Auktion: 405 / Wertvolle Bücher am 27./28.05.2013 in Hamburg Lot 71

 
August II. v. Polen (d. Starke - Gästebuch des Weinguts Hoflößnitz/Einschreibebuch Jagt-Willkommen. 2 Bde. 1694-1728.


71
August II. v. Polen (d. Starke
Gästebuch des Weinguts Hoflößnitz/Einschreibebuch Jagt-Willkommen. 2 Bde. 1694-1728.
Schätzung:
€ 6.000
Ergebnis:
€ 10.200

(inkl. Käuferaufgeld)
August II., der Starke. - Gästebuch des Weinguts Hoflößnitz und "Einschreibbuch zu dem Jagt-Willkommen". Mit eigh. Eintragungen und U. von August II., dem Starken, und zahlr. weiteren hist. Persönlichkeiten und Potentaten. 2 Bde. Deutsche und lateinische Handschrift auf Papier. 1694-1728. Ca. 160 Eintragungen. 61 nn. Bll. (14 beschrieben); 34 nn. Bll. (12 beschrieben). Blattgröße und Schriftspiegel je ca. 19,5 : 15,5 cm. Schwarzbraune Tinte. - Grüngefärbte Pergamentbände d. Zt., mit goldgepr. Inschrift "Hoflösnitz" bzw. "Jagt-Wilkommen 1710" auf VDeckeln. Je ca. 20 : 16 cm.

Einmaliges, historisch hochinteressantes Dokument aus der Blütezeit des Dresdner Barock. - August II. von Polen (1671-1733), als Bonvivant bekannt und mit seinem Beinamen "der Starke" nicht nur seiner außergewöhnlichen Körperkräfte, sondern auch seiner zahlreichen Mätressen wegen bedacht, pflegte seine Jagdgesellschaften zum Mittagsmahl oder zu Tanzfesten auf den Weingütern bei Dresden einzuladen. Der sächsische Kurfürst und spätere König von Polen, der als sehr trinkfest galt, ließ seine Gäste aus dem für ihn bereitgehaltenen Faß oder Trinkgefäß (das sog. "Willkommen") mit dem besten Wein bewirten. Das bei Radebeul gelegene Weingut Hoflößnitz, um 1650 zum Schloß ausgebaut, war das Zentrum des kursächsischen Weinbaus und ein beliebtes Ausflugsziel der sächsischen Herrscherfamilie. August der Starke vergrößerte den kurfürstlichen Besitz durch gezielte Zukäufe der umliegenden Weinberge und machte die Anlage zum glänzendsten der höfischen Weingüter. - Das "Einschreibe Buch" des Gutes Hoflößnitz verzeichnet zwischen 1694 bis 1715 sechs Besuche von kurfürstlichen oder -prinzlichen Jagdgesellschaften, davon vier mit August dem Starken als Gastgeber und zwei mit seinem Sohn Friedrich August (1696-1763); das "Einschreibe-Buch zu dem Jagt-Willkommen" vermerkt zwischen 1710 und 1728 vier Gesellschaften. Die Gäste, die August um sich zu versammeln pflegte, bestanden aus Ministern, Offizieren, Familienmitgliedern, Mätressen und gelegentlich geladenen Potentaten anderer Fürstentümer, die sich in die Gästebücher für die Nachwelt meist mit ihrem Namen und je nach Esprit und Feststimmung mit einem launigen Spruch verewigten.
August der Starke selbst trug sich über seinen Namenszug hinaus ("Augustus Rex") bei zwei Gelegenheiten mit einigen Zeilen in phantasievollem Französisch ein, so im November in das Gästebuch von Hoflößnitz: "Je suis de l'ameur d'en gren Eschaton j'aime le feux (?) et la boison. Auguste Roy ostre fois le constable" (November 1714).
Besonders bemerkenswert sind zwei Eintragungen vom 28. Januar 1728 von Friedrich Wilhelm I. von Preußen (1688-1740) und seinem Sohn Friedrich (d. Gr.) der erst wenige Tage zuvor 16 Jahre alt geworden war. Friedrich Wilhelm dankt für die Bewirtung mit einem Trinkspruch ".. haben aus dem Willkommen des lieben Königs von Pohlen von hertzen Ihro gesundtheit getrunken. Gott verleihe Ihm langes und vergnüht lehben amen". Der junge Friedrich schließt sich ihm - auf Französisch - an: "Tout pour Dieu et pour les deux Roys. Frederic". Der Besuch Friedrich Wilhelms in Begleitung seines Sohnes im Frühjahr 1728 diente der Beilegung von politischen Gegensätzen zwischen Preußen und Sachsen, die zuvor in langjährigen Streitereien Ausdruck gefunden hatten, und führte - nach Gegenbesuch Augusts in Berlin und Potsdam im selben Jahr - zu einem Handelsvertrag.
Weitere Minister und Offziere, die (tlw. mehrfach) mit Namen und vereinz. mit Spruch vermerkt sind:
Jacob Heinrich Flemming (1667-1728), Generalfeldmarschall, Kabinettsminister, Großstallmeister von Litauen, eine der einflußreichsten Gefolgsleute Augusts und maßgeblich für dessen Wahl zum König von Polen verantwortlich. - Friedrich Ludwig von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Beck (1653-1728) und sein Sohn u. Nachfolger Friedrich Wilhelm (1687-1749). - Anton Egon von Fürstenberg (1656-1716), Statthalter von Sachsen. - Johann
Unter den Eintragungen der zahlreichen Damen, die August auf seinen Jagdausflügen und Weinfesten begleiteten, ist sicherlich eine der interessantesten diejenige der Aurora von Königsmarck (1662-1728), welche von 1694-96 nach seiner Erhebung zum Kurfürsten Augusts erste offizielle Geliebte gewesen war. In Gesellschaft ihres gemeinsamen Sohnes Moritz von Sachsen (1696-1750; Marschall von Frankreich) befindet sie sich im März 1714 in der Jagdgesellschaft Augusts des Starken bei Weinböhla und trägt sich mit einigen Zeilen in Französisch ein: "À Moritzburg au .. de Maurice on trouva la cour de delice - L'amour en fit la recompanie et le Roy la depanie." Pikanterweise war bei dieser Gelegenheit unter den weiteren Gästen die Reichsfürstin von Teschen , Ursula Katharina von Altenbockum (1680-1743; Augusts Mätresse 1700-1705) sowie die damalige Favoritin, Maria Magdalena von Dönhoff (geb. 1693; Mätresse Augusts 1713-19). Diese schrieb sich bei mehreren Gelegenheiten in die Gästebücher ein, so auch im folgenden Jahr, diesesmal direkt unter dem Namenszug von August und mit den vielsagenden Worten "Je change de lieux mais tout jour les meme metre Mes dieux" (dt. Ich wechsle meine Aufenthaltsorte aber [diene] immer den gleichen Herren, meinen Göttern). Auch die neben Aurora von Königsmarck wohl bedeutendste und einflußreichste Geliebte Augusts des Starken findet sich mit einem Eintrag, so vermerkt Anna Constantia von Brockdorff, verh. von Hoym, ab 1706 Gräfin von Cosel (1680-1765; 1705-13 Mätresse von August) nach einer Wildschweinjagd in der Dresdner Heide im Januar 1710 "Un peux de vin dan la Tette port l'amour iusques au Coeur" (dt. Ein bißchen Wein im Kopf trägt die Liebe ins Herz). - Alles in allem ein interessantes Zeitdokument von großer Reichhaltigkeit, die hier nur angedeutet werden kann. - Zustand: Untersch. gebräunt und fleckig, vereinz. mit Tintenfraß, die Blattränder des Gästebuchs von Hoflößnitz unten mit kl. Randläsuren mit einz. Buchstabenverlust. Einbde. teils stärker berieben, ein Rücken eingerissen und mit Fehlstellen.

Unique historic document from the heyday of Dresden barock. - Guest book of the vineyard Hoflößnitz, which Augustus II the Strong regularly frequented with company and "Einschreibbuch zu dem Jagt-Willkommen". With autogr. and signed entries by August II and numerous other historical personalities, such as Frederick William I of Prussia (1688-1740) and his son Frederick the Great, as well as numerous other potentates, as well as numerous entries by the king's fancy ladies, e.g. by Maria Aurora von Königsmarck (1662-1728), the Countess of Cosel and many others. 2 vols. German and Latin manuscript on paper. With a total of ca. 160 entries. 61 unnumb. ll. (14 with writing); 34 unnumb. ll. (12 with writing). Size of sheet and text area each ca. 19,5 : 15,5 cm. Black brown ink. - Green-dyed contemp. vellum bindings, with gilt inscriptions "Hoflösnitz" and "Jagt-Wilkommen 1710" on front boards. Each ca. 20 : 16 cm. - Alle in all a rich and interesting contemporary document. - Condition: Various degrees of browning and staining, with isolated damage caused by ink, margins of guest book with small blemishes at bottom with isolate dloss of printed matter. Bindings partly stronger rubbed, one spine slightly torn and with blemishes.




71
August II. v. Polen (d. Starke
Gästebuch des Weinguts Hoflößnitz/Einschreibebuch Jagt-Willkommen. 2 Bde. 1694-1728.
Schätzung:
€ 6.000
Ergebnis:
€ 10.200

(inkl. Käuferaufgeld)