Auktion: 468 / Klassische Moderne I am 09.06.2018 in München Lot 713


713
Hermann Max Pechstein
Am Genfer See, 1925.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 140.000
Ergebnis:
€ 187.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Am Genfer See. 1925.
Öl auf Leinwand.
Soika 1925/8. Rechts oben monogrammiert und datiert. Verso signiert, datiert und mit den Adressangaben des Künstlers bezeichnet. 80 x 100 cm (31,4 x 39,3 in).
Unten mittig dargestellt ist das am Ostufer des Genfer Sees gelegene Château du Châtelard bei Montreux.

PROVENIENZ: Kunsthandel Pforzheim (1955).
Privatsammlung Bremerhaven (seit 1955 in Familienbesitz);
aus dieser als Dauerleihgabe in der Kunsthalle Emden (2006-2018; auf der Rahmenabdeckung mit dem Etikett).

AUSSTELLUNG: Glaspalast, 1. Allgemeine Kunst-Ausstellung, München, Juni-Oktober 1926, Nr. 1642 (unter dem Titel: Am Genfersee).
Max Pechstein. Ein Expressionist aus Leidenschaft. Retrospektive, Kunsthalle zu Kiel, Kiel 19.9.2010–9.1.2011; Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensbsurg 6.3.–26.6.2011; Kunstmuseum Ahlen, Ahlen 10.6.–30.10.2011, Nr. 179, mit Abb. S. 181.

LITERATUR: Wilhelm Michel, Der Münchener Glaspalast 1926, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Bd. 58, April–Oktober 1926, S. 347–364.
"Wenn gleich meine wirtschaftliche Existenz durch die Inflation und den Vertrauensbruch meines Kunsthändlers vernichtet, meine Ehe geschieden war, blieb mir immer noch meine Arbeit. [..] Allein hauste ich in meinem Berliner Atelier. Ein Schweizer Arzt, Dr. Minnich, kam mich besuchen, um mich und meine neuen Arbeiten kennenzulernen. Dringend bat er mich immer wieder in Berlin alles zu verschließen und auf einige Jahre zu ihm nach Montreux am Genfer See als Gast zu kommen. Aus den Enttäuschungen des Nachkriegslebens hatte ich einen neuen Lebenskameraden für mich gerettet. So fuhr ich abermals hoffnungsvoll in ein neues Leben hinein."
H. M. Pechstein, zit. nach: Max Pechstein, Erinnerungen, Stuttgart 1993, S. 108.

Bereits im August 1924 hat sich Max Pechstein dazu entschieden, die Großstadt "Berlin in diesem Winter zu meiden" (zit. nach: Soika Bd. II, S. 16) und so ist Pechsteins Entscheidung schließlich klar, als er im September eine Einladung seines langjährigen Freundes und Förderers, des Schweizer Arztes Walter Minnich nach Montreux erhält. Mitte November bricht Pechstein in Berlin auf und arbeitet in Montreux unter anderem an der Umsetzung von Skizzen, die er bereits im Sommer 1924, teils auch während seines Aufenthaltes in Italien, gemacht hat. Anfang 1925 aber entstehen auch einige wenige, heute leider zumeist verschollene oder an unbekanntem Standort befindliche Gemälde der beeindruckenden Landschaftskulisse des Genfer Sees. Unsere von etwas außerhalb von Montreux gesehene Ansicht "Am Genfer See", die seit 2006 als Dauerleihgabe in der Kunsthalle Emden ausgestellt war, ist ein besonders schönes Zeugnis dieser unbeschwerten Auszeit Pechsteins, von welcher der Künstler Ende März wieder nach Berlin zurückkehren sollte. Eindrucksvoll ist die mit dem Türkis des Himmels und der flirrenden Oberfläche des Sees verschwimmende Bergkette im Hintergrund, deren verschneite Spitzen - wie auch die weißen Wolken - geradezu über den sie umgebenden grün-blauen Farbfeldern zu schweben scheinen. Vielleicht ist die Leichtigkeit unserer beeindruckenden Frühlingslandschaft aber nicht nur der überwältigenden Landschaftsszenerie, sondern auch der Tatsache geschuldet, dass Pechstein in jenen Monaten in Montreux, in denen er die ausgesprochen großzügige Gastfreundschaft des Lungenarztes und Kunstsammlers Walter Minnich genoss, von allen Sorgen des alltäglichen Lebens entbunden war. Minnich, der gerade in der ersten Hälfte der 1920er-Jahre als einer der wichtigsten Kontakte Pechsteins gilt, mit dem sich der Künstler in regelmäßigen Korrespondenzen über seine neuesten Arbeiten austauscht, hat zwischen 1912 und 1936 in seinem Anwesen in Montreux eine bedeutende Expressionismus-Sammlung mit zahlreichen Gemälden Pechsteins zusammengetragen, die er 1936 zu einem Großteil dem Kunstmuseum Luzern übergeben hat. [JS]



713
Hermann Max Pechstein
Am Genfer See, 1925.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 140.000
Ergebnis:
€ 187.500

(inkl. Käuferaufgeld)