Auktion: 368 / Moderne Kunst am 12.06.2010 in München Lot 57

 
Karl Hofer - Italienisches Städtchen


57
Karl Hofer
Italienisches Städtchen, 1923.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 25.000
Ergebnis:
€ 36.600

(inkl. Käuferaufgeld)

Öl auf Leinwand
Wohlert 2907 (Nachtrag). Rechts unten monogrammiert "CH." (in Ligatur). Auf dem Keilrahmen von fremder Hand betitelt und mit Besitzvermerken. 47,5 x 70 cm (18,7 x 27,5 in)

Wir danken Herrn Karl Bernhard Wohlert, Karl-Hofer-Dokumentation, Dortmund, für die wissenschaftliche Beratung.

PROVENIENZ: Galerie Flechtheim (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
Sammlung Adolf Fischer, Düsseldorf.
Privatsammlung.

Karl Hofer wird am 11. Oktober 1878 in Karlsruhe als Sohn eines Militärmusikers geboren. Nach einer kaufmännischen Lehre in der Hofbuchhandlung von C.F. Müller beginnt er 1897 ein Studium an der Großherzoglich Badischen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe. Bis 1901 ist Hofer Schüler von Robert Poetzelberger, Leo von Kalckreuth und Hans Thoma - Lehrer, von denen er wenig Anregungen für sein ambitioniertes "Kunstwollen" erhält. Als Suchender gerät er unter den Einfluss Arnold Böcklins. Im Jahr 1900 bricht Hofer zu einer Studienreise nach Paris auf, wo er die naive Malerei Henri Rousseaus kennenlernt, die ihn besonders beeindruckt. Der Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe erschließt ihm nicht nur sehenswerte Pariser Privatsammlungen, sondern macht ihn auch auf Hans von Marées aufmerksam, so dass Hofer sich 1903 entschließt, für einige Jahre nach Rom zu gehen. Seine bis dahin vom Symbolismus in der Nachfolge Böcklins geprägte Malerei verändert sich nun zugunsten einer klassisch-arkadischen Auffassung im Stil Marées. 1904 präsentiert das Kunsthaus Zürich innerhalb der "Ausstellung moderner Kunstwerke" die erste Einzelausstellung Hofers, die danach in erweiterter Form in der Karlsruher Kunsthalle, im Folkwang-Museum in Hagen und 1906 in Weimar gezeigt wird. Ab 1908 lebt Hofer zeitweise in Paris; der dortige Aufenthalt mit der Verarbeitung der Einflüsse Cézannes, der französischen Impressionisten und El Grecos verändern seinen Stil. 1913 übersiedelt der Künstler nach Berlin. Im folgenden Jahr wird Hofer in Frankreich interniert und kehrt erst 1917 nach Deutschland zurück. 1921 nimmt er eine Professur an der Kunstschule in Berlin-Charlottenburg an.

Zwischen 1925 und 1939 verbringt Karl Hofer jeden Sommer im Tessin, einer Landschaft, der er sehr zugeneigt ist, weil sie für ihn "durchaus italienisch und dennoch völlig anders ist" (Karl Hofer, Aus Leben und Kunst, Berlin 1952, S. 14). Viele der Tessinansichten zeigen Landschaften von eigenwilligem Charakter, die sich in ihrer Verschlossenheit zunächst dem Betrachter zu entziehen scheinen und dessen ganze Aufmerksamkeit beanspruchen. Sie wirken in der gestaffelten Anordnung der Gebäude wie in sich geschlossene Lebenswelten, die jeden Zugang von außen verwehren. Dieser Eindruck wird, wie in unserem Bild, durch das Fehlen jeglicher Personenstaffage noch unterstrichen. Fast sollte man an imaginäre Landschaften denken, die Hofer einer Metapher ähnlich zitiert.

Zum 50. Geburtstag findet 1928 eine große Retrospektive in der Kunsthalle Mannheim, der "Berliner Secession" und in der Berliner Galerie von Alfred Flechtheim statt. Während des Dritten Reiches wird Hofers Kunst als "entartet" diffamiert, 1933/34 wird er vom Dienst suspendiert und seine Arbeiten 1937 in der Münchner Ausstellung "Entartete Kunst" gezeigt. Bis zu seinem Tod im Jahr 1955 lebt Hofer in Berlin und bekleidet das Amt des Direktors an der Hochschule für Bildende Künste. [KD].




57
Karl Hofer
Italienisches Städtchen, 1923.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 25.000
Ergebnis:
€ 36.600

(inkl. Käuferaufgeld)