Christus und Heilige. Um 1440.
Tempera auf Holz, mit teils punzierten Gewändern und Heiligenscheinen.
69,5 : 57 cm (27,3 : 22,4 in). In einem gefliesten Innenraum gibt ein nach rechts zurückgeschobener grüner Vorhang den Blick frei auf ein Himmelbett mit rotem Überwurf. Im Bildvordergrund reihen sich sechs Personen, links Christus in Begleitung eines Engels, seine linke Hand auf die Schulter eines reichgewandeten Heiligen legend, die rechte zum Segensgestus erhoben. Rechts sieht man Maria, durch ihre Krone hervorgehoben, eingerahmt von zwei weiteren weiblichen Heiligen. Chandler Rathfon Post identifizierte das Thema unserer Tafel als Kombination zweier Episoden aus dem Leben des Hlg. Martin: die Erscheinung Christi, nachdem er seinen Mantel mit einem Bettler teilte, und seine Vision von der Jungfrau Maria in Begleitung der Hlg. Agnes und der Hlg. Thekla.

Laut Chandler Post handelt es sich bei unserem Bild um eine Arbeit des Meisters von All (aktiv im 15. Jahrhundert in Katalonien, zu dessen Werk vgl. Chandler Post, A History of Spanish Painting, Bd. VIII, The Aragonese School in the late Middle Ages, Cambridge, Mass., 1941, S. 608ff.). Im Vergleich allerdings mit dessen eher ungelenken Figuren, seinen noch recht häufig unter Gebrauch einer Bedeutungsperspektive gemalten Retabel, hegt man gewisse Zweifel beim Vergleich mit der Feinheit der Gesichter und der nahezu höfischen Eleganz der Figuren unseres Malers. Diesen anonym bleibenden Meister von All wiederum siedelt Chandler Post im engeren Umfeld des Katalanen Lluis Borrassà (vor 1360 Girona – 1424/25 Barcelona) an, dem wichtigsten Vertreter der internationalen Gotik in der katalanischen Malerei. Borrassà, der am Hof Juan I. flämische und französische Kunst kennen lernt, ersetzt schon um 1400 die traditionellen Goldgründe durch kräftige Farben, vor allem Rot- und Grüntöne. Sein Einfluss ist bei zahlreichen Künstlern, z.B. Juan Mates und dem Maestro de Rusiñol, aber auch beim Maler unseres Bildes deutlich spürbar. [HW]
EXPERTISE: Mit einer Foto-Expertise von Chandler R. Post, Fogg Art Museum, Harvard University, Cambridge, Mass., vom 23.5.1958
PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland.

Verso mit einem alten Etikett, dort hs. bezeichnet. Wohl mit Original-Maßwerk in Original-Rahmen
Guter und farbfrischer Gesamteindruck. Partiell leichtes Craquelé. Kante links unten mit kleiner Farbabplatzung. Vereinzelte winzige Abplatzungen der Vergoldung am Maßwerk. Maßwerk links am Übergang zur Tafel zudem minimal brüchig. Kleine kreisförmige Retusche am Oberrand.