Auktion: 540 / Evening Sale am 09.06.2023 in München Lot 6

 

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Steven Parrino
BLOB #3, 1994.
Mischtechnik. Schwarzer Lack und Silikon auf Le...
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 139.700

(inklusive Aufgeld)
BLOB #3. 1994.
Mischtechnik. Schwarzer Lack und Silikon auf Leinwand.
Verso auf dem Keilrahmen signiert, datiert und betitelt sowie auf der umgeschlagenen Leinwand mit Richtungsangaben bezeichnet. 77 x 80 x 10 cm (30,3 x 31,4 x 3,9 in).

• "BLOB #3" verkörpert unverkennbar Steven Parrinos unkonventionelle Auffassung von Malerei.
• Vergleichbar mit Lucio Fontana, Piero Manzoni oder Frank Stella stehen seine Werke für eine neue Auslegung dieses so traditionsreichen Mediums.
• Exzeptionelle Arbeit, die seine charakteristischen Einschnitte mit dem selten verwendeten Silikon in Verbindung bringt.
• Bislang wurde keine vergleichbare Arbeit auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten (Quelle: artprice.com).
• 2022 zeigte die Gagosian Gallery seine Arbeiten in einer Einzelausstellung, darunter ein vergleichbares Werk mit dem Titel "IT (Blob #1)".
• Postum werden dem früh verstorbenen Ausnahmekünstler zwei umfassende Museumsretrospektiven gewidmet: 2006 im Musée d'art moderne et contemporain in Genf sowie 2007 im Palais de Tokyo in Paris
.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland (1996 direkt beim Künstler erworben).

"He vividly demonstrates that no matter what you do to a canvas – slash, gouge, twist or mutilate it – you can't actually kill it. Painting lives, and so, for the moment, does Parrino's work."
Kunstkritiker Jerry Saltz, The Wild One, New York Magazine, 2007.

In der amerikanischen Kunstszene der 1970er und 1980er Jahre dominieren Land-Art, Minimal Art und Konzeptkunst die künstlerische Debatte und bringen neue Kunstformen wie Performance und Videokunst auf den Weg. In diesem Umfeld beginnt der 1958 in New York geborene Steven Parrino seine Ausbildung. Er studiert am Farmingdale State College und an der Parsons School of Design, wo er 1982 seinen Abschluss macht. Doch anstatt sich den aktuellen Bewegungen anzuschließen, sucht er nach seiner eigenen künstlerischen Position und findet sie, gegen den Trend, in der Wiederbelebung der Malerei. Im Rückblick auf diese Anfangsphase schreibt Parrino im Jahr 2003: "When I started making paintings, the word on painting was PAINTING IS DEAD. I saw this as an interesting place for painting .. death can be refreshing .." (Steven Parrino, The No Texts, 2003, S. 43). In den darauffolgenden Jahren bis zu seinem frühen Tod bei einem Motorradunfall im Jahr 2005 entsteht ausgehend von diesem Grundgedanken ein komplexes, höchst individuelles Gesamtwerk. Darunter auch seine wohl bekanntesten Arbeiten, die sogenannten "misshaped canvases" – eingeschnittene, gefaltete oder von den Rahmen gerissene Leinwände, bemalt in den immer gleichen Farben Blau, Silber, Schwarz, Rot oder Orange. Vergleiche mit den Arbeiten von Lucio Fontana oder den gefalteten Gemälden von Piero Manzoni liegen bei Steven Parrino ebenso nahe wie Einflüsse aus dem Schaffen von Donald Judd oder Frank Stella. Mit seinen Arbeiten reiht er sich in eine Strömung des 20. Jahrhunderts ein, die sich mit der Frage nach den Grenzen des Bildträgers in der Malerei auseinandersetzt und nach einer neuen Bedeutung dieses so traditionsreichen Mediums sucht.

In seiner Arbeit "BLOB #3" aus dem Jahr 1994 zeigen sich ganz deutlich Bezüge zu Kasimir Malewitschs "Schwarzem Quadrat" von 1915, Schlüsselwerk der abstrakten Malerei und bis heute Referenzpunkt zahlreicher künstlerischer Positionen. In der für Steven Parrino so typischen destruktiven Vorgehensweise wird das schwarze Quadrat hier jedoch vom Rahmen gelöst, zusammengefaltet, eingeschnitten und anschließend als chaotisches dreidimensionales Gebilde, bedeckt mit einer Schicht aus durchsichtigem Silikon, wieder auf dem Keilrahmen befestigt. Ein Aspekt, der Steven Parrinos Arbeiten deutlich von anderen künstlerischen Positionen seiner Zeit unterscheidet, ist dabei die Vermischung künstlerischer Traditionen mit Vorbildern aus der amerikanischen Punk-, Pop- und Subkultur. Oft lassen sich diese Einflüsse an den Titeln seiner Arbeiten ablesen. Nicht immer sind sie jedoch eindeutig zu entschlüsseln und testen das Wissens der Betrachtenden. Der Titel der "Blob"-Serie könnte beispielsweise eine Anspielung auf eine Reihe von Horrorfilmen der 1980er Jahre beinhalten, in denen eine gallertartige Substanz aus dem Weltall sich auf der Erde von Menschenfleisch ernährt. Eine andere Lesart setzt die Schnitte in der Leinwand mit Verletzungen gleich, die durch den Einsatz des heilenden Silikons verschlossen werden und Bezüge zur wechselvollen Biografie Steven Parrinos zulassen. Die Liste vermeintlicher oder echter Vorbilder und Deutungen ließe sich mit Sicherheit weiterführen, auch wenn sie in den abstrakt-reduzierten Arbeiten des Künstlers nur selten direkt erkennbar sind. Immer wieder gelingt es Parrino, die unterschiedlichsten Einflüsse in seine eigene künstlerische Sprache und seine unkonventionelle Auffassung von Malerei zu übersetzen. Oder wie es der Autor Jerry Saltz formuliert: "He vividly demonstrates that no matter what you do to a canvas – slash, gouge, twist or mutilate it – you can't actually kill it. Painting lives, and so, for the moment, does Parrino's work." (Jerry Saltz, The Wild One, New York Magazine, 2007). Mit seiner Malerei hat Steven Parrino der amerikanischen Gegenkultur eine Stimme verliehen, die über seinen Tod hinaus in Werken wie "BLOB #3" bis heute in ihrer konzentrierten Essenz weiter besteht. [AR]



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Steven Parrino
BLOB #3, 1994.
Mischtechnik. Schwarzer Lack und Silikon auf Le...
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 139.700

(inklusive Aufgeld)