Auktion: 409 / Klassische Moderne und Seitenwege der dt.Avantgard am 06.12.2013 in München Lot 358

 

358
(d.i. Dörte Clara Wolff) Dodo
Schlechtes Beispiel, 1929.
Aquarell
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 48.800

(inkl. Käuferaufgeld)
Schlechtes Beispiel. 1929.
Aquarell und Bleistiftzeichnung mit Deckweiß.
Links unten signiert und datiert. Im Rand mit den handschriftlichen Druckvermerken "Ulk Seite 4" und "25,5 hoch" sowie mit den Passerkreuzen. Verso zweifach mit dem roten Adressstempel der Künstlerin. Auf festem Aquarellpapier. 46,5 x 33,5 cm (18,3 x 13,1 in), Blattgröße.
Entgegen der Angabe der Künstlerin wurde diese Arbeit in ULK nicht auf Seite 4 sondern auf Seite 5 abgedruckt.

PROVENIENZ: Privatsammlung England.

Dodo, 1907 mit dem Namen Dörte Clara Wolff als zweite Tochter in eine gutbürgerliche jüdische Berliner Familie hineingeboren, entschließt sich, einen künstlerischen Beruf zu ergreifen. Bestärkt durch die Familie beginnt Dodo im Herbst 1923 eine Ausbildung an der angesehenen privaten Kunst- und Kunstgewerbeschule Reimann in Schöneberg. Hier belegt Dodo Kurse für Naturstudien, Anatomie, Porträtzeichnen, dekorative Malerei sowie für Mode- und Kostümentwurf bei namhaften Lehrern wie Georg Tappert und Erna Schmidt-Caroll. Nach erfolgreichem Abschluss im September 1926 beginnt Dodo ihre berufliche Laufbahn als freie Grafikerin. Sie erhält sofort zahlreiche Aufträge, illustriert unter anderem Schnittmuster der Modezeitschrift "Vogue" und entwirft Kostüme für die Revue "Es liegt in der Luft", die im Mai 1928 mit Margo Lion und Marlene Dietrich in den Hauptrollen uraufgeführt wird. Zu einem Höhepunkt in der künstlerischen Laufbahn Dodos avancieren schließlich ihre Illustrationen für das Satiremagazin "ULK", die, auf Augenhöhe mit den Arbeiten von Jeanne Mammen, häufig die Titel- und Rückseiten zieren oder großformatig im Heft erscheinen.

Ihr eigenes Umfeld, die "Goldenen Zwanziger" in der Metropole Berlin, geben Dodo den Stoff für ihre Arbeiten. Beeindruckend ist neben der inhaltlichen Prägnanz die zeichnerische Qualität ihrer Darstellungen, die durch eine elegante und überaus präzise Linienführung und ein treffendes Kolorit bestechen. Ein eng aneinander gekuscheltes Pärchen auf einer Parkbank in einer lauen Sommernacht unter Lampions gibt ein auf den ersten Blick intimes Szenario wieder, bei näherer Betrachtung wird aber deutlich: Es ist eine ungleiche Partnerschaft, die in dieser Darstellung herrscht, erkennbar an den übergroßen Händen, die das knabenhafte, scheue Mädchen umklammern, aber auch betont durch die bläulich-kühle Kolorierung. Dass der Herr mit Monokel deutlich älter ist als das knabenhafte Mädchen lässt durchaus Parallelen zum Leben der Künstlerin erkennen.

Denn 1929 heiratet Dodo den 25 Jahre älteren Juristen Dr. Hans Bürgner, mit dem sie zwei Kinder hat. Die Ehe gerät in die Krise, als Dodo eine Affäre mit dem Psychoanalytiker Gerhard Adler beginnt - die zunächst praktizierte Dreiecksbeziehung scheitert, es folgt die Scheidung von Bürgner und die Hochzeit mit Adler. 1936 emigriert die Jüdin Dodo nach London, wo sie weiterhin als Illustratorin tätig ist. Als auch die Ehe mit Gerhard Adler scheitert, intensiviert sich die Beziehung zu Hans Bürgner wieder - eine erneute Heirat folgt nach Kriegsende 1945. Ab dieser Zeit widmet sich Dodo vor allem der Landschaftsmalerei, Akten und Stillleben, auch Tapisserien gehören zunehmend zu ihrem Œuvre. Über Jahrzehnte hinweg der öffentlichen Wahrnehmung entzogen, wird Dodos faszinierendes Werk und ihre beeindruckende Persönlichkeit erst 2012 durch Ausstellungen in Berlin und London sowie durch Publikationen und umfangreiche Presseresonanz neu entdeckt und gewürdigt. [DB].




358
(d.i. Dörte Clara Wolff) Dodo
Schlechtes Beispiel, 1929.
Aquarell
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 48.800

(inkl. Käuferaufgeld)