Auktion: 300 / Klassiker des XX.Jahrhunderts am 02.06.2006 Lot 339

 
Emil Nolde - Heuboote im Fahrgraben


339
Emil Nolde
Heuboote im Fahrgraben, 1909.
Aquarell
Schätzung:
€ 90.000
Ergebnis:
€ 128.700

(inkl. Käuferaufgeld)

Heuboote im Fahrgraben. 1909.
Aquarell mit Gouache und Tuschpinselzeichnung.
Rechts unten signiert. Auf Bütten von "M B M" (mit Wz.) 46,5 x 62,5 cm ( 18,3 x 24,6 in), blattgroß.
Das Aquarell ist im Dorf Rüttebüll nahe Tondern entstanden, wo Nolde den Sommer 1909 verbringt und viel zeichnet (vgl. Nolde, Jahre der Kämpfe, S. 126). "Dieses Blatt erreicht durch seine Größe und die ungewöhnlich reiche, dichte Malerei [...] die Wirkung eines größeren Bildes; es übertrifft die mir bekannten Arbeiten dieser Gruppe." (Urban 1991).

Mit einer Foto-Expertise von Prof. Dr. Martin Urban vom 19. April 1991, bestätigt von Dr. Manfred Reuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, vom 11. April 2006

LITERATUR: Zu den Tuschzeichnungen von 1909 vgl. Martin Urban, Emil Nolde, Landschaften, Köln 1989, S. 22f.
Ein Aquarell Noldes mit dem gleichen Sujet (ohne das Boot) wird derzeit in folgender Ausstellung gezeigt: 100 Jahre Brücke. Expressionismus aus Berlin, Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München 2006, Kat.Nr. 285, S. 171 (Farbabb. 190).

Nolde studiert zunächst an der privaten Malschule von Adolf Hölzel in Dachau und ab 1899 an der Académie Julian in Paris. 1900 mietet er ein Atelier in Kopenhagen und zieht 1903 auf die Insel Alsen. 1906 lernt er während eines Aufenthaltes in Alsen die "Brücke"-Maler kennen, deren Gruppe er sich vorübergehend anschließt. In einer Reihe von Porträtstudien beginnt die Hinwendung zum Aquarell. Als der Künstler 1909 in dieser Technik erstmalige Versuche auf nicht saugfähigem Papier unternimmt, dabei das Blattweiß in großen Teilen stehen lässt und auf eine Konturierung in der Gegenstandserfassung verzichtet, sind diese Neuerungen zukunftsweisend.

Kaum ein anderer Maler des zwanzigsten Jahrhunderts hat in der Landschaft des Nordens solche Farben gesehen wie Emil Nolde. Vom Norden stammend und mit ihm verwachsen, ist er in seinem malerischen Lebenswerk ganz in dieser Landschaft aufgegangen. Seine nordischen Himmel sind in einem Blau, das wir sonst nur in südlichen Breiten vermuten. Doch der aufmerksame Beobachter schnell wechselnder Wetterlagen des Nordens kann das andächtige Staunen nachvollziehen, mit dem Nolde einen Farbenkanon erfasst, der für die Region bis dahin undenkbar erschien. Der flachen Landschaft, die einer malerischen reizvollen Silhouette entbehren muss, kann er mittels seiner besonderen Farbdramaturgie ungewöhnlich reizvolle Seiten abgewinnen. Überliefert ist, dass er auf einer Italienreise mit der Landschaft nichts anfangen konnte. Dort war ihm das Vorgefundene bereits zu grell. Er konnte dem nichts entgegensetzen. Anders der Norden, der in Noldes Interpretation zur Charakterlandschaft schlechthin wird. Das einfache Motiv der Moorlandschaft mit ihren Heuhaufen und den langen Moorgräben wird hier vom Künstler in einer gekonnten Bildregie unter Zuhilfenahme großer Farbflächen zur monumentalen Landschaft gesteigert.

Ab 1916 verbringt er den Sommer auf der Insel Föhr und lässt sich 1928 in Seebüll nieder. Der dort angelegte Garten wird zur unerschöpflichen Inspirationsquelle seiner Malerei, auch Küstenlandschaften und religiöse Szenen werden zu tragenden Sujets. In den letzten Lebensjahren entstehen v.a. Aquarelle mit Blumen- und Landschaftsmotiven aus der näheren Umgebung seines Hauses in Seebüll, wo Nolde am 13. April 1956 stirbt. [KD]




339
Emil Nolde
Heuboote im Fahrgraben, 1909.
Aquarell
Schätzung:
€ 90.000
Ergebnis:
€ 128.700

(inkl. Käuferaufgeld)