Auktion: 554 / Modern Art Day Sale am 08.06.2024 in München Lot 123001240


123001240
Hermann Stenner
Kaffeegarten am Ammersee, 1911.
Öl auf Leinwand
Schätzpreis: € 90.000 - 120.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.
Kaffeegarten am Ammersee. 1911.
Öl auf Leinwand.
Links unten signiert und datiert. Verso auf dem Keilrahmen mit Etiketten der Städtischen Kunsthalle, Bielefeld, und der Hofkunsthandlung Ludwig Schames, Stuttgart, sowie verschiedentlich handschriftlich nummeriert und bezeichnet. 51 x 69 cm (20 x 27,1 in).
[KT].

• Der Sommer 1911 gilt als Höhepunkt und Abschluss der frühen impressionistischen Werkphase.
• Für Stenner selbst eines der gelungensten Bilder des Sommeraufenthaltes in Dießen am Ammersee.
• Impressionistische Leichtigkeit und lichtvolles Kolorit verbindet Stenner mutig mit einer Konzentration der Flächen
.

PROVENIENZ: Aus dem Nachlass des Künstlers.
Familienbesitz Stenner.
Elisabeth Korn geb. Stenner.
Sammlung Hermann-Josef Bunte, Hamburg/Bielefeld.

AUSSTELLUNG: (Auswahl): Kunstsalon Otto Fischer, Bielefeld, September 1911.
K. Hofkunsthandlung Schaller, Stuttgart, Februar/März 1914.
Hermann Stenner 1891-1914, Städtisches Kunsthaus, Bielefeld, 14.10.-9.11.1956, Kat.-Nr. 47 (m. Abb. S. 24).
Gedächtnis-Ausstellung Hermann Stenner, Kunstverein Herford, 20.3.-6.4.1966.
Hermann Stenner 1891-1914, Spendhaus Reutlingen, 5.5.-16.6.1974, Kat.-Nr. 7 (m. Abb.).
Hermann Stenner. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Städtische Galerie, Albstadt, 4.12.1977-29.1.1978, Kat.-Nr. 7 (m. Abb.).
Aus Bielefelder Privatbesitz. Malerei und Graphik 1900-1914, Kunsthalle Bielefeld, 21.1.-25.2.1979, Kat.-Nr. 32 (m. Abb. S. 33).
Kunst in Bielefeld. Malerei und Graphik 1900-1933, Kunsthalle Bielefeld, 24.6.-9.10.1983, Kat.-Nr. 161.
Hermann Stenner 1891-1914, Galerie Schlichtenmaier, Schloss Dätzingen, 27.11.1988-14.1.1989, Kat.-Nr. 6.
Hermann Stenner 1891-1914, Kunsthalle Bielefeld, 2.6.-25.8.1991; Städtische Galerie, Albstadt, 8.9.-27.10.1991; Galerie der Stadt Sindelfingen, 8.11.-29.12.1991, Kat.-Nr. 12 (m. Abb. S. 67).
Die Sammlung Hermann-Josef Bunte. Deutsche Malerei des XX. Jahrhunderts, Hamburger Kunsthalle und Galerie der Haspa, 1.11./1.12.1999-5.3.2000; Kunsthalle Wilhelmshaven, 12.3.-24.4.2000; Kunst-Museum Ahlen, 21.5.-16.6.2000; Museum Baden, Solingen, 20.8.-17.9.2000, S. 24-25 (m. Abb.).
Verlorene Nähe. Menschenbilder in der Sammlung Bunte, Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig, 1.12.2001-20.1.2002; Städtische Galerie in der Reithalle Schloss Neuhaus, Paderborn, 1.2.-13.3.2002; Kunsthaus Kaufbeuren, 21.3.-9.6.2002, Kat.-Nr. 108 (m. Abb. S. 29).
Hermann Stenner und der Hölzel-Kreis. Malerei und Graphik aus der Sammlung Bunte, Kunststiftung Hohenkarpfen, Hausen ob Verena, 13.4.-17.8.2003, Kat.-Nr. 8 (m. Abb. Nr. 30, S. 36).
Hermann Stenner, Gemälde. Retrospektive 1909-1914, Kunsthalle Bielefeld, 1.6.-31.8.2003; Galerie der Stadt Aschaffenburg, 27.9.-16.11.2003.
Das Glück in der Kunst. Expressionismus und Abstraktion um 1914, Sammlung Bunte, Kunsthalle Bielefeld, 21.3.-3.8.2014, S. 107 (m. Abb.).
Hermann Stenner. Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen aus der Sammlung Bunte, Kunsthaus Rietberg, 26.11.2015-31.1.2016, S. 16, Abb. 11.
Hermann Stenner und seine Zeit: "..dies Streben nach dem ganz Grossen etwas in der Kunst…", Kunstforum Hermann Stenner, Bielefeld, 20.1.-10.6.2019, S. 143 (m. Abb.), S. 221, Kat.-Nr. 157.
Gustav Vriesen und die Entdeckung der Moderne in Bielefeld, Kunstforum Hermann Stenner, Bielefeld, 10.4.-4.9.2022, S. 57, Kat.-Nr. 21 (m. Abb.), S. 191.
Hermann Stenner und seine Lehrer: Werke aus der Sammlung Bunte, Museum Haus Opherdicke, Kreis Unna, 5.9.2021-27.2.2022, S. 60, 102f. (m. Abb.), S. 159.
Hermann Stenner: Hymnen an das Leben. Werke aus der Sammlung Bunte, Städtisches Museum Engen + Galerie, 28.2.-2.6.2023; Kunsthaus Apolda Avantgarde, 9.7.-3.9.2023, S. 43, Kat.-Nr. 17 (m. Abb.).

LITERATUR:
Jutta Hülsewig-Johnen, Christiane Reipschläger, Hermann Stenner. Werkverzeichnis der Gemälde, hrsg. vom Freundeskreis Hermann Stenner e. V., Bielefeld 2003, S. 92f., WVZ-Nr. 71 (m. Abb.).
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Bilderliste Hans Hildebrandt, Typoskript, Stuttgart 1918, Nr. 50.
Liste Kunsthaus Schaller, Stuttgart 1918, Nr. 3971.
Gustav Vriesen, Der Maler Hermann Stenner, in: Westfalen, Bd. 35., Heft 3, 1957, S. 146-169, hier S. 151.
Alfred Hagenlocher, Hermann Stenner, in: Die Kunst, 1974, S. 469f., hier S. 471 (m. Abb.).
Hans Georg Gmelin, Hermann Stenner 1891-1941, München 1975, S. 28 (m. Abb. Nr. 4, S. 68), Nr. G 70.
Hans-Michael Herzog, Farbigkeit im Spannungsfeld von Komposition und Intuition. Zum malerischen Werk von Hermann Stenner, in: Hermann Stenner 1891-1914. Gemälde und Arbeiten auf Papier, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bielefeld u.a., hrsg. von Hans-Michael Herzog, Bielefeld 1991, S. 12, 67.
Karin von Maur, Freundeskreis Hermann Stenner e.V. (Hrsg.), Der Maler Hermann Stenner im Spiegel seiner Korrespondenz, wiss. Bearb. Karin von Maur, Markus Pöhlmann, München u.a. 2006, S. 102 (m. Abb. 55), S. 147f., Brief vom 22.7.1911 aus Diessen am Ammersee.
Christiane Heuwinkel, Christoph Wagner, Hermann Stenner, Junge Kunst Bd. 32, München 2018, S. 50f. (m. Abb.).
Christoph Wagner, Hermann Stenner. A pioneer of German Expressionism, München 2021, S. 30-32 (m. Abb.).

"Letzte Woche habe ich ein sehr gutes Bild gemalt. Einen Biergarten am See mit einigen Gästen."

Brief Hermann Stenners vom 22. August 1911 aus Dießen am Ammersee, vermutlich der Biergarten des Gasthauses Summer in Utting am Ufer des Ammerseesen.

Den Sommer 1911 verbringt Stenner mit seinen Kommilitonen in Dießen am Ammersee zum Malen unter der Leitung von Christian Landenberger. Der Ammersee ist bereits seit den 1870er Jahren, längst bevor 1898 eine Eisenbahnlinie von München zum See gebaut wird, ein beliebter Künstlerort, wo sich trotz der Abgeschiedenheit Maler wie Rudolf Hirth du Frênes in Dießen und Wilhelm Leibl in Unterschondorf niederlassen. Und auch Landenberger unterhält dort eine Malschule bis 1905. So erreicht Stenner am Ende seiner Studienzeit bei Landenberger, vor dem Übertritt in die Komponier-Klasse von Adolf Hölzel einen Höhepunkt in seiner Entwicklung als Freilichtmaler; von Mitte Juni bis Ende August 1911 entstehen lichterfüllte, leuchtende, im Pinselduktus zunehmend freier werdende Landschaften, wie hier der "Kaffeegarten am Ammersee".

Doch zunächst misst Stenner tief beeindruckt die Weite und Freiheit des Sees. Die "Ammersee-Landschaft" zeigt fast nur die Wasserfläche selbst, mit einem kleinen, im Vordergrund blauen, weiter zurück bräunlich werdenden Uferstreifen, ein gelbgrünes Wasser, mit Weißgrau und Rot vermischt, Wellen, die an den Rändern pastos aufschäumen und den Blick begleiten in die weite Ferne der Voralpenlandschaft mit im Hintergrund blauen, am hinteren Horizont sich violett färbenden Bergen. Mehr als vierzehn Tage arbeitet Stenner am Ammersee, malt Impressionen von Pappeln, krause Silhouetten vor dem Seeufer, mit einem Landesteg für Segelboote, die sich gegen den Seewind stemmen, Menschen, die sich am Ufer erholen und sich in der Weite der Landschaft verlieren, einen Dampfer der nach Fahrplan operierenden Ammerseeflotte. Und es entsteht das Gemälde "Kaffeegarten am Ammersee".

Dieses farblich und im Aufbau ausgesprochen reizvolle Bild ist wohl das letzte der Ammerseegemälde, über das Stenner am 22. August 1911 stolz nach Hause in Bielefeld berichtet: "Letzte Woche habe ich ein sehr gutes Bild gemalt. Einen Biergarten am See mit einigen Gästen." (zit. nach: Hans G. Gmelin, Hermann Stenner, München 1975, S. 28) Drei an Tischen sitzende Frauen in Blau und Violett verschränken gleichsam das vordere blauviolette Farbfeld des Biergartens links mit der grünblauen Fläche des Sees rechts im Hintergrund. Das schwere, von Hellgrün bis Blau abgestufte Laub der drei Birken mit der dazwischenstehenden Dame steht im farblichen Gegensatz zu dem blauen und cremeroten Boden der vorderen Gartenecke rechts. Die Kaffeegäste sind nur Farbträger, die sich ruhig, wie Staffagefiguren in das Bild einfügen. Farblich und mit einem frischen, rein malerischen Aufbau ist dies im Format eher kleine Bild ein großartiges Meisterwerk und bestes Beispiel für Stenners Pleinair-Malerei. [MvL]



123001240
Hermann Stenner
Kaffeegarten am Ammersee, 1911.
Öl auf Leinwand
Schätzpreis: € 90.000 - 120.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.