Auktion: 530 / Evening Sale / Sammlung Hermann Gerlinger am 10.06.2022 in München Lot 8

 

8
Fritz Bleyl
Stehender Viertelstundenakt, 1905.
Bleistiftzeichnung
Schätzung:
€ 3.000
Ergebnis:
€ 8.750

(inklusive Aufgeld)
Stehender Viertelstundenakt. 1905.
Bleistiftzeichnung.
Rechts unten signiert, monogrammiert und datiert. Auf Velin. 44,4 x 34,2 cm (17,4 x 13,4 in), Blattgröße. [AM].

• Aus der Serie der "Viertelstundenakte", in der sich Fritz Bleyl und die anderen "Brücke"-Mitglieder intensiv dem Aktzeichnen widmen.
• Nur wenige dieser wegweisenden Zeichnungen der Künstler sind bis heute erhalten.
• Arbeiten Bleyls aus der gesuchten "Brücke"-Zeit werden nur äußerst selten auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten
.

PROVENIENZ:
Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032).

AUSSTELLUNG:
Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001).
Fritz Bleyl und die frühen Jahre der "Brücke", Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig, 25.7.-31.10.1999; Städtisches Museum, Zwickau, 16.1.-19.3.2000, S. 20-21 (m. Abb.)
Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017).
Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022).

LITERATUR:
Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 128, SHG-Nr. 94.
Hermann Gerlinger, Heinz Spielmann (Hrsg.), Brücke-Almanach 1999: Fritz Bleyl und die frühen Jahre der "Brücke", Schleswig 1999, S. 20-21.
Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 370, SHG-Nr. 818.

Neben Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff ist Fritz Bleyl sicherlich der unbekanntere Name, der mit der Gründung der Künstlergruppe „Brücke“ in Verbindung gebracht werden muss. Der 1880 in Zwickau geborene Künstler widmet sich ab 1901 zunächst dem Studium der Architektur in Dresden und macht in den darauffolgenden Jahren die Bekanntschaft der drei Künstler, mit denen er im Jahr 1905 die "Brücke" offiziell ins Leben ruft.

Aus dem bedeutungsvollen ersten Jahr ihrer künstlerischen Zusammenarbeit stammt das hier angebotene Blatt. Es berichtet in eindrücklicher Weise von dem Bestreben, Seheindrücke auf rasche und spontane Weise in Zeichnungen festzuhalten, das die Künstler besonders in der Anfangszeit der "Brücke" antreibt. Vor diesem Hintergrund entstehen die "Viertelstundenakte", von denen Bleyl in seinen "Erinnerungen" berichtet: "Wöchentlich einmal kamen wir regelmäßig, zuerst bei Kirchner, zusammen. Der Wunsch, nach dem lebenden Modell zu zeichnen, wurde verwirklicht und sogleich durchgeführt, nicht in herkömmlicher akademischer Weise, sondern als 'Viertelstundenakt'" (Fritz Bleyl, Erinnerungen, zit. nach: Hans Wentzel, Fritz Bleyl. Gründungsmitglied der "Brücke", in: Kunst in Hessen und am Mittelrhein 8 [1968], S. 96). Die entstandenen Zeichnungen nutzen die Künstler daraufhin oftmals als Vorlagen für ihre druckgrafischen Arbeiten – Blätter Fritz Bleyls, Kirchners und Heckels belegen die Umsetzung der "Viertelstundenakte" im Medium des Holzschnitts.

Bei der Dargestellten handelt es sich in unserem Fall um die als Modell besonders geschätzte Isabella. Neben Bleyl dient sie in dieser Zeit auch Kirchner, Heckel sowie dem zwischenzeitlich der "Brücke" beigetretenen Hermann Max Pechstein als Motiv ihrer Aktdarstellungen. Der Künstler zeigt sie uns hier als "Stehenden Viertelstundenakt" in Ganzfigur und präsentiert sie in besonders reizvoller Ausarbeitung der Konturierung und des Schattenwurfs. Die spontanen, aber gleichsam virtuos gesetzten Schraffuren verleihen ihr dabei eine anmutige und intensive Präsenz.

Die Aktzeichnungen Bleyls nehmen im Kontext dieser berühmten Werkserie aus heutiger Sicht eine Sonderstellung ein: Während die meisten Blätter der anderen "Brücke"-Mitglieder nicht mehr erhalten sind, zeugen einige von Bleyls feinsinnigen Darstellungen noch immer von der besonderen "Arbeitswut" der Künstler (Fritz Bleyl, Erinnerungen, S. 96), wie auch von der bedeutsamen frühen Entwicklungszeit der für den deutschen Expressionismus so maßgeblichen Künstlergruppe "Brücke". [AM]



8
Fritz Bleyl
Stehender Viertelstundenakt, 1905.
Bleistiftzeichnung
Schätzung:
€ 3.000
Ergebnis:
€ 8.750

(inklusive Aufgeld)