18
Egon Schiele
Liebespaar, 1911.
Bleistiftzeichnung
Schätzung:
€ 120.000 Ergebnis:
€ 317.200 (inkl. Käuferaufgeld)
Liebespaar. 1911.
Bleistiftzeichnung.
Kallir 967. Links unten signiert und datiert. Rechts unten gewidmet "A Peschka, Freundlichst!". Auf chamoisfarbenem Velin. 47,8 x 31,5 cm (18,8 x 12,4 in), Blattgröße.
PROVENIENZ: Sammlung Anton Peschka, Wien (direkt vom Künstler als Geschenk erhalten).
Sammlung Lea Bondi Jaray, Wien.
Sammlung Otto Brill, Wien und London (verso mit dem Sammlerstempel, Lugt 2005a).
Sammlung Mr & Mrs Eric Estorick, London.
Privatsammlung Großbritannien.
Privatsammlung.
AUSSTELLUNG: Egon Schiele, Dessins et aquarelles, Galerie Octave Negru, Paris, Februar-April 1976, Nr. 2 (mit Abb.).
Egon Schiele wird am 12. Juni 1890 in Tulln an der Donau geboren. Nach der großen Klimt-Ära wird Egon Schiele der Maler werden, der die Wiener Kunstszene am Anfang des 20. Jahrhunderts nachhaltig prägt. 1906 tritt der junge Schiele in die noch sehr traditionellen Disziplinen verhaftete Klasse des Historien- und Porträtmalers Christian Griepenkerl an der Wiener Akademie ein. Dort hinterlassen die auferlegten Studien, die Schiele nur widerwillig praktiziert, keine weiteren Spuren in seinem persönlichen Stil. Ihn beeindruckt vielmehr der lineare Flächenstil von Gustav Klimt und der Sezessionisten, die als Künstlergemeinschaft gegen die starren akademischen Konventionen des Historismus und für eine Versöhnung von Kunst und Leben eintritt. Nachdem sich Schiele, auch als Akt von Rebellion gegen die Dogmatik der Ausbildung zunehmend Klimt'sche Gestaltungsprinzipien aneignet, beschleunigt der vorzeitige Akademieaustritt im Jahr 1909 sein Streben, losgelöst von der Malerei, die so sehr die Ästhetik des schönen Scheins zelebriert, nach einer eigenen künstlerischen Verwirklichung. Mit Freunden gründet er die "Neukunstgruppe" und entwickelt einen Zeichenstil, der absichtsvoll den Eindruck von Fragilität und Verkrampfung hervorruft. Antiakademisch und radikal subjektiv wählt Schiele dabei Blickwinkel und Ansichten, welche die nur selten frontal oder in voller Gestalt ins Bild gefügten Figuren von der kompositorischen Anlage her verzerrt und deformiert erscheinen lassen. Diese, die gewöhnliche Wahrnehmung irritierenden, morbid farbigen Darstellungen, die motivisch zu einem großen Teil aus Selbstbildnissen, aber auch Portraits und insbesondere aus durch stark erotische Züge gekennzeichneten Akten bestehen, werden somit zu einem frühen Zeugnis des Wiener Expressionismus.
Anton Peschka, der Adressat der Widmung dieser Zeichnung, war mit Egon Schiele eng befreundet. Im Jahr 1914 werden sie zudem verwandtschaftlich verbunden, als Anton Peschka Schieles jüngere Schwester Gerda heiratet. Dass die erotische Darstellung kein Hindernis für die Widmung war, zeugt von dem engen freundschaftlichen Verhältnis der beiden Künstler. Erotische Blätter finden sich zahlreich im Schaffen von Egon Schiele. In ihrer oft strengen Linearität unterwerfen sie das Sujet einer optischen Strenge, die dem eigentlichen Sinn eines erotischen Blattes zuwiderläuft. Ein gewisser Manierismus der Zeichnung, der sich besonders in der Streckung der Gliedmaßen äußert, unterstreicht die objektive Kühle, mit der Schiele die Szene ausgestattet hat und die etwa sechzig Jahre später im zeichnerischen Werk von Horst Janssen wieder zu finden ist. Sowohl die dekorativ in die Komposition gesetzte Signatur als auch die Widmung lassen in ihrer Platzierung Anklänge an den Jugenstil erkennen, wie auch das Liniengeflecht der Zeichnung einem geheimen ornamentalen Gesetz zu folgen scheint. Schiele hat hier das scheinbar Pornografische der Szene neutralisiert, indem er der Zeichnung in ihrer klaren Linearität die Federführung überlässt.
Die als "unmoralisch" empfundene Abbildungsweise sehr junger Aktmodelle bringt den Künstler 1912 für kurze Zeit ins Gefängnis. 1913 tritt Schiele dem "Bund Österreichischer Künstler" bei und arbeitet für die Berliner Zeitschrift "Die Aktion". Im folgenden Jahr löst er die Verbindung zu Wally Neuziel, mit der er vier Jahre lang liiert war, und heiratet Edith Harms. Als Schiele ab 1915 für zwei Jahre als Soldat eingesetzt wird, entstehen nur wenige Gemälde. Der Maler beteiligt sich jedoch weiter an vielen Ausstellungen, wie z.B. der Wiener Sezessionsausstellung, die 1918 mit 50 seiner Arbeiten ein großer Erfolg wird. Im selben Jahr noch stirbt Egon Schiele am 31. Oktober, kurz nach seiner Frau, an der Spanischen Grippe. [KD].
Bleistiftzeichnung.
Kallir 967. Links unten signiert und datiert. Rechts unten gewidmet "A Peschka, Freundlichst!". Auf chamoisfarbenem Velin. 47,8 x 31,5 cm (18,8 x 12,4 in), Blattgröße.
PROVENIENZ: Sammlung Anton Peschka, Wien (direkt vom Künstler als Geschenk erhalten).
Sammlung Lea Bondi Jaray, Wien.
Sammlung Otto Brill, Wien und London (verso mit dem Sammlerstempel, Lugt 2005a).
Sammlung Mr & Mrs Eric Estorick, London.
Privatsammlung Großbritannien.
Privatsammlung.
AUSSTELLUNG: Egon Schiele, Dessins et aquarelles, Galerie Octave Negru, Paris, Februar-April 1976, Nr. 2 (mit Abb.).
Egon Schiele wird am 12. Juni 1890 in Tulln an der Donau geboren. Nach der großen Klimt-Ära wird Egon Schiele der Maler werden, der die Wiener Kunstszene am Anfang des 20. Jahrhunderts nachhaltig prägt. 1906 tritt der junge Schiele in die noch sehr traditionellen Disziplinen verhaftete Klasse des Historien- und Porträtmalers Christian Griepenkerl an der Wiener Akademie ein. Dort hinterlassen die auferlegten Studien, die Schiele nur widerwillig praktiziert, keine weiteren Spuren in seinem persönlichen Stil. Ihn beeindruckt vielmehr der lineare Flächenstil von Gustav Klimt und der Sezessionisten, die als Künstlergemeinschaft gegen die starren akademischen Konventionen des Historismus und für eine Versöhnung von Kunst und Leben eintritt. Nachdem sich Schiele, auch als Akt von Rebellion gegen die Dogmatik der Ausbildung zunehmend Klimt'sche Gestaltungsprinzipien aneignet, beschleunigt der vorzeitige Akademieaustritt im Jahr 1909 sein Streben, losgelöst von der Malerei, die so sehr die Ästhetik des schönen Scheins zelebriert, nach einer eigenen künstlerischen Verwirklichung. Mit Freunden gründet er die "Neukunstgruppe" und entwickelt einen Zeichenstil, der absichtsvoll den Eindruck von Fragilität und Verkrampfung hervorruft. Antiakademisch und radikal subjektiv wählt Schiele dabei Blickwinkel und Ansichten, welche die nur selten frontal oder in voller Gestalt ins Bild gefügten Figuren von der kompositorischen Anlage her verzerrt und deformiert erscheinen lassen. Diese, die gewöhnliche Wahrnehmung irritierenden, morbid farbigen Darstellungen, die motivisch zu einem großen Teil aus Selbstbildnissen, aber auch Portraits und insbesondere aus durch stark erotische Züge gekennzeichneten Akten bestehen, werden somit zu einem frühen Zeugnis des Wiener Expressionismus.
Anton Peschka, der Adressat der Widmung dieser Zeichnung, war mit Egon Schiele eng befreundet. Im Jahr 1914 werden sie zudem verwandtschaftlich verbunden, als Anton Peschka Schieles jüngere Schwester Gerda heiratet. Dass die erotische Darstellung kein Hindernis für die Widmung war, zeugt von dem engen freundschaftlichen Verhältnis der beiden Künstler. Erotische Blätter finden sich zahlreich im Schaffen von Egon Schiele. In ihrer oft strengen Linearität unterwerfen sie das Sujet einer optischen Strenge, die dem eigentlichen Sinn eines erotischen Blattes zuwiderläuft. Ein gewisser Manierismus der Zeichnung, der sich besonders in der Streckung der Gliedmaßen äußert, unterstreicht die objektive Kühle, mit der Schiele die Szene ausgestattet hat und die etwa sechzig Jahre später im zeichnerischen Werk von Horst Janssen wieder zu finden ist. Sowohl die dekorativ in die Komposition gesetzte Signatur als auch die Widmung lassen in ihrer Platzierung Anklänge an den Jugenstil erkennen, wie auch das Liniengeflecht der Zeichnung einem geheimen ornamentalen Gesetz zu folgen scheint. Schiele hat hier das scheinbar Pornografische der Szene neutralisiert, indem er der Zeichnung in ihrer klaren Linearität die Federführung überlässt.
Die als "unmoralisch" empfundene Abbildungsweise sehr junger Aktmodelle bringt den Künstler 1912 für kurze Zeit ins Gefängnis. 1913 tritt Schiele dem "Bund Österreichischer Künstler" bei und arbeitet für die Berliner Zeitschrift "Die Aktion". Im folgenden Jahr löst er die Verbindung zu Wally Neuziel, mit der er vier Jahre lang liiert war, und heiratet Edith Harms. Als Schiele ab 1915 für zwei Jahre als Soldat eingesetzt wird, entstehen nur wenige Gemälde. Der Maler beteiligt sich jedoch weiter an vielen Ausstellungen, wie z.B. der Wiener Sezessionsausstellung, die 1918 mit 50 seiner Arbeiten ein großer Erfolg wird. Im selben Jahr noch stirbt Egon Schiele am 31. Oktober, kurz nach seiner Frau, an der Spanischen Grippe. [KD].
18
Egon Schiele
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