Auktion: 435 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 25.11.2016 in München Lot 63


63
Christian Philipp Koester
Ansicht des Heidelberger Schlosses, Um 1830.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 6.000
Ergebnis:
€ 7.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Ansicht des Heidelberger Schlosses. Um 1830.
Öl auf Leinwand.
78,5 x 105 cm (30,9 x 41,3 in). [CB].

Wir danken Herrn Dr. Matthias Lehmann, Konz, der den entscheidenden Hinweis auf die Neuzuschreibung an Christian Philipp Koester gegeben hat. Ebenso danken wir dem Koester-Werkverzeichnis-Verfasser Dr. Thomas Rudi, Leipzig, und Dr. Marianne Heinz, Kassel, für die wissenschaftliche Beratung.

PROVENIENZ: Jeweils mit alter Zuschreibung an Johann Martin von Rohden (1778-1868):
Antiquariat Dr. Helmut Tenner, Heidelberg, Auktion 23. April 1966, Lot 3953.
Sammlung Cäsar und Ruth Pinnau, Hamburg.
Christie's, Amsterdam, 15. Dezember 2010, Lot 663.

LITERATUR: Vgl. für ähnliche Ansichten des Heidelberger Schlosses: Koesteriana. Katalog des Kurpfälzischen Museums Heidelberg, hrsg. von Klaus Mugdan, Heidelberg 1968, Kat.-Nr. 9, 22 und 27 (S. 31, 33 und 34).
Vgl. Thomas Rudi, Christian Philipp Koester (1784-1851), Maler und Restaurator. Monographie mit kritischem Œuvreverzeichnis, Frankfurt am Main u. a. 1999 (Europäische Hochschulschriften 28.1973).

Über Jahrzehnte hinweg galt das Gemälde "Ansicht des Heidelberger Schlosses" als eine Arbeit des in Kassel geborenen Johann Martin von Rohden (1778-1868), der ab 1795 fast durchgehend in Rom lebt und dessen Malerei stilistisch von Hackert, Koch und Reinhart beeinflusst ist. Es lassen sich folgende Stationen zurückverfolgen: So wird dieses Gemälde 1966 vom Antiquariat Dr. Helmut Tenner in Heidelberg als Johann Martin von Rohden an die Sammlung Cäsar und Ruth Pinnau, Hamburg, verkauft. Die Kunsthistorikerin Ruth Pinnau hatte gerade im Jahr zuvor das erste Werkverzeichnis Rohdens veröffentlicht, weshalb dort noch kein Hinweis auf das Gemälde zu finden ist. Im Jahr 2000 erscheint anlässlich der monografischen Ausstellung Johann Martin von Rohdens in der Neuen Galerie der Staatlichen Museen in Kassel ein Katalog mit Werkverzeichnis. Dort ist die "Ansicht des Heidelberger Schlosses" (vermutlich als Leihgabe von der Sammlung Ruth Pinnau) ausgestellt und im Katalog aufgeführt (Ausst.-Kat. Johann Martin von Rohden 1778-1868, Neue Galerie Kassel 2000, hrsg. von Marianne Heinz, WVZ-Nr. 40, S. 115). Im Text dazu bemerkt die Ausstellungs-Kuratorin Dr. Marianne Heinz bereits, dass dieses Gemälde den Charakter einer Kuriosität besitze und nicht so recht ins Werk Rohdens passen mag, der im übrigen nie in Heidelberg gewesen ist. Nach dem Tod von Ruth Pinnau (1924-2010) wird das Gemälde in Amsterdam versteigert - immer noch als Werk Rohdens. 2016 konnte nun aufgrund des entscheidenden Impulses von Dr. Matthias Lehmann und der fachkundigen Beratung von Dr. Marianne Heinz sowie Dr. Thomas Rudi eine Neuzuschreibung des Gemäldes an den Heidelberger Maler Christian Philipp Koester (1784-1851) vorgenommen werden.
Christian Philipp Koester nimmt unter den Intellektuellen Heidelbergs in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts eine zentrale Stellung ein. Er ist tätig als Maler, Restaurator und Kunstschriftsteller, steht in Kontakt mit Goethe, Gottfried Keller, Ernst Fries, Carl Philipp Fohr u. a. Zunächst studiert der in der Pfalz geborene Koester Wirtschafts- und Verwaltungslehre an der Universität Heidelberg, kommt aber durch Heidelberger Künstler und den Schweizer Vedutenmaler Johann Jakob Strüdt früh in Kontakt mit der Kunst. Er bildet sich autodidaktisch zum Landschaftsmaler aus, fertigt unter der Anleitung Strüdts ausgiebige Naturstudien und studiert die Werke Claude Lorrains in München. 1807 reist Koester nach Rom. 1813 bis 1819 arbeitet er als Restaurator für die Gemälde-Sammlung der Brüder Boisserée in Heidelberg. Auf Empfehlung Karl Friedrich Schinkels restauriert er 1824-1830 in Berlin die vom Preußischen Staat angekaufte Sammlung des englischen Kaufmanns Edward Solly für das geplante Königliche Museum. Trotz zahlreicher Angebote bleibt Koester ab 1830 in Heidelberg ansässig, Studienreisen führen ihn in den 1830er und 1840er Jahren nach Lausanne, Holland und Salzburg.
"Mit seinen drei Schriften 'Ueber Restauration alter Oelgemälde' (Heidelberg 1827, '28, und '30) gibt Koester als einer der ersten einen umfassenden Einblick in die Restaurierungs-Praxis seiner Zeit. Er strebt dabei eine vollständige Beschreibung der handwerklichen Methodik an […] und legt, im Unterschied zu anderen Autoren, großen Wert darauf, die Problematik einer Restaurierung aus ethischer Sicht zu erläutern. In der Restaurierungs-Theorie markiert er dadurch eine Ablösung der Tradition durch historisches Bewusstsein." (Thomas Rudi, in: AKL).
Bedeutende Werke des Künstlers befinden sich u. a. in folgenden Museen:
Kurpfälzisches Museum, Heidelberg
Staatliche Kunsthalle, Karlsruhe
Museum Georg Schäfer, Schweinfurt
Historisches Museum der Pfalz, Speyer
Kupferstichkabinett, Berlin



63
Christian Philipp Koester
Ansicht des Heidelberger Schlosses, Um 1830.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 6.000
Ergebnis:
€ 7.500

(inkl. Käuferaufgeld)