Auktion: 533 / Modern Art Day Sale und Sammlung Hermann Gerlinger am 10.12.2022 in München Lot 507

 

507
Alexej von Jawlensky
Variation: Kühler Frühling, 1916.
Öl auf strukturiertem Papier, fest auf Pappe au...
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 112.500

(inklusive Aufgeld)
Variation: Kühler Frühling. 1916.
Öl auf strukturiertem Papier, fest auf Pappe aufgelegt.
Jawlensky/Pieroni-Jawlensky 799. Links unten monogrammiert sowie unten mittig schwer leserlich bezeichnet und datiert „St. Prex 1915“. Verso signiert, datiert, betitelt und bezeichnet „St. Prex 1916 N. 79“. 36,1 x 27 cm (14,2 x 10,6 in). Unterlagekarton: 50,2 x 39,4 cm (19,8 x 15,5 in).
[AM].
• Aus Jawlenskys wichtiger erster Werkreihe, der auf dem internationalen Markt begehrten Serie „Variation über ein landschaftliches Thema“.
• Wirkmächtige, kühltonige Arbeit von lichter Expressivität.
• Besonders lebendige unter den Kompositionen Jawlenskys aus seiner Zeit im schweizerischen Exil
.

PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers.
Galerie Beyeler, Basel (direkt vom Vorgenannten, verso mit dem Etikett).
Sammlung Stanley N. Barbee (1893-1968), Los Angeles (am 31.12.1963 erworben, verso mit dem handschriftlichen Verkaufsvermerk).
Nachlass Stanley N. Barbee, Los Angeles und Honululu.
Galerie Wilhelm Grosshennig, Düsseldorf.
Dr. Max M. Stern (1895-1982), New York.
Privatsammlung New York (durch Erbschaft erhalten).

AUSSTELLUNG: Alexej Jawlensky, Galerie Emil Richter, Dresden 1922.
Alexej von Jawlensky 1864-1941, Galerie Beyeler, Basel, 15.1.-28.2.1957, Kat. Nr. 45.
Alexej von Jawlensky, Stephen Silagy Galleries, Los Angeles, 1958, Kat. Nr. 15.
Deutsche und französische Kunstwerke des 20. Jahrhunderts, Galerie Wilhelm Grosshenning, Düsseldorf, 5.11.1973-28.2.1974, Farbabb. S. 19.
Deutsche und französische Kunstwerke des 20. Jahrhunderts, Galerie Wilhelm Grosshenning, Düsseldorf 1974/75, Farbabb. S. 12.
Deutsche und französische Kunstwerke des 20. Jahrhunderts, Galerie Wilhelm Grosshenning, Düsseldorf 1975/76, Farbabb. S. 36.

LITERATUR: Clemens Weiler, Alexej Jawlensky, Köln 1959, S. 271, Nr. 621 (o. Abb.).
Hauswedell & Nolte, Hamburg, 1960, Los 94 (mit Abb.).
Clemens Weiler, zit. nach: Jawlensky, Köpfe, Gesichte, Meditationen, Hanau 1970, S. 155, Nr. 1220 (hier betitelt „Frühling“).
„Ich fing an, meine sogenannten ‚Variationen über ein landschaftliches Thema', die ich vom Fenster sah, zu malen [..]. In harter Arbeit und mit größter Spannung fand ich nach und nach die richtigen Farben und Formen, um auszudrücken, was mein geistiges Ich verlangte. Jeden Tag malte ich diese farbigen Variationen, immer inspiriert von der jeweiligen Naturstimmung zusammen mit meinem Geist.“
Alexej von Jawlensky, Lebenserinnerungen, in: Clemens Weiler, Alexej Jawlensky. Köpfe, Gesichte, Meditationen, Hanau 1970, S. 116.

Wie kaum eine andere Künstlerpersönlichkeit seiner Zeit hat Alexej von Jawlensky in variierender Wiederholung des gleichen Motivs eine Vervollkommnung unter verschiedenen zeitlich-emotionalen Sichtweisen angestrebt. Die große Anzahl an Meditationen in seine Œuvre ist ein augenscheinlicher Beleg dafür und auch die 1914 begonnenen „Variationen über ein landschaftliches Thema“, aus deren Reihen unsere Darstellung stammt, tragen diese Handschrift. Wie die Bezeichnung auf dem Werk verrät, entsteht es wie die gesamte Reihe in dem kleinen Dorf Saint-Prex am Genfer See. Als mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges alle russischen Staatsangehörigen Deutschland verlassen müssen, mietet sich Jawlensky mit seiner Familie durch Vermittlung eines Freundes ein kleines Häuschen in dem beschaulichen Ort. Ausgehend vom Blick aus dem Fenster der beengten neuen Wohnung malt er auf einem ganz bestimmten, leinenstrukturierten Papier die Variationen dessen, was er dort sieht. In seiner eigenen Art der Auseinandersetzung mit einem malerischen Problem entwickelt der dieses Motiv über Jahre hinweg mit großem Variantenreichtum weiter. Im Laufe der Zeit löst er sich dabei vom Gesehenen und der Orientierung an realer Form und Farbe, so dass die Variationen einen zunehmend „abstrakten“ Charakter erhalten. Bezüglich seiner entbehrungsreichen Situation während dieser Zeit im Exil hat Jawlensky rückblickend festgehalten: „Ich hatte etwas Farbe aber keine Staffelei. Ich fuhr nach Lausanne, zwanzig Minuten mit der Eisenbahn, und kaufte bei einem Photographen eine kleine Staffelei für vier Franken, eine Staffelei, auf die der Photograph seine Fotos stellte. Diese Staffelei war gar nicht zum Malen geeignet, aber ich habe mehr als zwanzig Jahre meine besten Arbeiten auf dieser kleinen Staffelei gemalt.“ (zit. nach: C. Weiler, 1970, S. 116).
Auf dieser Staffelei mag auch unsere Darstellung entstanden sein, die im Vergleich zu vielen weiteren Arbeiten aus der Serie durch die verwendete, überwiegend kühltonige Farbpalette ihre besondere Ausdruckskraft erhält. Durch diese wirkungsvolle Farbgestaltung wie auch durch die Positionierung und Anlage der dargestellten Formgebilde zeigt sich Jawlenskys Bestreben auf eindrückliche Weise, seine Erinnerungen, Assoziationen und Empfindungen in den Variationen zu einem kraftvollen Ausdruck zu bringen. [AM]



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Alexej von Jawlensky
Variation: Kühler Frühling, 1916.
Öl auf strukturiertem Papier, fest auf Pappe au...
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 112.500

(inklusive Aufgeld)