Auktion: 290 / Kunst des XX. Jahrhunderts und Muenchner Schule am 14.05.2004 Lot 129

 
Giovanni Giacometti - Gebirgslandschaft mit See


129
Giovanni Giacometti
Gebirgslandschaft mit See, 1910.
Aquarell
Schätzung:
€ 9.000
Ergebnis:
€ 12.870

(inkl. Käuferaufgeld)

Gebirgslandschaft mit See
Aquarell über Kreidezeichnung, 1910
Links unten monogrammiert und datiert. Auf Aquarellbütten 22,8 x 28,8 cm ( 8,9 x 11,3 in), blattgroß.

PROVENIENZ: Prof. Dr. med. Friedrich Jessen, Davos, ab den 1920er Jahren bei Hamburg. Geschenk des Künstlers, von da an ununterbrochen im gleichen Familienbesitz.
Wiebke von Trotha, Tochter des Dr. Jessen.
Privatsammlung Hamburg.

Es handelt sich hier um ein ungewöhnlich farbfrisches Aquarell aus der späteren Schaffensphase des Künstlers, als dieser sich vom Spätimpressionismus löste und zu einer vereinfachten Kompositionsweise fand. Giovanni Giacometti hatte sich zunächst an Segantini orientiert und von diesem einen Farbauftrag übernommen, der sich in einem eher gemäßigten Pointillismus äußerte. Die Auseinandersetzung mit Werken von Cézanne und wohl auch mit der Schule der Nabis, wie in unserer Arbeit erkennbar, lässt ihn zu Lösungen kommen, in denen die freie Farbfläche, die ihre Begrenzung allein in der benachbarten Farbfläche sieht, eines der wichtigsten Kompositionselemente ausmacht. Neben einer subtilen Farbwahl in gebrochenen Tönen, die dem Werk eine eigenartige, fast elegische Stimmung verleiht, ist es die Provenienz, die diese Arbeit in das besondere Licht des Interesses rückt. Professor Jessen, der das Aquarell als Geschenk erhielt, war der leitende Arzt des Waldsanatoriums für Lungenkranke in Davos. Thomas Mann, dessen Frau Katja Mann sich dort 1912 mehrere Monate aufhielt, hat, einer glücklichen Inspiration folgend, in seinem Roman "Der Zauberberg" das Sanatorium und seine Patienten zum Erzählgegenstand gemacht und in der Figur des leitenden Arztes "Hofrat Behrens" Jessen ein literarisches Denkmal gesetzt. Jessen, der in seiner Freizeit als Maler und Plastiker dilettierte, dürfte Giacometti wohl über diesen Weg kennengelernt haben. Thomas Mann übernahm in seine Romanfigur die Malbegeisterung des Arztes. Im Kapitel "Humaniora" werden Hans Castorp, Protagonist des Romans, und dessen Vetter Joachim in die Privatgemächer des Mediziners gebeten, um die von ihm geschaffenen Gemälde, besonders jedoch das Porträt einer Mitpatientin, der heimlich angebeteten und geheimnisvollen Clawdia Chauchat zu bewundern. Das marktfrische Aquarell blieb nach der Übereignung durch den Künstler immer im Besitz der Familie. [KD]




129
Giovanni Giacometti
Gebirgslandschaft mit See, 1910.
Aquarell
Schätzung:
€ 9.000
Ergebnis:
€ 12.870

(inkl. Käuferaufgeld)