Auktion: 306 / Modern Art und Post War am 05.12.2006 Lot 358

 
Jörg Immendorff - Selbst mit Muse


358
Jörg Immendorff
Selbst mit Muse, 1994.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 42.840

(inkl. Käuferaufgeld)

Selbst mit Muse. 1994.
Öl auf Leinwand.
Rechts oben signiert und datiert. Auf dem Keilrahmen hs. nummeriert "19.". 130,5 x 100,5 cm ( 51,3 x 39,5 in).

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland.

Immendorff studiert 1963/64 zunächst Bühnenkunst an der Düsseldorfer Kunstakademie und wechselt dann in die Klasse von Joseph Beuys. Angeregt durch seinen Lehrer verfasst er mehrere Manifeste und initiiert diverse künstlerische und politische Aktionen. Am bekanntesten wird das "Lidl"-Projekt 1968-70 - Kunstaktionen, Happenings und Debattenrunden, die dem politischen Flügel der Fluxus-Bewegung zuzuordnen sind. 1977 wendet sich Immendorff, angeregt vor allem von den Werken Renato Guttusos, verstärkt der Malerei zu. Mit der politisch und gesellschaftskritisch engagierten Bildserie "Café Deutschland" gelingt ihm der internationale Durchbruch. Neben der Malerei arbeitet Immendorff auch als Kostüm- und Bühnenbildner, u.a. 1994 für Strawinskys Oper "The rakes progress" im Rahmen der Salzburger Festspiele. 1996 übernimmt er eine Professur an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf.

Intensiv wie kaum ein anderer zeitgenössischer Künstler beschäftigt sich Immendorff mit dem Thema des Selbstporträts. Das alte Malerthema fasziniert ihn stets aufs Neue und wird in vielfältigen Varianten durchgespielt. Getreu der 1970 geäußerten Maxime "Ich werde nicht dulden, daß Ihr mich allein laßt" ist ihm das Selbstporträt ein Spiegel des Publikums bzw. der Gesellschaft. Stets sucht der Maler die Diskussion mit dem Betrachter, bietet ihm scheinbar vordergründige Erzählungen und Deutungsmuster an und entzieht sich dann doch einer eindeutigen Lesart. Unser "Selbsporträt mit Muse" steht wie so viele andere Sujets des Malers in einer langen kunsthistorischen Tradition. Der bekleidete Mann mit der - geretteten - nackten jungen Frau in den Armen ist ein v.a. im 19. Jahrhundert gern verwendetes erotisches Motiv, das hier in einen ungewöhnlich zeremoniellen Kontext gestellt ist. Immendorff nutzt den Stoff des eigenen Lebens als Material für die Malerei, stets ironisch gebrochen und ästhetisch verfremdet. Der Topos von Maler und Muse ist für den Künstler in besonderem Maße interessant, ist er doch für das Spiel mit den Erwartungen und verborgenen Sehnsüchten des Betrachters bestens geeignet.

1997 sind Immendorffs wichtigsten Werke auf der Ausstellung "Deutschlandbilder: Kunst aus einem geteilten Land" in Berlin zu sehen. Große Einzelausstellungen finden u.a. in New York, St. Petersburg, Peking, Köln und Chicago statt. [KR]




358
Jörg Immendorff
Selbst mit Muse, 1994.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 42.840

(inkl. Käuferaufgeld)