Auktion: 560 / Evening Sale am 06.12.2024 in München Lot 124001330
124001330
Martin Kippenberger
We Don't Have Problems with Friends, We Sleep with Them, 1986.
Mischtechnik auf Leinwand
Schätzpreis: € 200.000 - 300.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.
We Don't Have Problems with Friends, We Sleep with Them. 1986.
Mischtechnik auf Leinwand.
180 x 150 cm (70,8 x 59 in).
• Raffiniert-doppeldeutige Arbeit aus den gesuchten 1980er Jahren: Kippenbergers Kunst ist bisweilen hochintelligent und eng mit gesamtgesellschaftlichen Themen verwoben.
• Mit der "No Problem"-Werkgruppe kommentiert er die Vergangenheitsbewältigung seines Heimatlandes.
• Zeitgleich entsteht zusammen mit Albert Oehlen das Pamphlet "No Problem · no problème" – eine ironische Würdigung "nicht vorhandener" Probleme.
• Erstmals 1986 in der Galerie Dürr in München ausgestellt, 1987 in der Villa Arson in Nizza, 2014 bei David Zwirner in New York sowie zuletzt 2019 in der vielbeachteten Doppelausstellung "Body Check. Martin Kippenberger – Maria Lassnig" im Lenbachhaus München.
• Im Entstehungsjahr erhält Kippenberger seine erste umfassende Museumsausstellung im Hessischen Landesmuseum, Darmstadt.
PROVENIENZ: Galerie Christoph Dürr (Buck & Nagel), München.
Privatsammlung Süddeutschland (vom Vorgenannten erworben).
AUSSTELLUNG: Die No Problem Bilder, Galerie Christoph Dürr (Buck & Nagel), München, 22.10.-22.11.1986.
Q.U.I., Centre national des arts plastiques, Villa Arson, Nizza, 28.2.-13.4.1987 (verso m. Etikett).
No Problem: Cologne/New York 1984-1989, David Zwirner, New York, 1.5.-14.6.2014.
Body Check. Martin Kippenberger - Maria Lassnig, Lenbachhaus München, 21.5.-15.9.2019.
LITERATUR: Gisela Capitain, Lisa Franzen (Hrsg.), Werkverzeichnis der Gemälde. Catalogue Raisonné of the Paintings, Volume Two 1983-1986, Köln 2023, WVZ-Nr. MK.P 1986.59 (m. Farbabb. S. 447).
- -
Angelika Muthesius (Hrsg.), Martin Kippenberger. Ten years after, Köln 1991, S. 111 (m. Abb. Nr. 80).
Angelika Taschen, Burkhard Riemschneider (Hrsg.), Kippenberger, Köln 1997, S. 131 (m. Farbabb. Nr. 80).
Chris Reitz, Aftermarket. Chris Reitz on "No Problem: Cologne/New York 1984-1989" at David Zwirner, New York, in: Texte zur Kunst, Nr. 95, Sept. 2014, S. 196-198 (m. Abb. S. 196).
Angelika Taschen, Burkhard Riemschneider (Hrsg.), Kippenberger, Köln 2014, S. 131 (m. Farbabb. Nr. 80).
Bob Nicklas, I love eternity or more love hours than can ever be repaid, in: No Problem: Cologne/New York 1984-1989, New York 2015, S. 201-221 (m. Abb. S. 91).
Diedrich Diederichsen, Before Globalization: Cologne and New York in the 1980s, in: No Problem: Cologne/New York 1984-1989, New York 2015, S. 11-20 (m. Abb. S. 91).
Kara Carmack, Cologne/New York in the 1980s: A Chronology, in: No Problem: Cologne/New York 1984-1989, New York 2015, S. 225-259 (m. Abb. S. 91).
Martin Kippenberger, zit. nach: Angelika Taschen, Burkhard Riemschneider (Hrsg.), Kippenberger, Köln 1997, Umschlag.
Mischtechnik auf Leinwand.
180 x 150 cm (70,8 x 59 in).
• Raffiniert-doppeldeutige Arbeit aus den gesuchten 1980er Jahren: Kippenbergers Kunst ist bisweilen hochintelligent und eng mit gesamtgesellschaftlichen Themen verwoben.
• Mit der "No Problem"-Werkgruppe kommentiert er die Vergangenheitsbewältigung seines Heimatlandes.
• Zeitgleich entsteht zusammen mit Albert Oehlen das Pamphlet "No Problem · no problème" – eine ironische Würdigung "nicht vorhandener" Probleme.
• Erstmals 1986 in der Galerie Dürr in München ausgestellt, 1987 in der Villa Arson in Nizza, 2014 bei David Zwirner in New York sowie zuletzt 2019 in der vielbeachteten Doppelausstellung "Body Check. Martin Kippenberger – Maria Lassnig" im Lenbachhaus München.
• Im Entstehungsjahr erhält Kippenberger seine erste umfassende Museumsausstellung im Hessischen Landesmuseum, Darmstadt.
PROVENIENZ: Galerie Christoph Dürr (Buck & Nagel), München.
Privatsammlung Süddeutschland (vom Vorgenannten erworben).
AUSSTELLUNG: Die No Problem Bilder, Galerie Christoph Dürr (Buck & Nagel), München, 22.10.-22.11.1986.
Q.U.I., Centre national des arts plastiques, Villa Arson, Nizza, 28.2.-13.4.1987 (verso m. Etikett).
No Problem: Cologne/New York 1984-1989, David Zwirner, New York, 1.5.-14.6.2014.
Body Check. Martin Kippenberger - Maria Lassnig, Lenbachhaus München, 21.5.-15.9.2019.
LITERATUR: Gisela Capitain, Lisa Franzen (Hrsg.), Werkverzeichnis der Gemälde. Catalogue Raisonné of the Paintings, Volume Two 1983-1986, Köln 2023, WVZ-Nr. MK.P 1986.59 (m. Farbabb. S. 447).
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Angelika Muthesius (Hrsg.), Martin Kippenberger. Ten years after, Köln 1991, S. 111 (m. Abb. Nr. 80).
Angelika Taschen, Burkhard Riemschneider (Hrsg.), Kippenberger, Köln 1997, S. 131 (m. Farbabb. Nr. 80).
Chris Reitz, Aftermarket. Chris Reitz on "No Problem: Cologne/New York 1984-1989" at David Zwirner, New York, in: Texte zur Kunst, Nr. 95, Sept. 2014, S. 196-198 (m. Abb. S. 196).
Angelika Taschen, Burkhard Riemschneider (Hrsg.), Kippenberger, Köln 2014, S. 131 (m. Farbabb. Nr. 80).
Bob Nicklas, I love eternity or more love hours than can ever be repaid, in: No Problem: Cologne/New York 1984-1989, New York 2015, S. 201-221 (m. Abb. S. 91).
Diedrich Diederichsen, Before Globalization: Cologne and New York in the 1980s, in: No Problem: Cologne/New York 1984-1989, New York 2015, S. 11-20 (m. Abb. S. 91).
Kara Carmack, Cologne/New York in the 1980s: A Chronology, in: No Problem: Cologne/New York 1984-1989, New York 2015, S. 225-259 (m. Abb. S. 91).
Martin Kippenberger, zit. nach: Angelika Taschen, Burkhard Riemschneider (Hrsg.), Kippenberger, Köln 1997, Umschlag.
No problem – Martin Kippenberger
"We Don't Have Problems with Friends, We Sleep with Them", schreibt Martin Kippenberger 1986 in plakativen Grossbuchstaben entlang der Ränder seiner 180 x 150 Zentimeter messenden Leinwand. In der Mitte platziert er auf schwarzem Grund eine Krücke vor einem zweiten, nicht näher definierbaren Gegenstand. Ein Zusammenhang zwischen Text und Bild ist nicht zu erkennen. Weder beschreibt der Text, was in der Bildmitte dargestellt ist, noch ergibt sich aus den Gegenständen ein erzählender Bezug zum Text. Damit sind die Spiele eröffnet, sperrt Kippenbergers Bilderkosmos seine Türen für Interpretationen weit auf. An der Grenze zur Unverständichkeit kommt die menschliche Neugier mit ihren einstudierten, kunsthistorisch geschulten Denkmustern jedoch schnell aus dem Takt. Zu komplex und gleichzeitig zu unkonventionell sind Kippenbergers Gedankensprünge, Assoziationen, Verwirrspiele und Täuschungen, als dass sich allein aus dem Dargestellten ein Reim auf den Inhalt machen ließe.
Erst mit Blick auf die insgesamt acht Arbeiten umfassende Werkreihe "No problems" und das zeitgleich zusammen mit dem befreundeten Künstler Albert Oehlen herausgegebene Pamphlet "No problem · no problème" wird deutlich, dass es hier um einen größeren Kontext gehen muss. Mit Titeln wie "We Don't Have Problems with People Who Look Exactly Like Us, Because They Get Our Pain" oder "Nous n'avons pas de problèmes avec les dépressions, tant qu'elles ne se mettent pas à être en vogue" wird durch die stetige Wiederholung der gleichen Phrase schließlich deutlich, dass sich der Schlüssel zum Verständnis in den Wertktiteln und dem einzelnen Wörtchen "Problem" verbergen muss, das sich wie ein roter Faden durch die gesamte Werkserie zieht. Trotz englischer und französischer Verfremdung lenkt er den Fokus auf "ein sehr deutsches Phänomen, die Problemorientiertheit" und ist letztlich als Martin Kippenbergers Kommentar zum "Status quo der deutschen Vergangenheitsbewältigung" der 1980er Jahre zu verstehen, wie im erst kürzlich erschienen zweiten Band des Werkverzeichnisses erklärt wird (Gisela Capitain, Lisa Franzen (Hrsg.), Werkverzeichnis der Gemälde. Catalogue Raisonné of the Paintings, Volume Two 1983-1986, Köln 2023, S. 437). Der Satz "Ich habe kein Problem damit, aber .." ist aus dem deutschen Sprachgebrauch weithin bekannt und impliziert bei aller Toleranz ein nach wie vor vorhandenes, nicht überwundenes Problem. Und so erscheint, vor dem Hintergrund des in den späten 1980er Jahren ausgetragenen Historikerstreits und der einsetzenden Verständigung auf eine gemeinsame Verantwortung an den Kriegsereignissen, Martin Kippenbergers zunächst unschuldig-humorvoll verstandene Alltagsthematik ganz plötzlich in einem gesamtgesellschaftlich relevanten Licht.
Erstmals ausgestellt wurde die Werkserie im Entstehungsjahr 1986 in der Galerie Christoph Dürr in München, in der Stadt der ersten Wirkungsstätte der Nationalsozialisten, begleitet von einem Ausstellungsplakat mit einer Zeichnung Adolf Hitlers in Uniform mit Hakenkreuz und erhobenem Zeigefinger. Auch hierin zeige sich laut den Werkverzeichnissverfassern eine besondere Fähigkeit im Schaffen Kippenbergers, der es verstehe, "Ort und Geschichte inhaltlich mit seinem Werk zu verknüpfen" (Werkverzeichnis Bd. II, S. 437). Mit jeder Hintergrundinformation zur Werkserie "No problem" wird das Verständnis für den Inhalt dieser so hochkomplexen wie raffinierten Arbeit größer, die nur auf den ersten Blick zusammenhanglos erscheint. Nichts ist hier, wie es scheint und doch ist – auf Kippenberger-Art – alles zur deutschen Gesellschaft der 1980er Jahre gesagt, was gesagt werden muss. [AR]
"We Don't Have Problems with Friends, We Sleep with Them", schreibt Martin Kippenberger 1986 in plakativen Grossbuchstaben entlang der Ränder seiner 180 x 150 Zentimeter messenden Leinwand. In der Mitte platziert er auf schwarzem Grund eine Krücke vor einem zweiten, nicht näher definierbaren Gegenstand. Ein Zusammenhang zwischen Text und Bild ist nicht zu erkennen. Weder beschreibt der Text, was in der Bildmitte dargestellt ist, noch ergibt sich aus den Gegenständen ein erzählender Bezug zum Text. Damit sind die Spiele eröffnet, sperrt Kippenbergers Bilderkosmos seine Türen für Interpretationen weit auf. An der Grenze zur Unverständichkeit kommt die menschliche Neugier mit ihren einstudierten, kunsthistorisch geschulten Denkmustern jedoch schnell aus dem Takt. Zu komplex und gleichzeitig zu unkonventionell sind Kippenbergers Gedankensprünge, Assoziationen, Verwirrspiele und Täuschungen, als dass sich allein aus dem Dargestellten ein Reim auf den Inhalt machen ließe.
Erst mit Blick auf die insgesamt acht Arbeiten umfassende Werkreihe "No problems" und das zeitgleich zusammen mit dem befreundeten Künstler Albert Oehlen herausgegebene Pamphlet "No problem · no problème" wird deutlich, dass es hier um einen größeren Kontext gehen muss. Mit Titeln wie "We Don't Have Problems with People Who Look Exactly Like Us, Because They Get Our Pain" oder "Nous n'avons pas de problèmes avec les dépressions, tant qu'elles ne se mettent pas à être en vogue" wird durch die stetige Wiederholung der gleichen Phrase schließlich deutlich, dass sich der Schlüssel zum Verständnis in den Wertktiteln und dem einzelnen Wörtchen "Problem" verbergen muss, das sich wie ein roter Faden durch die gesamte Werkserie zieht. Trotz englischer und französischer Verfremdung lenkt er den Fokus auf "ein sehr deutsches Phänomen, die Problemorientiertheit" und ist letztlich als Martin Kippenbergers Kommentar zum "Status quo der deutschen Vergangenheitsbewältigung" der 1980er Jahre zu verstehen, wie im erst kürzlich erschienen zweiten Band des Werkverzeichnisses erklärt wird (Gisela Capitain, Lisa Franzen (Hrsg.), Werkverzeichnis der Gemälde. Catalogue Raisonné of the Paintings, Volume Two 1983-1986, Köln 2023, S. 437). Der Satz "Ich habe kein Problem damit, aber .." ist aus dem deutschen Sprachgebrauch weithin bekannt und impliziert bei aller Toleranz ein nach wie vor vorhandenes, nicht überwundenes Problem. Und so erscheint, vor dem Hintergrund des in den späten 1980er Jahren ausgetragenen Historikerstreits und der einsetzenden Verständigung auf eine gemeinsame Verantwortung an den Kriegsereignissen, Martin Kippenbergers zunächst unschuldig-humorvoll verstandene Alltagsthematik ganz plötzlich in einem gesamtgesellschaftlich relevanten Licht.
Erstmals ausgestellt wurde die Werkserie im Entstehungsjahr 1986 in der Galerie Christoph Dürr in München, in der Stadt der ersten Wirkungsstätte der Nationalsozialisten, begleitet von einem Ausstellungsplakat mit einer Zeichnung Adolf Hitlers in Uniform mit Hakenkreuz und erhobenem Zeigefinger. Auch hierin zeige sich laut den Werkverzeichnissverfassern eine besondere Fähigkeit im Schaffen Kippenbergers, der es verstehe, "Ort und Geschichte inhaltlich mit seinem Werk zu verknüpfen" (Werkverzeichnis Bd. II, S. 437). Mit jeder Hintergrundinformation zur Werkserie "No problem" wird das Verständnis für den Inhalt dieser so hochkomplexen wie raffinierten Arbeit größer, die nur auf den ersten Blick zusammenhanglos erscheint. Nichts ist hier, wie es scheint und doch ist – auf Kippenberger-Art – alles zur deutschen Gesellschaft der 1980er Jahre gesagt, was gesagt werden muss. [AR]
124001330
Martin Kippenberger
We Don't Have Problems with Friends, We Sleep with Them, 1986.
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