Auktion: 550 / Evening Sale am 07.06.2024 in München Lot 9


9
Emil Schumacher
Matora, 1966.
Öl auf Holz
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 152.400

(inklusive Aufgeld)
Matora. 1966.
Öl auf Holz.
Rechts unten signiert und datiert. Verso handschriftlich betitelt sowie mit einem Richtungspfeil und den Größenangaben bezeichnet. 53 x 136 cm (20,8 x 53,5 in).


• Äußerst sinnliches Erleben von Form und Farbe.
• Ausgeprägte Dialektik von monochromer Farbfläche und zeichnerischer Dynamik.
• Sein künstlerisches Streben, Farbe als Materie zu gestalten, wird mit der reliefartigen Oberfläche förmlich greifbar.
• Das schmale Querformat ist zentraler Bestandteil seines Schaffens; eine vergleichbare, rote Variation befindet sich in der Sammlung des Sprengel Museums, Hannover ("Rubernos", 1964).
• Erstmals auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten.
• Aus der bedeutenden Moderne-Sammlung Dr. Hanns Hülsberg, Hagen
.

Die Arbeit ist mit der Inventarnummer "0/3.707" in dem von Dr. Ulrich Schumacher angelegten Archiv der Emil Schumacher Stiftung, Hagen, aufgeführt. Wir danken Herrn Rouven Lotz, Direktor des Emil Schumacher Museums, Hagen, für die freundliche Auskunft.

PROVENIENZ: Sammlung Dr. Hanns Hülsberg, Hagen.
Seitdem in Familienbesitz.

AUSSTELLUNG: Emil Schumacher. Arbeiten 1960 bis 1971, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, 5.11.1971-9.1.1972, Düsseldorf, Kat. Nr. 57.
Emil Schumacher. Arbeiten 1960-1971, Badischer Kunstverein, Karlsruhe, 18.2.-26.3.1972, Kat.-Nr. 57 (verso m. Etikett).
Christian Rohlfs - Emil Schumacher. Entwicklungen. Haus am Waldsee, Berlin, 26.5.-9.7.1972.
Emil Schumacher. Arbeiten 1957 bis 1975, Karl-Ernst-Osthaus-Museum, Hagen, 1.2.-16.3.1975, Kat. Nr. 33.

LITERATUR: Werner Schmalenbach, Emil Schumacher, Köln 1981, S. 76, Abb. Nr. 54 (hier fälschlicherweise mit der Technikangabe Öl auf Lwd.).
Manfred de la Motte (Hrsg.), Dokumente zum deutschen Informel, Galerie Hennemann, Bonn 1976, S. 198 (m. Abb.).
Ernst-Gerhard Güse, Das Erlebnis des Unbekannten, Ostfildern 2012, S. 108 (m. Farbabb. Nr. 79, S. 106).
Ulrich Schumacher, Rouven Lotz, Malerei ist gesteigertes Leben, München 2012.

"Denn das Maß des Bildes ist die Kraft, die den Weg der Linie diktiert."
Emil Schumacher, Ein Buch mit sieben Siegeln, Materie, 1972.

"Blau war für Schumacher eine 'wunderbare Farbe‘, er sah sie vielschichtig, auf Weite, Ferne, Unendlichkeit, Himmel, und Meer bezogen."
Ernst-Gerhard Güse (bedeutender Kunsthistoriker und Museumsdirektor), Das Erlebnis des Unbekannten, Ostfildern 2012, S. 108.

Mit "Matora" gelingt Emil Schumacher im Jahr 1966 ein äußerst sinnliches Erlebnis von Form und Farbe. Die kompositorischen Mittel hat er auf zwei Hauptelemente reduziert. Ein kraftvolles Blau leuchtet aus der Tiefe des Bildraums und wird im Vordergrund von reliefartigen Linien in Schwarz und Weiß durchzogen. Die ausgeprägte Dialektik von monochromer Farbfläche und grafischen Elementen, wie sie für die Arbeiten dieser Schaffenszeit charakteristisch ist, kommt hier ganz deutlich zum Tragen. Seinen zumeist roten, gelben oder blauen Pigmenten, die er selbst anmischt, setzt der Künstler ganz gezielt harte, schwarze Linien entgegen. Über die Entstehung der Linienformen schreibt er: "Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist die Gerade, sagt die Geometrie. Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten innerhalb des Bildes kann die gekrümmte, die verschlungene, sogar die unterbrochene, aber auch die gerade Linie sein. Denn das Maß des Bildes ist die Kraft, die den Weg der Linie diktiert." (Emil Schumacher, Ein Buch mit sieben Siegeln, Materie, 1972). In "Matora" folgen die Linien dem langgezogenen Malgrund, betonen das im Stil eines Panoramas angelegte Querformat. Zum Teil werden sie vom Künstler mit enormer Körperlichkeit in die Malschicht eingegraben oder aber, wie hier, in pastoser Materialität als zweite, leicht erhabene Ebene aufgebracht. Es entstehen eindringliche, sehr körperliche Arbeiten, die sich zwischen Malerei und Relief bewegen und sich ganz und gar der Ausdruckskraft der Materialität verschrieben haben.

Zur Entstehungszeit von "Matora" zählt Emil Schumacher bereits zu den etablierten Künstlern des internationalen Kunstgeschehens. Seit 1950 hatte sich ein radikaler Wandel in seinem Schaffen vollzogen. Er verabschiedet den Gegenstand als Bildmotiv und entscheidet sich für die abstrakte Malerei, wobei sich die Farbe zum zentralen Bildfaktor entwickelt. Dieser biografisch-künstlerische Vorgang findet vor dem Hintergrund eines Zeitstils statt, der von der französischen École de Paris, dem Tachismus und vom amerikanischen Action-Painting geprägt ist. Für Schumacher wird die Abstraktion zum Merkmal seiner persönlichen Handschrift, seines Stils. Schon ab Mitte der 1950er Jahre erfährt er als einer der wichtigsten Vertreter des europäischen Informel wachsende Anerkennung. Die Teilnahme an der Biennale in Venedig im Jahr 1961 und an der documenta in Kassel 1958 und 1964 sind Anzeichen seines zunehmenden, öffentlichen Erfolgs. Er wird mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter die Verleihung des Guggenheim-Awards in New York. Ende der 1950er Jahre wird er als Professor an die Hochschule für bildende Künste in Hamburg berufen. 1966, im Entstehungsjahr von "Matora", nimmt er eine Professur in Karlsruhe an und geht 1967 für ein Jahr als Gastprofessor an die Universität in Minneapolis/USA. Ein Jahr vor seinem Tod am 4. Oktober 1999 in San José auf Ibiza wird ihm eine letzte große Retrospektive zu Lebzeiten zuteil, die in Paris, Hamburg und München sein umfangreiches und facettenreiches Schaffen zelebriert. [AR]



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Emil Schumacher
Matora, 1966.
Öl auf Holz
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 152.400

(inklusive Aufgeld)