Auktion: 415 / Klassische Moderne am 06.06.2014 in München Lot 317

 

317
Gabriele Münter
Landschaft mit gelbem Haus, 1916.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 180.000
Ergebnis:
€ 195.200

(inkl. Käuferaufgeld)
Landschaft mit gelbem Haus. 1916.
Öl auf Leinwand.
Links unten signiert und datiert. Auf dem Keilrahmen bezeichnet: "G. Münter. 1916.9 Landschaft mit gelbem Haus." Verso mit dem Nachlassstempel und der handschriftlichen Bezeichnung in Kreide "L.83". Auf dem Keilrahmen mit einem Etikett mit der teils handschriftlichen, teils gestempelten Nachlassnummer "L 83" sowie einem Etikett mit der gestempelten Nummer "507". 41 x 52,5 cm (16,1 x 20,6 in). [KD].

Mit einer schriftlichen Bestätigung der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München, vom 29. Juli 2014. Die Arbeit wird in das Werkverzeichnis der Gemälde von Gabriele Münter aufgenommen.

PROVENIENZ: Galerie Gunzenhauser, München.
Privatsammlung Norddeutschland (1979 vom Vorgenannten erworben).

AUSSTELLUNG: Liljevalchs Konsthall, Stockholm 1917 (Annegret Hoberg/Helmut Friedel (Hrsg.), Gabriele Münter 1877-1962 Retrospektive, München 1992, S. 75 mit historischer Fotografie der Ausstellungswand).
Gabriele Münter 1908-1933,Wanderausstellung Bremen/Bochum 1933, Jena/Eisenach 1934, Altenburg/Stuttgart 1935, Nr. 26 (mit dem Ausstellungsaufkleber auf dem Keilrahmen).

Den ersten Unterricht erhält Gabriele Münter 1897 an der Düsseldorfer Damen-Kunstschule, die weitere Ausbildung im Künstlerinnen-Verein als Schülerin von M. Dasio und A. Jank. Anschließend geht sie nach München und besucht dort die Privatkunstschule "Phalanx"; Leiter der Schule ist Wassily Kandinsky. Mit ihm unternimmt Gabriele Münter ab 1904 viele Reisen u.a. nach Holland, Italien und Frankreich, wo sie Rousseau und Matisse kennenlernen. Stilistisch distanziert sich Münter nun vom Impressionismus und lässt in ihrem Werk Einflüsse der Fauves und der Expressionisten erkennen. Ein ruhigeres Leben beginnt ab 1908 in der mit Kandinsky gemeinsamen Wohnung in München. Mit Klee, Marc, Macke, Jawlensky und Marianne von Werefkin pflegen die beiden regen Kontakt. Für eine produktive künstlerische Zusammenarbeit ist das von Münter gekaufte Landhaus in Murnau die richtige Umgebung. 1909 beginnt die Künstlerin mit Hinterglasbildern, ein Medium, das später auch Kandinsky, Marc, Macke und Campendonk aufgreifen. Zwei Jahre lang ist Münter Mitglied in der "Neuen Künstlervereinigung München". Im Jahr 1911 tritt sie der von Kandinsky und Marc gegründeten Redaktion "Blauer Reiter" bei. Mit Interesse verfolgt Gabriele Münter Kandinskys abstrakte Bilder, bleibt jedoch selbst bei der figurativen Malerei. Ihre Landschaften, Figurenszenen und Porträts zeigen eine Reduktion auf das Wesentliche mit Hang zur humorvollen Charakterisierung.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges reisen Gabriel Münter und Wassily Kandinsky zuerst in die Schweiz, um sich nach einer Trennung 1915 in Stockholm wieder zu begegnen. Münter trifft in Stockholm auf den Kreis der schwedischen Avantgarde um Sigrid Hjertén, die von Matisse beeinflusst mit einem Dekorativismus in kühlen Farben experimentieren. Sie entwickelt in dieser Zeit einen völlig neuen Stil, der stark von den Einflüssen ihrer schwedischen Malerkollegen geprägt ist. Die starke Farbigkeit und die festen Formen der Zeit des "Blauen Reiter" weichen nun einer Gestaltung in pastelligen Farben, einem fast amorphen Formengut und einer Entdichtung der Komposition. Fast filigran sind in der Landschaft mit dem gelben Haus die Bäume gesehen, und den Radfahrer wie auch das gelbe Haus hat Münter an den Rand des Geschehens gerückt. Noch ist das Wechselspiel der Formen erhalten, doch ungleich feinnerviger gestaltet. Es ist das Jahr der endgültigen Trennung von Kandinsky, dessen Einfluss auf das Schaffen von Münter hier in formalen Einzelheiten nachvollzogen werden kann. Auch er hatte seine Palette einer neuen Ausrichtung unterworfen, die ähnliche Züge aufweist. Doch Münter ist in ihrer Kunst so autark, dass sie sich auch in dieser für sie schwierigen Lebensphase treu bleibt. Sie gestaltet mit ihren Mitteln und den neuen Erkenntnissen eine Landschaft der eigenen Sprache und Ausdruckskraft.

Im Spätherbst 1917 übersiedelt sie nach Kopenhagen. Die 1920er Jahre sind geprägt von vielen Reisen und Aufenthalten in München, Murnau, Köln und Berlin. Durch den Bruch mit Kandinsky in eine tiefe Schaffenskrise geworfen, lebt ihre Malerei erst in den 1930er Jahren neu auf. Ab 1931 lebt Münter ständig in München und Murnau. Im Jahr 1956 erhält sie den Kulturpreis der Stadt München, 1960 findet die erste Ausstellung Münters in den USA statt, gefolgt 1961 von einer großen Ausstellung in der Mannheimer Kunsthalle. Die Künstlerin stirbt am 19. Mai 1962 in ihrem Haus in Murnau.




317
Gabriele Münter
Landschaft mit gelbem Haus, 1916.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 180.000
Ergebnis:
€ 195.200

(inkl. Käuferaufgeld)