Auktion: 415 / Klassische Moderne am 06.06.2014 in München Lot 352

 

352
Georg Kolbe
Kniende 30, 1930.
Bronze
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 122.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Kniende 30. 1930.
Bronze mit brauner Patina.
Nicht bei Berger. Auf der Standfläche mit dem Monogramm und dem Gießerstempel "H. Noack Berlin Friedenau". Wohl einer von nur 5 Lebzeitgüssen. 54 x 17 x 20 cm (21,2 x 6,6 x 7,8 in).
Mit der Rechnung der Gießerei Hermann Noack vom 13.12.1933 (in Kopie) und einem Schreiben des Künstlers an den Sammler vom 28.11.1933, dort mit der Bemerkung: "Sie erhalten das vierte Exemplar". [EH].

Mit einem Gutachten von Frau Dr. Ursel Berger, Berlin, vom 19. April 2014.

PROVENIENZ: Privatsammlung Nordrhein-Westfalen (1933 direkt vom Künstler erworben).
Privatsammlung Baden-Württemberg (seit dem Kauf in Familienbesitz).

Georg Kolbe, einer der erfolgreichsten Bildhauer seiner Zeit, studiert anfänglich Malerei in Dresden und München. Unter dem Eindruck der Plastik von Rodin, die er während eines halbjährigen Parisaufenthaltes 1897 ausgiebig studiert, und von Louis Tuaillon kommt Kolbe zur Bildhauerei. Mit selbigem Tuaillon, dem Hauptvertreter der neoklassizistischen Plastik, beschäftigt sich Kolbe, als er 1898 nach Rom übersiedelt. Unter seiner Anleitung entstehen erste Porträtplastiken. Nach sechs Jahren, während derer er zahlreiche Reisen durch Italien, Frankreich, Belgien und Holland unternimmt, entschließt sich Kolbe, wieder nach Deutschland zurückzukehren und zieht nach Berlin. Auch von dort aus macht er sich in den folgenden Jahren immer wieder auf, um in anderen Ländern neue Impulse und Eindrücke zu gewinnen. Im Jahr 1913 wechselt der Bildhauer von der 'Berliner Sezession', in die er 1905 aufgenommen worden war, zur 'Freien Sezession'. Das Kriegsgeschehen bringt ihn ab 1914 als Freiwilligen nach Ostpreußen und Polen, 1918 wird er als Infanteriesoldat im Schwarzwald eingesetzt. Noch im selben Jahr, kurz nach seiner Rückkehr aus dem Krieg, erhält er den Professorentitel vom Preußischen Kultusministerium. Während Kolbe in seinem plastischen Schaffen mit einfachen, harmonischen, von Rodin und Maillol beeinflussten Aktfiguren beginnt und im Ausdruck dabei um einen Gleichklang von Körper und Seele bemüht ist, verstärkt sich seine Neigung zu einer heroisierenden Monumentalität in den dreißiger Jahren.

Auch in unserer "Knienden" klingt eine Heroisierung im Gesamtausdruck an und tritt das Insichgekehrt sein in den Hintergrund. Die Geschlossenheit der Haltung mit den auf die Oberschenkel aufgelegten Händen vermittelt große Ruhe und Entspannung, wobei der Blick in die Ferne geht. Besonders schön ist die Rundumansicht dieser Figur herausgearbeitet: Die verschränkten Füße sowie der seitlich gedrehte Kopf führen den Blick um die gesamte Figuren-Achse. Georg Kolbe gestaltet ab den frühen 1920er Jahren verschiedene Motivvarianten des knienden Aktes.

1936 nimmt die Reichskulturkammer den Deutschen Künstlerbund mit Kolbe als Vorsitzenden in ihren Verband auf. Gegen Ende des Krieges werden Haus und Atelier des Bildhauers beschädigt, so dass er bis Anfang 1945 nach Hiershagen in Schlesien übersiedelt. Zurück in Berlin muss sich Kolbe mehreren Augenoperationen unterziehen, die allerdings erfolglos verlaufen. Zudem bricht ein altes Krebsleiden wieder aus. Kolbe stirbt 1947 am 20. November in Berlin. Er gehört zu den ersten Bildhauern, deren Arbeiten nicht mehr auf Aufträge zurückgehen. Neben einem beachtlichen Porträtschaffen konzentriert Kolbe sich weitgehend auf die Aktplastik, womit er prägend für seine und die folgende Bildhauergeneration wird.




352
Georg Kolbe
Kniende 30, 1930.
Bronze
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 122.000

(inkl. Käuferaufgeld)