Auktion: 560 / Evening Sale am 06.12.2024 in München Lot 124000955

 

124000955
Ernst Wilhelm Nay
Federgrau, 1958.
Öl auf Leinwand
Schätzpreis: € 140.000 - 180.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.
Federgrau. 1958.
Öl auf Leinwand.
Rechts unten signiert und datiert. Verso auf der Leinwand signiert und auf dem Keilrahmen signiert und betitelt. 100,5 x 81,5 cm (39,5 x 32 in). [CH].


• In Form und Farbe eine Besonderheit innerhalb der bedeutenden Werkserie der "Scheibenbilder" (1954–1962).
• Zugunsten einer größeren Leichtigkeit und einer freieren Komposition löst Nay die Scheibe hier in wabernde Farbwolken auf.
• Das Gemälde umfasst das breite Farbspektrum der "Scheibenbilder": von hell-dunkler Monochromie bis hin zu einer warmen Palette von Rot und strahlendem Gelb.
• Weitere Werke aus diesem Jahr befinden sich u. a. in den Musées Royaux des Beaux-Arts in Brüssel, in der Hamburger Kunsthalle, im Museum Ludwig, Köln, in der Staatsgalerie Stuttgart und im Sprengel Museum, Hannover.
• Bedeutende Entstehungszeit: 1955, 1959 und 1964 ist E. W. Nay auf der documenta I-III in Kassel vertreten
.

PROVENIENZ: Kleemann Galleries, New York (1960).
Ernest Raboff Gallery, Los Angeles (verso auf der Leinwand mit dem Galerieetikett).
Privatsammlung Los Angeles.
Galerie Günther Franke, München (1973 vom Vorgenannten erworben).
Privatsammlung Bremen/Ascona (1973 vom Vorgenannten erworben).
Seitdem in Familienbesitz.

AUSSTELLUNG: E. W. Nay, Kleemann Galleries, New York, 1.11.-4.12.1959, Kat.-Nr. 3.
Interior Vision. European Abstract Expressionism 1945-1960, Santa Barbara Museum of Art, 25.3.-18.5.1972, Kat.-Nr. 32 (m. ganzs. SW-Abb., fläschl. dat. "1956", auf d. Keilrahmen m. d. Ausstellungsetikett).
50 Jahre Galerie Günther Franke. Nay, München, 20.10.-22.12.1973, Kat.-Nr. 107 (m. Abb., S. 103).

LITERATUR: Aurel Scheibler, Siegfried Gohr, Ernst Wilhelm Nay. Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. 2 (1952-1968), Köln 1990, WVZ-Nr. 902 (m. Farbabb.).
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Stuttgarter Kunstkabinett Roman Norbert Ketterer, Stuttgart, 35. Auktion, 21.5.1960, Los 422 (m. Abb., S. 62).
Galerie Wolfgang Ketterer, München, 9. Auktion, 29.5.1973, Los 1521 (m. Abb.).

1954 markiert den Beginn von Ernst Wilhelm Nays heute wohl bekanntester und auf dem internationalen Auktionsmarkt gefragtester Werkserie, seinen "Scheibenbildern“ (1954–1962), denen auch die vorliegende Arbeit zuzuordnen ist. Im Entstehungsjahr vollzieht Nay die allmähliche Auflösung der Scheibe und Kreisform, die sich in einzelnen Arbeiten dieses Jahres zunächst ankündigt, darunter "Akkord in Rot und Blau“ (Hamburger Kunsthalle) und "Grau und dunkles Blau“ (Kunstmuseum Bonn), "Abstraktes Bild in Rot, Blau und Gelb“ (Sprengel Museum, Hannover) und "Blau und Rubin“ (Musées royaux des Beaux-Arts, Brüssel): "Zunehmend entwickelt der Künstler sein Motiv aus einer malerischen Geste heraus: Mit breiten Pinselstrichen formte er Farbe zu einem kompakten Knäuel [..]". (Karin Schick, Im Kreis der Zeichen. Scheibenbilder, Augenbilder und Späte Bilder, in: Ausst.-Kat. E. W. Nay. Retrospektive, Hamburger Kunsthalle, 2022, S. 185)
In "Federgrau“ findet die Auflösung schließlich ihre Vollendung, bevor die Scheiben im darauffolgenden Jahr 1959 wieder deutlicher in Erscheinung treten.

In der hier angebotenen Arbeit stellt E. W. Nay die Wirkkraft der Primärfarben Gelb und Rot monochrom-grauen und schwarzen Farbflächen gegenüber. Einzelne kontrastierende Farbfelder und unter das helle Grau gemischte Farbschlieren in bläulichem Hellgrün sorgen für einen spannungsvollen Irritationsmoment. Die Farbe wird scheinbar ohne formale Regeln oder künstlerische Schemata in frei gesetzten Flächen auf die Leinwand aufgetragen und darf ganz für sich alleine sprechen. Das so frei und ungezwungen komponierte Bildgefüge enthält eine spürbare Rhythmik und Bewegung, die insbesondere durch die weniger flächigen, sondern gestischen kurzen Schwünge in hellem Grau mit deutlichem Pinselduktus übermittelt wird. In Verbindung mit dem vom Künstler gewählten suggestiven Titel "Federgrau“ vermitteln sie zusätzlich eine gewisse Leichtigkeit, mit der die Dichte der ansonsten so flächigen, farbkräftigen Komposition aufgebrochen wird. Die Monochromie des Grauschwarz beruhigt den Gesamteindruck, doch die Fröhlichkeit und Intensität der satten, gelben, roten und orangeroten Farbflächen überwiegt.
Innerhalb der "Scheibenbilder“ spielt das hier angebotene Werk eine besondere Rolle: Nay überwindet die altbewährte Kreisform zugunsten freier Farbflächen und beweist einmal mehr sein meisterliches Können in der Gestaltung offener Bildräumlichkeit mithilfe unbestimmter, intuitiver Formen sowie eine unbeschwerte Sicherheit in der Wahl und Zusammenstellung kontrastreicher, starker Farben. Mit seinen das dunkle Grauschwarz bezwingenden, sonnigen Gelb- und kräftigen Rottönen zeigt das Werk Nays Souveränität im Umgang mit Farbe, Form und Material sowie die Lebendigkeit und optimistische Strahlkraft seiner Arbeiten aus dieser, seiner wohl bedeutendsten Werkperiode auf dem ersten Höhepunkt seiner langen, künstlerischen Karriere. [CH]



124000955
Ernst Wilhelm Nay
Federgrau, 1958.
Öl auf Leinwand
Schätzpreis: € 140.000 - 180.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.