr eine Professur an der HBK in Dresden, die sie 1950 antritt. Lea Grundig fertigt in den folgenden Jahren Landschaftszeichnungen und Porträts, arbeitet aber auch weiterhin an Radierungen mit politischen Inhalten. Auf einer Mittelmeer-Kreuzfahrt, bei der sie Israel besuchen möchte, verstirbt sie 1977. [SM].
Rechts unten signiert und datiert. Rechts mittig schwer leserlich bezeichnet. Auf leichtem Karton. 45,3 x 60 cm (17,8 x 23,6 in), Blattgröße
Blatt 12 des Zyklus "Im Tal des Todes". Der Zyklus von 17 Handzeichnungen entstand zwischen 1942 und 1944 in Palästina als Reaktion auf die Judenverfolgung und deren Vernichtung, zunächst mit dem Titel "Deutschland - Ein Schlachthaus".
PROVENIENZ: Privatsammlung John Phillips, USA (Photojournalist für das Life Magazin, u.a. in den 1940er Jahren Kriegsberichterstattung aus Palästina).
Galerie St. Etienne, New York.
LITERATUR: In the Valley of Slaughter. Drawings by Leah Grundig, mit Versen von Schin Shalon, Tel Aviv 1944 (mit Abb.).
Im Tal des Todes. Zeichnungen von Lea Grundig, mit einer Einleitung und Texten von Kurt Liebmann, Dresden 1947.
Lea Langer wird am 23. März 1906 in Dresden als Tochter jüdischer Kaufleute geboren. Sie wächst in gutbürgerlichen Verhältnissen unter den strengen orthodox-religiösen Ansichten ihres Vaters auf. Gegen den Willen der Eltern studiert sie in Dresden an der Kunstgewerbeschule, an der von Edmund Kesting gegründeten privaten Kunstschule "Der Weg - Kunstschule für Gestaltung" und wird 1923 an der Dresdner Kunstakademie aufgenommen. Anschließend setzt Lea Langer ihr Studium in der Meisterklasse von Otto Gussmann fort, der auch Otto Griebel, Wilhelm Lachnit und ihr späterer Ehemann Hans Grundig angehören. Während ihres Studiums sieht sie im Kunstsalon von Emil Richter den 50-teiligen Radierzyklus "Der Krieg" von Otto Dix, der ein entscheidender Impuls in ihrem künstlerischen Schaffen wird. 1926 tritt sie zusammen mit Hans Grundig der KPD bei. Die Beziehung der beiden Künstler stößt auf großen familiären Widerstand und so führt die Eheschließung 1928 zum Bruch mit der Familie Langer. Für die jüdischstämmige Künstlerin mit kommunistischen Ansichten folgt 1935 das Arbeits- und Ausstellungsverbot. In den folgenden Jahren werden sie und ihr Mann mehrfach wegen Hochverrats verhaftet. Lea Grundig wird 1938 zu sechs Monaten Haft verurteilt. Später wird sie in ein Lager bei Bratislava in der Slowakei interniert, durch die Zahlung eines Lösegelds kommt sie frei und kann über Tulcea nach mehrmonatiger Irrfahrt nach Palästina fliehen. Wesentliche Arbeiten ihres bisherigen Werkes kann sie bei Freunden verstecken oder ins Ausland bringen lassen. In Palästina ist Lea Grundig im Lager Atlit interniert, wird aber 1942 als "staatenlos" entlassen und lebt bei ihrer Schwester in Haifa oder bei ihrem Vater in Tel Aviv. In Palästina entstehen die Zeichenzyklen "Im Tal des Todes" (bis 1944) und "Niemals wieder" (bis 1950).
Lea Grundigs künstlerische Arbeit ist stets geprägt von zeitgeschichtlichen Geschehnissen: Beschäftigt sie sich zunächst mit der sozialen Brisanz des Arbeiterlebens, dokumentiert sie etwas später die Schrecken der Judenverfolgung. Sie füllt ihre Figuren mit der Leidenschaft des Gefühls und der Unmittelbarkeit der emotionalen Aussage, sie prägt sie mit der Schärfe ihrer politischen Einsichten. Die Künstlerin nutzt jedes Blatt, um den Faschismus zu attackieren, um den Wahnsinn, die Dummheit und die Verblendung anzuprangern. "Ich wollte die Menschen so darstellen, daß man ihr Elend, ihre Leiden erkannte und zugleich Zorn darüber empfand." (Lea Grundig, Gesichte und Geschichte, Berlin 1958, S. 93). In ihren Werken verarbeitet sie die dramatischen Eindrücke ihrer Flucht und die entsetzlichen Bedingungen auf dem Schiff. Auf den wenig seetauglichen sogenannten Totenschiffen, wie der "Pacific", wurden die dem Holocaust entronnenen Juden unter Lebensgefahr nach Palästina gebracht. Auch unsere Arbeit ist wohl in diesem Zusammenhang entstanden. Eindringlich beschreibt sie uns die Enge und Panik der Menschen in einem undefinierten düsteren Raum. Lea Grundigs Lebenswerk gilt dem Menschen mit dem Ziel eines besseren Lebens. Sie steht gleichberechtigt neben der sozial engagierten und gestalterisch innovativen deutschen Künstlerin Käthe Kollwitz. Erstmalig wird eine Papierarbeit aus dieser Zeit und in dieser Qualität auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist eine Rückkehr nach Deutschland zunächst nicht möglich. Nach der Gründung Israels und der Vermittlung einflussreicher Freunde erhält Lea Grundig einen Pass und kann unter einigen Schwierigkeiten 1949 nach Dresden zurückkehren. Hans Grundig vermittelt ihr eine Professur an der HBK in Dresden, die sie 1950 antritt. Lea Grundig fertigt in den folgenden Jahren Landschaftszeichnungen und Porträts, arbeitet aber auch weiterhin an Radierungen mit politischen Inhalten. Auf einer Mittelmeer-Kreuzfahrt, bei der sie Israel besuchen möchte, verstirbt sie 1977. [SM].
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