Auktion: 535 / Evening Sale mit Sammlung Hermann Gerlinger am 09.12.2022 in München Lot 57

 

57
Günther Uecker
Kreis, Kreise, 1966.
Nägel und weiße Farbe auf Leinwand, auf Holz
Schätzung:
€ 200.000
Ergebnis:
€ 437.500

(inklusive Aufgeld)
Kreis, Kreise. 1966.
Nägel und weiße Farbe auf Leinwand, auf Holz.
Honisch 485. Verso signiert, datiert und betitelt. 50 x 50 x 5 cm (19,6 x 19,6 x 1,9 in).
[JS].
• Ikonisches Zeugnis der "ZERO"-Kunst: Frühes Nagelbild aus Ueckers bedeutender "ZERO"-Zeit (1961–1966).
• Aus dem wichtigen Jahr der "ZERO"-Auflösung, als das Ziel eines künstlerischen Neuanfangs Realität geworden war.
• Revolutionär puristische Ästhetik mit fesselnder Aura.
• Nagelbilder dieser bedeutenden frühen Werkphase sind auf dem internationalen Auktionsmarkt von größter Seltenheit.
• Vergleichbare Arbeiten der "ZERO"-Zeit befinden sich in namhaften internationalen Sammlungen, wie u. a. der Tate Modern, London, und dem Museum of Modern Art, New York
.

Dieses Werk ist im Uecker Archiv unter der Nummer GU.66.018 registriert und ist vorgemerkt für die Aufnahme in das Uecker-Werkverzeichnis.

PROVENIENZ: Sammlung Peter Florak, Düsseldorf (wohl bis 1991).
Privatsammlung Süddeutschland.

LITERATUR: Dieter Honisch, Uecker, Stuttgart 1983, Kat.-Nr. 485 (o. Abb.)
Kunsthaus Lempertz, Zeitgenössische Kunst, Auktion 671, Köln 19.11.1991, Los 1172 (m. Abb).

"Zero ist die Stille. Zero ist der Anfang. Zero ist rund. Zero dreht sich. Zero ist der Mond. Die Sonne ist Zero. Zero ist weiss. [..] Zero ist die Stille. Zero ist der Anfang. Zero ist rund. Zero ist Zero.“
ZERO. Mack - Piene - Uecker, Ausst.-Kat. Kestner Gesellschaft, Hannover 1965.

Die Düsseldorfer Künstlergruppe "ZERO", die 1958 von Heinz Mack und Otto Piene gegründet wird und der Uecker im Jahr 1961 beitritt, findet bereits im November 1966 auf dem Höhepunkt ihrer öffentlichen Wahrnehmung ein bewusstes Ende. Mack hat dieses Ende, das unmittelbar auf die letzte gemeinsame Ausstellung "ZERO in Bonn. Mack, Piene, Uecker" mit der Zero-Demonstration folgte, rückblickend mit begeisterten Worten beschrieben: "1966 fand Zero ein positives Ende. Über tausend Menschen haben es in einer Nacht gefeiert. Ich selbst hatte mir dieses Ende gewünscht: ein Ende, das ich genau so befreiend fand wie den Anfang von Zero.“ (Heinz Mack, zit. nach: Ulrike Schmitt: Zero ist gut für Dich, in: Sediment. Mitteilungen zur Geschichte des Kunsthandels, Heft 10, 2006, o. S.). "ZERO" hatte sein Ziel erreicht, "ZERO" hatte der Nachkriegskunst einen revolutionären Neuanfang beschert, hatte die Fesseln kunsthistorischer Traditionen hinter sich gelassen, sich nicht nur vom Gegenstand, sondern auch vom gestischen Pinselduktus als der künstlerischen Handschrift befreit. "ZERO" war ein spektakulärer künstlerischer Neuanfang, der alle kunsthistorischen Konventionen hinter sich gelassen hat und nach einem gereinigten, puristischen künstlerischen Ausdruck suchte, für den unsere wunderbare Arbeit in besonderer Weise exemplarisch ist. Die revolutionären Schöpfungen dieser Jahre erobern den Raum, lassen die Zweidimensionalität hinter sich und erreichen eine puristisch-cleane Ästhetik, die das wechselvolle, verlebendigende Spiel von Licht und Schatten bewusst in die Komposition mit einbezieht. Die aufgrund ihrer maximalen Reduziertheit faszinierende Komposition "Kreis, Kreise" ist ein besonders schönes, geradezu ikonisches Zeugnis der "ZERO"-Kunst. Mit langen schmalen Nägeln genagelt, breiten diese das sanfte Spiel ihres Schattenwurfs auf der Fläche aus. "Zero ist die Stille. Zero ist der Anfang. Zero ist rund. Zero dreht sich. [..] Zero ist weiss" lauten die Zeilen aus dem von Piene, Mack und Uecker verfassten "ZERO-Manifest" von 1965 und könnten kaum treffender das beschreiben, was uns in "Kreis, Kreise" als sanft klingender, gereinigter, ästhetischer Eindruck gegenübertritt. Es ist zudem eine der ersten Arbeiten des für Ueckers Schaffen fortan prägenden "Kreis, Kreise"-Themas, das er in den folgenden Jahrzehnten u. a. auch in seinen Grafiken aufgreift und variiert und bei dem ein von einem Zentrum kreisförmig ausgreifender, sich wellenförmig überlagernder Bewegungsmoment im Zentrum steht. Uecker hat auch für dieses Phänomen seine Inspiration in der Natur gefunden, etwa in den sanften, flüchtigen Wellenformationen, die ein fallender Stein auf der Wasseroberfläche hinterlässt. Ueckers von Farbe, Geste und Duktus gereinigte Kunst fasziniert und fesselt, sie ist – gerade im Frühwerk – reduziert und leise und doch zugleich von einer unbeschreiblichen ästhetischen Präsenz. Vor allem seine Schöpfungen der "ZERO"-Zeit umgibt eine unbeschreibliche Aura, die sich jeder Reproduzierbarkeit entzieht und nur vor dem Original erfahrbar ist. [JS]



57
Günther Uecker
Kreis, Kreise, 1966.
Nägel und weiße Farbe auf Leinwand, auf Holz
Schätzung:
€ 200.000
Ergebnis:
€ 437.500

(inklusive Aufgeld)