Auktion: 330 / Modern Art / Kunst nach 45/ Seitenwege am 05.12.2007 in München Lot 154.10

 
Oskar Schlemmer - Knabenfigur von der Seite


154.10
Oskar Schlemmer
Knabenfigur von der Seite, 1930.
Aquarell
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 48.000

(inkl. Käuferaufgeld)

Knabenfigur von der Seite. 1930.
Aquarell.
Verso mit einem maschinenschriftlichen Etikett von Tut Schlemmer, dort betitelt, datiert und mit der Nr. 60. Auf Velin 37,1 x 22 cm ( 14,6 x 8,6 in), Blattgröße.
Das Blatt zeigt verso Fragmente eines Bauhaus-Vordrucks, den Schlemmer für seinen Unterricht "Der Mensch" entwickelt hat. In einem Brief von Dieter Keller, Schlemmers ehemaligem Nachlassverwalter, vom 7.10.1949, dessen Durchschrift sich im Oskar Schlemmer-Archiv der Staatsgalerie Stuttgart befindet, ist unter Nr. 60 ein Aquarell mit der Bezeichnung "Knabenfigur von der Seite, 1930" aufgeführt, das sich mit der vorliegenden Arbeit identifizieren lässt.

Mit einer Foto-Expertise (in Kopie) von Frau Dr. Karin von Maur, Stuttgart, vom 15. April 1997. Die Arbeit wird in den Nachtrag des Œuvrekatalogs von 1979 aufgenommen

PROVENIENZ: Nachlass der Galerie Ruhstrat, Hamburg.
Privatsammlung Süddeutschland.

Ausstellung: Oskar Schlemmer-Gedächtnisausstellung, Galerie Ruhstrat, Hamburg, 1949.
Der Mensch als Bild der Seele - Munch, Jawlensky, Schlemmer, Galerie Rieder, München, 2000, S. 55 (mit Farbabb.).

Oskar Schlemmer studiert nach einer Lehre in einer Intarsienwerkstatt in den Jahren 1905 bis 1909 an der Kunstgewerbeschule sowie an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, seit 1912 als Meisterschüler von Adolf Hölzel. 1919 stellt er in der Galerie "Der Sturm" in Berlin aus und wird 1920 von Gropius als Leiter der Bildhauerei-Abteilung und Bühnenwerkstatt an das Bauhaus in Weimar berufen. 1922 macht er durch die Uraufführung seines "Triadischen Balletts" in Stuttgart international auf sich aufmerksam. Die Arbeit am Bauhaus und die Beschäftigung mit dem Theater gewinnen große Bedeutung für seine Kunst, die sich hauptsächlich mit dem Problem der Figur im Raum auseinander setzt.

Im April 1928 übernimmt Schlemmer eine höhere Lehrverpflichtung am Bauhaus in Dessau. Sein umfangreiches Lehrprogramm umfasst u.a. auch den Unterricht "Der Mensch", der neben zeichnerisch-formalen auch naturwissenschaftliche und philosophische Aspekte berücksichtigt und damit eine alle Bereiche tangierende theoretische Grundlage der Bauhaus-Ausbildung bieten soll. Ein ehemaliger Schüler erinnert sich: "Er gab uns die Harmonielehre am Beispiel des menschlichen Körpers. Er zeigte den Verlauf der Linien, welche die Achseln bei gleichmäßigem Schreiten beschrieben. Oder des Kopfes beim Treppensteigen oder Hinuntergehen. Er lehrte uns die frühe griechische Plastik sehen und ihre Philosophen lesen..." (zit. nach: Karin v. Maur, Oskar Schlemmer, München 1979, S. 176). Die Begeisterung für die griechische Plastik ist in Schlemmers Arbeiten dieser Jahre deutlich zu spüren. Und so beschwört auch in unserem Blatt die herbe Geschlossenheit und die geometrische Vereinfachung der Formen die Erinnerung an die archaische Antike - insbesondere die frühgriechischen Kuroi (Jünglingsgestalten) - herauf. Auf der Rückseite eines seiner Unterrichts-Vordrucke gemalt, ist unsere "Knabenfigur" ein lebendiges Zeugnis für Schlemmers zugleich typisiertes wie sinnbildhaftes Menschenbild, das er hier in besonderer Harmonie und Schönheit zeigt.

1932 erhält der Künstler eine Professur an den Vereinigten Staatsschulen in Berlin, die ihm jedoch die Nationalsozialisten 1933 entziehen. Oskar Schlemmer gehört zu den vielseitigsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. [RS]

Zustand: Guter Gesamteindruck.




154.10
Oskar Schlemmer
Knabenfigur von der Seite, 1930.
Aquarell
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 48.000

(inkl. Käuferaufgeld)