Auktion: 406 / Moderne Kunst am 08.06.2013 in München Lot 55


55
Karl Schmidt-Rottluff
Anlegeplatz am Fluss (Maasholm an der Schlei), 1956.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 140.000
Ergebnis:
€ 648.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Anlegeplatz am Fluss (Maasholm an der Schlei). 1956.
Öl auf Leinwand.
Nicht mehr bei Grohmann. Rechts unten signiert. Auf dem Keilrahmen signiert, betitelt und mit der Werknummer "5612". 76 x 101,3 cm (29,9 x 39,8 in).

Das Gemälde ist im Archiv der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin, dokumentiert.

PROVENIENZ: Privatsammlung Norddeutschland, Geschenk des Künstlers.

AUSSTELLUNG: Karl Schmidt-Rottluff zum 100. Geburtstag. Sonderausstellung im Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum auf Schloß Gottorf in Schleswig - Reithalle, 3. Juni - 12. August 1984, Kat. Nr. 72, mit Abb.

LITERATUR: Gerhard Wietek, Karl Schmidt-Rottluff in Hamburg und Schleswig-Holstein, Neumünster 1984, Kat. Nr. 25, mit Farbabb. S 153.
Gerhard Wietek, Karl Schmidt-Rottluff. Zeichnungen auf Postkarten, Köln 2010, S. 101, mit Abb.

Der Maler, Grafiker und Plastiker Karl Schmidt wird 1884 in Rottluff bei Chemnitz als Sohn eines Müllers geboren.1905 beginnt Schmidt-Rottluff ein Architekturstudium an der Technischen Universität in Dresden. Im selben Jahr gründet er mit Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Fritz Bleyl die Künstlergemeinschaft "Brücke". 1906 erscheint die erste gemeinsame Grafikmappe. In seinen expressionistischen Bildern verleiht der Maler der leidenschaftlich aufgetragenen und bildbestimmenden Farbe eine intensive Leuchtkraft und geht in der Verwendung der unvermischten Primärfarben im Vergleich zu seinen Künstlerkollegen am weitesten. Bis 1912 hält sich Schmidt-Rottluff immer wieder für längere Zeit in Dangast und Dangastermoor bei Varel in Oldenburg auf, wo er zahlreiche Motive für seine Landschaftsgemälde findet. Mit seiner Übersiedlung nach Berlin im Jahr 1911 wendet er sich verstärkt formalen Problemen zu und entwickelt eine zunehmend reduzierte, geometrische Formensprache. Der Ausbruch des Krieges 1914 unterbricht diese Entwicklung. 1913 löst sich die Künstlergemenschaft "Brücke" auf. Während seines Militärdienstes entsteht ein Zyklus von religiösen Holzschnitten, in dem Schmidt-Rottluff die Schrecken des Krieges verarbeitet und der als sein grafisches Hauptwerk gilt. 1918 kehrt er nach Berlin zurück. Seinen Arbeitsrhythmus mit Malreisen im Sommer und der Atelierarbeit im Winter behält er auch in den zwanziger Jahren bei. Aufenthalte in Pommern, am Lebasee, im Tessin und im Taunus, ferner in Rom als Studiengast der deutschen Akademie in der Villa Massimo (1930) inspirieren Schmidt-Rottluff zu seinen reifen Stillleben und Landschaften. 1937 wird seine Kunst auf der Münchner Ausstellung "Entartete Kunst" diffamiert, 1941 folgen das Malverbot und der Ausschluss aus dem Berufsverband. Nach dem Zweiten Weltkrieg nimmt Schmidt-Rottluff einen Lehrstuhl an der (West-) Berliner Hochschule für bildende Künste an. Der als Erneuerer der Kunst, als Revolutionär Angetretene erhält 1956 den Orden "Pour le Mérite" und sieht sich als Klassiker geehrt.

Schmidt-Rottluff entwickelt im Anschluss an die Zeit des Expressionismus einen linear-expressiven Malstil, der in der Folge sein gesamtes Schaffen dominiert. Die kräftigen Konturen, meist in Schwarz, hier in Dunkelblau, lassen die Nähe zur Grafik erkennen. Das Besondere jedoch ist die ungewöhnlich kraftvolle Farbpalette, mit der er die Landschaft erfasst. Das vorliegende Gemälde stammt aus einer Zeit, in der die ungegenständliche Malerei geglaubt hat, den Sieg über den Realismus davongetragen zu haben. Damals schaffen gestische, lyrische und informelle Maler Bilder, in denen Malerei nur noch um ihrer selbst willen ausgeübt wird. Schmidt-Rottluff verweigert sich jedoch dem Zeitgeist und bleibt dem Abbilden treu. Wie kaum ein anderer seiner Malerkollegen aus der Brücke-Zeit hat er sich Energien bewahrt, die in ihrem jugendlichen Elan ein kontinuierliches Alterswerk bestimmen.

Sein Spätwerk schließt motivisch an die expressionistische Phase an, ist farblich jedoch differenzierter und weniger intensiv. 1967 wird das auf seine Initiative hin gegründete Brücke-Museum in Berlin eröffnet. Zahlreiche Ausstellungen in der Bundesrepublik ehren Karl Schmidt-Rottluff, der von der Kunstgeschichte zu den wichtigsten Vertretern des deutschen Expressionismus gezählt wird. [DB].




55
Karl Schmidt-Rottluff
Anlegeplatz am Fluss (Maasholm an der Schlei), 1956.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 140.000
Ergebnis:
€ 648.000

(inkl. Käuferaufgeld)