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Lyonel Feininger
Masch. Brief mit Zeichn. (1951)
Schätzung:
€ 8.000 Ergebnis:
€ 15.600 (inkl. Käuferaufgeld)
Feininger, Lyonel, Maler und Graphiker, 1871-1956. Masch. Brief mit eigh. Grußformel u. U. sowie U. von seiner Frau Julia Feininger. Mit aquarellierter Orig.-Tuschfederzeichnung (ca. 11 : 21 cm). New York, 16. XII. 1951. 1 1/2 S. 4to.
Nachdenklich-resümierender Brief an den bedeutenden Sammler Otto Ralfs (1892-1955) und seine Frau Käthe.
"Es ist schon wieder Zeit, gute und herzliche Grüsse und Wünsche auszusenden, Weihnachten steht vor der Tür, ein Jahr ist schon wieder vergangen. --- und hier würde sich eine gute Gelegenheit bieten, Betrachtungen über die Lage in der sich die Weltgeschichte befindet, loszulassen, --- aber gerade das wollen wir nicht tun, denn das ganze Jahr lang hat man nichts anderes getan. Ho-hum! - Im Gegenteil, je mehr ich unter der Last der Jahre mich nicht beuge, destomehr suche ich aus der mir verbleibenden Spanne Zeit soviel Erfreuliches wie nur möglich herauszulesen --- auch wenn's schwer fällt. Das mögen die Kritiker 'eine Flucht vor der Wirklichkeit' nennen und dem Kunstschaffenden verargen. Aber was ist solches Schaffen weiter denn die Wirklichkeit vor dem Untergang retten zu wollen --- die Wirklichkeit wie sie sein könnte wenn man sich aus dem Druck der Alle umfassenden Trugschlüsse zu befreien entschlossen bemühte. - Liebe Freunde, ich denke oft an Sie alle; es ist Schicksal, durch die Jahre die ich d'rüben lebte, bestimmt und unveränderlich festgelegt, dass ich mein Leben geteilt führe und viel bei euch verweile. Es kann mir vielleicht 'verargt' werden dass ich so bin, doch sehe ich mich unendlich reich an Erinnerungen deren Einfluss heute noch voll und ganz mich im Bann halten. Allerdings ist dies ein Traum, und ich würde als Letzter ihn durch Wiedersehen zerstören wollen indem ich zurückkehrte; das kann man vielleicht auch als 'Flucht' bezeichnen; doch wie's in mir ausschaut vermag kein Anderer zu beurteilen. Es strömt mir grosse Kraft zu aus der Vergangenheit. - Wie ist es Ihnen in dem letzten Jahr ergangen? Ich will hoffen, dass Sie, lieber Herr Ralfs, mit der Zeit über Ihren grossen und tiefen Kummer hinwegkommen mögen, der der Verlust Ihrer Kunstschätze durch Bomben verursachte .."
Feininger lebte seit 1937 in New York, blieb aber mit seinem Herzen und einem großen Teil seiner Bildthemen in der ehemaligen Heimat verwurzelt. - Otto Ralfs, der seit den Zwanziger Jahren Moderne Kunst sammelte und die mit ihm befreundeten Künstler Feininger, Klee, Kandinsky und Jawlensky regelmäßig nach Braunschweig einludt, gründete 1925 die Klee-Gesellschaft, um den Maler durch Aufkäufe seiner Werke finanziell zu unterstützen. Ralfs bedeutende Sammlung wurde bei dem Bombenangriff auf Braunschweig am 15. Oktober 1944 zerstört.
Die vorliegende Gelegenheitszeichnung verdeutlicht genau die Merkmale von Feiningers später Schaffensphase, in der das Graphisch-Flächenhafte das Kubisch-Räumliche abgelöst hat. Die Klarheit der Formen und das Fehlen von Figurenstaffage sind ebenso kennzeichnend wie der sparsame Einsatz von Farben zur Unterstützung der linearen Komposition.
Typed 1 1/2 pp. letter by Lyonel Feininger, with autographed greeting and signature, also signed by his wife Julia Feininger, to the renowned collector Otto Ralfs (1892-1955) and his wife Käthe, written in a contemplating manner. With watercolors over orig. India ink drawing.
Nachdenklich-resümierender Brief an den bedeutenden Sammler Otto Ralfs (1892-1955) und seine Frau Käthe.
"Es ist schon wieder Zeit, gute und herzliche Grüsse und Wünsche auszusenden, Weihnachten steht vor der Tür, ein Jahr ist schon wieder vergangen. --- und hier würde sich eine gute Gelegenheit bieten, Betrachtungen über die Lage in der sich die Weltgeschichte befindet, loszulassen, --- aber gerade das wollen wir nicht tun, denn das ganze Jahr lang hat man nichts anderes getan. Ho-hum! - Im Gegenteil, je mehr ich unter der Last der Jahre mich nicht beuge, destomehr suche ich aus der mir verbleibenden Spanne Zeit soviel Erfreuliches wie nur möglich herauszulesen --- auch wenn's schwer fällt. Das mögen die Kritiker 'eine Flucht vor der Wirklichkeit' nennen und dem Kunstschaffenden verargen. Aber was ist solches Schaffen weiter denn die Wirklichkeit vor dem Untergang retten zu wollen --- die Wirklichkeit wie sie sein könnte wenn man sich aus dem Druck der Alle umfassenden Trugschlüsse zu befreien entschlossen bemühte. - Liebe Freunde, ich denke oft an Sie alle; es ist Schicksal, durch die Jahre die ich d'rüben lebte, bestimmt und unveränderlich festgelegt, dass ich mein Leben geteilt führe und viel bei euch verweile. Es kann mir vielleicht 'verargt' werden dass ich so bin, doch sehe ich mich unendlich reich an Erinnerungen deren Einfluss heute noch voll und ganz mich im Bann halten. Allerdings ist dies ein Traum, und ich würde als Letzter ihn durch Wiedersehen zerstören wollen indem ich zurückkehrte; das kann man vielleicht auch als 'Flucht' bezeichnen; doch wie's in mir ausschaut vermag kein Anderer zu beurteilen. Es strömt mir grosse Kraft zu aus der Vergangenheit. - Wie ist es Ihnen in dem letzten Jahr ergangen? Ich will hoffen, dass Sie, lieber Herr Ralfs, mit der Zeit über Ihren grossen und tiefen Kummer hinwegkommen mögen, der der Verlust Ihrer Kunstschätze durch Bomben verursachte .."
Feininger lebte seit 1937 in New York, blieb aber mit seinem Herzen und einem großen Teil seiner Bildthemen in der ehemaligen Heimat verwurzelt. - Otto Ralfs, der seit den Zwanziger Jahren Moderne Kunst sammelte und die mit ihm befreundeten Künstler Feininger, Klee, Kandinsky und Jawlensky regelmäßig nach Braunschweig einludt, gründete 1925 die Klee-Gesellschaft, um den Maler durch Aufkäufe seiner Werke finanziell zu unterstützen. Ralfs bedeutende Sammlung wurde bei dem Bombenangriff auf Braunschweig am 15. Oktober 1944 zerstört.
Die vorliegende Gelegenheitszeichnung verdeutlicht genau die Merkmale von Feiningers später Schaffensphase, in der das Graphisch-Flächenhafte das Kubisch-Räumliche abgelöst hat. Die Klarheit der Formen und das Fehlen von Figurenstaffage sind ebenso kennzeichnend wie der sparsame Einsatz von Farben zur Unterstützung der linearen Komposition.
Typed 1 1/2 pp. letter by Lyonel Feininger, with autographed greeting and signature, also signed by his wife Julia Feininger, to the renowned collector Otto Ralfs (1892-1955) and his wife Käthe, written in a contemplating manner. With watercolors over orig. India ink drawing.
80
Lyonel Feininger
Masch. Brief mit Zeichn. (1951)
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€ 8.000 Ergebnis:
€ 15.600 (inkl. Käuferaufgeld)
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